Rauchzeichen

Tabakwerbeverbot Über den Feldzug gegen Zigarettenkonsum nach amerikanischem Vorbild

Dreizehn Jahre lang war er ohne Zigarette zu sehen, seit gestern raucht er wieder: Der Geheimagent im Dienste Ihrer Majestät, James Bond. Geht es nach den Protagonisten der veröffentlichen Meinung, liegt die Rückkehr zum Tabak an der Doppelnull von 007: Der Lizenz zum Töten.

Denn in Europa bricht die Tabakhysterie aus. Tabakwerbeverbot, die Aktion "Rauchfreier Bahnhof" und die Tabakprodukt-Verordnung sind die jüngsten Mittel, der Genussdroge den kulturellen Garaus zu machen. Vergangene Woche billigte das Europäische Parlament gegen das deutsche Votum den Vorschlag der Kommission für ein nahezu vollständiges Werbeverbot in Zeitungen, Zeitschriften und dem Internet. Dabei ist dessen Wirkung durchaus umstritten: Es spricht viel dafür, dass sich durch Werbung zwar die Qualmkonzerne Marktanteile streitig machen - aber niemand zum Rauchen verleitet wird. Der geneigte Leser mag an sich selbst überprüfen, ob er wegen einer Zeitungsanzeige erstmals den Wunsch verspürte, zum Automaten zu laufen. Dementsprechend sind es vorwiegend Mitgliedsländer mit staatlichem Tabakmonopol, die das Werbeverbot befürworten. Verbraucherkommissar David Byrne sprach gleichwohl von einem wichtigen Erfolg im Kampf gegen das Rauchen - angesichts jährlich ausgeschütteter EU-Subventionen in Milliardenhöhe für den Tabakanbau ist das perfide. Man könnte beschwichtigen, hier wisse die linke Hand nicht, was die rechte tut. Aber beide Hände wissen es und waschen sich gegenseitig in einer trüben Lauge aus Unschuld, Drogenapostasie und Agrarsubventionitis.

Auch die Bahn ist auf den Antiraucherzug aufgesprungen: Mit ihrer Aktion "Rauchfreier Bahnhof" untersagt sie den Tabakkonsum selbst auf Bahnsteigen mit ungehinderter Lüftung zu allen Seiten - Raucher dürfen sich nur mehr in Qualmgettos aufhalten. Raucher, ab in die Zone! Das Ziel ist klar: Ist erst einmal ein gemeinsamer Feind ausgemacht, glaubt man sich schnell neue Freunde machen zu können. Eine Entwicklung, die in den USA noch viel weiter fortgeschritten ist als hierzulande. Rauchen trägt dort den Nimbus eines Kapitalverbrechens. Nordatlantische Doppelmoral: Ausbeuten und Kriege führen darf man überall, rauchen aber nur in den "smoking areas".

Gipfel der Tobsucht ist jedoch die Tabakprodukt-Verordnung des Bundes, die freilich wiederum auf europäischem Recht beruht. Ab Oktober nächsten Jahres müssen noch drastischere Warnhinweise auf Zigarettenpackungen prangen, etwa: "Rauchen kann zu einem langsamen und schmerzhaften Tod führen" - Einsamkeit auch, aber das steht natürlich nirgendwo, schon gar nicht als Vermerk im Haushaltsplan, der die örtliche Begegnungsstätte wegen der Finanzmisere öffentlicher Haushalte dichtmacht. Oder: "Rauchen kann zu Durchblutungsstörungen führen und verursacht Impotenz". Stress und Angst vor Arbeitslosigkeit auch: Wer schreibt das den Personalmanagern ins Stammbuch? Auch der Vergleich mit anderen Konsumgegenständen offenbart die Doppelmoral des Schimpfs: Auf keiner Bierflasche steht "Trinken führt zu Depressionen". Und leider kommt niemand auf die Idee, Autoherstellern vorzuschreiben, auf beiden Kotflügeln die Gefährlichkeit ihrer Produkte auszuweisen, etwa: "Autofahren verursacht Querschnittslähmung". Oder: "Autofahren gefährdet die Gesundheit ihres Kindes auch noch Jahre nach der Schwangerschaft".

Um Missverständnissen vorzubeugen: Die Risiken des aktiven wie passiven Rauchens sind nicht zu leugnen. Nur gehören sie zum allgemeinen Lebensrisiko, das in kaum einem anderen Bereich derart stigmatisiert wird. Dadurch verschieben sich Aufmerksamkeit und Wertigkeiten - der Blick wird schräg, das Denken monokausal, Angst und Ausgrenzung gewinnen die Oberhand, statt die Vorzüge gesunden Lebens zu preisen. Dem Gesetzgeber aber fällt nicht im Traum ein, den Hinweis vorzuschreiben, dass man ohne Rauch auf der Zunge viel besser schmeckt.

Stattdessen: Fast prohibitive Zustände. Fast. Denn verbieten möchte der Staat das Rauchen doch nicht. 12,1 Milliarden Euro betrug das Tabaksteueraufkommen im letzten Jahr. Ob Hans Eichel darauf zugunsten von Ulla Schmidt verzichten würde? Es geht eben doch nicht wirklich um die Gesundheit.

Bond, James Bond raucht und antwortet auf die Tabakhysterie mit dem Filmtitel. Stirb an einem anderen Tag.

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