Reaktionen in der Welt

International Selbstbewusst, entschlossen, gar nicht: Wie in anderen Staaten über die atomare Katastrophe in Japan diskutiert wird


./resolveuid/a2370158ee679ea9424d73e001b0cc2c „Wenn in Polen Atomkraftwerke gebaut werden, sind sie sicher.“ Donald Tusk sprach am 13. März angesichts der japanischen Atomkatastrophe im polnischen Parlament aus, was als landesweiter Konsens gilt. Vor 25 Jahren sah das noch ganz anders aus. Da sollte im nordpolnischen Zarnowiec das erste AKW Polens entstehen. Die polnische Kleinstadt liegt 800 Kilometer westlich von Tschernobyl. Als am 26. April 1986 der ukrainische Unglücksreaktor explodierte, belastete die atomare Wolke den Nordosten Polens großräumig. Die anschließenden Proteste führen zum Stopp der Bauarbeiten. Jetzt wird vermutlich genau hier, auf den Ruinen der Fundamente, die atomare Hoffnung Polens gepflanzt: Zarnowiec hat gute Chancen, den Zuschlag für den erneuten Bauantrag und aus dem Angebot der EU-Finanzierungsmöglichkeiten für Atomkraftanlagen die dafür notwendige Unterstützung zu bekommen. Viele ver­- sprechen sich davon Auf- wind für die wirtschaftlich brachliegende Region.



./resolveuid/947fc8f7ac9ce69020272ac4f991c2b1Der neue Fünf-Jahresplan ist seit diesem Montag vom Volkskongress bestätigt, inklusive des anvisierten Neubaus von 40 atomaren Reaktoren in diesem Zeitraum. Darüber hinaus gibt es Vorschläge für 70 weitere, die bis 2020 die Kapazitäten verachtfachen sollen. „An unserer Entschlossenheit, Atomkraftprojekte zu entwickeln, wird sich nichts ändern“, verlautbarte der Vizeumweltminister Zhang Lijun angesichts der Katastrophe im Nachbarland Japan. Alles verläuft nach Plan: Im gewohnten Abschottungsmodus reagiert die chinesische Atompolitik auf Impulse aus den Industriestaaten – ob es nun um klimapolitische Forderungen geht, sich in Sachen atomarer Hochrüstung zu mäßigen, oder um Er­eignisse, wie die Katastrophe, die gerade das Nachbarland heimsucht.



./resolveuid/c1a7481dd07cec1a7ff3e5ae612f566cZu Japans Atomkatastrophe kein Wort – Dilma Rousseff, Brasiliens Regierungschefin, macht seit ihrem Amtsantritt vor einem halben Jahr in vielem da weiter, wo ihr Vorgänger Lula da Silva aufgehört hat. Dazu gehört auch die Energiepolitik. 50 Atomkraftwerke in den nächsten 50 Jahren, lautete sinngemäß die Botschaft Lulas im Jahr 2008: „Wir verfügen über die Bedingungen, uns in eine große Energiemacht zu verwandeln, und wir werden nicht darauf verzichten.“ Neben anderen überdimensionierten Infrastruktur-Projekten, deren Planungsursprung zum Teil bis in die Zeit der Militärdiktatur Pérons zurückreicht, erlebt auch die Nuklearenergie ihre brasilianische Renaissance. Bei der Inbetriebnahme der ersten zwei AKW in den siebziger Jahren wurde die Junta-Regierung größtenteils von der Bundesrepu­blik Deutschland unterstützt.



./resolveuid/34b468f82493eb40e3f7772c9d7d578cBedenken hinsichtlich ihrer atompolitischen Planungen haben die Regierungen von Südafrika, Uganda, Kenia und dem Senegal angesichts des Super-GAU in Japan nicht geäußert. Südlich der Sahara leben zwei Drittel der Menschen ohne Strom, ergo, auch ohne Atomkraft – bis auf einige wenige in Südafrika, wo in Koeberg das einzige AKW des Kontinents steht. Ob nun ein Paradies der besonderen oder eine Katastrophe der anderen Art – immer mehr afrikanische Regierungen interessieren sich stärker für nukleare Stromerzeugung als für den scheinbar nahe liegenden günstigen „Wüstenstrom“ via Solartechnik, den die westliche Entwicklungs­hilfe und Klima-Aktivisten gern herbeireden. Der ist allerdings teurer, als marode aussortierte Technik europäischer Atomkraftanlagen zu importieren.

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