Rettet Campen das Klima, Frau Koburger?

Nachgefragt Im Gespräch mit der Sprecherin des Klima-Camp

Heute startet in Hamburg das erste deutsche Klima-Camp. Ist Campen die neue Aktionsform der radikalen Linken?
Campen ist keine neue Aktionsform. In der BRD gibt es seit den neunziger Jahren die Grenzcamps. Gipfeltreffen, etwa der G8, weichen seit den Protesten in Genua in abgelegene Gebiete aus. Da sind Camps eine günstige Form der Unterbringung. Sie bieten auch besondere Möglichkeiten: In solchen temporären autonomen Zonen lassen sich Kontakte knüpfen und Ideen erproben.

In England gibt es seit 2006 ein Klima-Camp - warum in Deutschland erst jetzt?
In Großbritannien gibt es mehr Anknüpfungspunkte für eine linke Klima-Bewegung: Dort ist in den 1990er Jahren aus dem Anti-Road-Movement und Baumbesetzungen eine breite ökoanarchistische Szene entstanden. Die grüne Partei spielt dort kaum eine Rolle. In Deutschland ist das Thema Ökologie von den Grünen und deren Umfeld besetzt. Das macht Bewegungspolitik schwieriger.

Das Klima-Camp findet zusammen mit dem anti-rassistischen Camp statt. Was hat Klima mit Migration zu tun?
Wer vom Klimawandel spricht, darf von Migration nicht schweigen. Auf den Klimawandel wird auch militärisch und polizeilich reagiert. Die neue EU-Grenzschutzbehörde Frontex ist ein Beispiel. Einer Greenpeace-Studie zufolge werden bis zum Jahre 2040 200 Millionen Menschen vor den Folgen des Klimawandels fliehen.

Was unterscheidet Ihre Forderungen von denen der Umweltverbände?
Die Ansätze der Umweltverbände sind oft naiv in Bezug auf die Dynamiken der globalen Ökonomie. Sie berufen sich auf die ökonomischen Vorteile der Klimapolitik, mit ihren Forderungen wenden sie sich selbstverständlich an Regierungen. Dabei ist staatliche Klimapolitik oft schlicht Wettbewerbspolitik. Tatsächlicher Klimaschutz ist nur gegen Regierungen und Konzerne möglich. Wir setzen bei der sozialen Frage an: Wem gehört die Welt? Ziel ist eine gerechte und demokratische Nutzung von Natur. Das schließt eine profitorientierte Verwendung aus.

Entsteht eine neue linke Umweltbewegung?
Das hoffen wir! Schließlich machen wir in Hamburg nicht nur Aktionen, sondern führen auch inhaltliche und strategische Debatten. Wir werden gemeinsam mit AktivistInnen aus anderen Ländern die nächsten Schritte ausloten. Ein Ziel könnte eine Mobilisierung nach Kopenhagen sein, dort findet Ende 2009 der nächste wichtige Klimagipfel statt.

Das Gespräch führte Juliane Schumacher

Ines Koburger ist Sprecherin der Klima-Camp-Vorbereitungsgruppe.

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