Brandenburg hat als erstes Bundesland ein Paritätsgesetz verabschiedet, mit dem mehr Frauen in den Landtag einziehen sollen. Möglich, dass andere Länder mit ähnlichen Gesetzen nachziehen, früher oder später vielleicht auch der Bund. Sicher, dass dann das Bundesverfassungsgericht ins Spiel kommt. Aufzuhalten ist die Debatte nicht mehr, und das hat jedenfalls einen Vorteil: Es wird in absehbarer Zeit geklärt, wie weit der Gesetzgeber gehen darf, um den Frauenanteil in den Parlamenten zu steuern.
Quotierte Wahllisten halten die meisten Staatsrechtler rundheraus für verfassungswidrig, ohne sich mit gendertheoretischen Fragen überhaupt näher auseinanderzusetzen. Doch das muss man nicht so sehen. Der Staat hat die Gleichstellung von Frauen und Männern zu fördern, dieses Gebot aus Art. 3 Absatz 2 Grundgesetz hat mittlerweile einige Durchschlagskraft entwickelt. Zudem gibt es weitere Möglichkeiten, die Zusammensetzung der Parlamente zu beeinflussen: etwa über die Parteienfinanzierung oder über größere Wahlkreise, in denen jeweils ein Mann und eine Frau kandidieren. Alles umstritten, alles verfassungsrechtlich kompliziert, aber es ist nicht unmöglich, dass am Ende ein gut gemachtes Gesetz steht, das einer Prüfung in Karlsruhe standhält.
Bleibt die Frage, ob es ein kluges Gesetz wäre. Bisher galt: Das Wahlrecht als Grundlage der Demokratie fasst man nicht leichtfertig an. Das heißt nicht, dass es keine Reformen geben darf – einige sind dringend nötig, etwa um das Wahlrecht für Menschen mit Behinderung zu gewährleisten oder um den Bundestag zu verkleinern. Das heißt auch nicht, dass man Grundsatzdebatten scheuen sollte – im Gegenteil, sie wären angesichts eines erstarkenden Rechtspopulismus und zunehmend autoritärer Bewegungen angebracht. Jetzt bietet sich die Gelegenheit, über Parlamentarismus, die Repräsentation verschiedener gesellschaftlicher Gruppen und die Grenzen von Identitätspolitik nachzudenken. Das sollte man lieber sehr gründlich tun.
Denn ein Wahlrecht, das zum Zankapfel der Parteien und nach jeder Bundestagswahl geändert wird, wie es der Regierungsmehrheit gerade passt, das hätte mit Demokratie nicht mehr viel zu tun.
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