Es ist ein schöner warmer Herbsttag, die Sonne scheint – ein perfekter Waldkindergartentag. Amelie* hat ihre Schleich-Pferde mitgebracht und beginnt sofort mit ihren Freundinnen damit zu spielen. Währenddessen drücken sich hinter dem Holzstapel Finn* und Mattis* herum und warten auf den Augenblick, zum Angriff überzugehen. Auf die Frage der Erzieherin, ob sie mitspielen wollen, schütteln sie abwehrend die Köpfe, und als sie wegschaut, stürmen sie unter Geheul hervor und erbeuten die Jacken der Mädchen.
Selbst in alternativen Kindereinrichtungen halten sich die Rollenstereotype von braven, ruhigen Mädchen und wilden Jungs hartnäckig. Bereits in den 2000er Jahren überspülte die pinke Glitzer-Welle, die in den 1980ern angerollt und in den 1990ern Fahrt aufgenommen hatte, das Land und hält es seitdem im Griff. Immer mehr Konzerne sprangen auf den Zug auf und warfen Jungs- und Mädchen-Lego oder Kinderschokolade-Ü-Eier für Mädchen auf den Markt, die Protagonistin Elsa in dem Animationsfilm Die Eiskönigin eroberte Millionen von Mädchenherzen. Gegen Werbung, Marketing und gesellschaftliche Prägung fruchteten auch die Versuche mancher Eltern wenig, ihre Kinder progressiver zu erziehen.
Dabei handelt es sich um eine paradoxe Situation, meint Ines Pohlkamp, Sozialarbeitswissenschaftler:in und Referent:in für Intersektionalität, Geschlecht, Sexualität, Social Justice und Diversität. Während in der Gesellschaft weitere Geschlechter oder sexuelle Orientierungen immer sichtbarer werden und Eltern nun das Geschlecht ihres Kindes im Geburtenregister mit „divers“ angeben können, schiene davon im „normalen“ Kindergarten oder in der Grundschule kaum etwas angekommen zu sein. „Da bin ich regelrecht erschrocken und habe mich gefragt: Ist eigentlich der ganze Diskurs an den Menschen im realen Leben vorbeigelaufen? War das alles zu akademisch, zu abgedreht oder nur in der LSBTQII*-Community verortet?“, so Pohlkamp. „Warum ist das Thema so schwer an die Leute zu bringen?“
Dabei gibt es zu geschlechterbewusster oder -sensibler Pädagogik verschiedenste Literatur, Materialien für Kindergarten und Schule sowie Fortbildungsangebote für Fach- und Lehrkräfte. Bei diesen Ansätzen ist nicht das Ziel, Mädchen zu verbieten, Rosa zu tragen, oder Jungs dazu zu zwingen, einen Puppenwagen zu schieben. Es geht darum, ihnen Möglichkeiten zu eröffnen, sich freier zu entfalten: „Jedes Kind ist individuell und nicht von Grund auf ,ein Junge‘ oder ,ein Mädchen‘ an sich. Bestimmte Fähigkeiten entwickelt es fast wie automatisch, bei anderen muss es angeleitet werden. An dieser Stelle verhindern manchmal gesellschaftliche Vorstellungen in Bezug auf Geschlechtlichkeit Entwicklungsmöglichkeiten der Kinder“, erklärt Christoph Oppenheimer, Soziologe und Bildungsreferent bei Pro Familia Marburg mit Schwerpunkt Gender und Sexualpädagogik. Genau das gelte es aber aufzubrechen.
Stereotyp und Vorurteil
Schwierig wird es zudem oft gerade dann, wenn Kinder nicht den gesellschaftlichen Normen entsprechen. So harmonierte der dreijährige Anias* über eine ganze Zeit von seinem Naturell und seinen Spielvorlieben her eher mit den etwas älteren Mädchen in seinem Kindergarten, die ruhiger, mit Figürchen spielten. Die wollten ihn aber nicht mitspielen lassen – weil er ein Junge war. „Etwas aufgelöst hat sich das erst, als wir das eine Mädchen öfter mal zu uns eingeladen haben und sie sich besser kennenlernten“, erzählt seine Mutter. In solchen Situationen sind aber auch die Pädagog:innen gefragt.
Bei der Umsetzung geschlechtersensibler Erziehung gibt es unterschiedliche Ebenen: „Eine ist die Selbstreflexion: Welche Bilder habe ich im Kopf? Welche Dinge nehme ich als selbstverständlich hin, obwohl sie das gar nicht sind? Wie gehe ich mit diesem Thema im Alltag um, und was transportiere ich mit meinem eigenen Verhalten?“, sagt Oppenheimer. Ein weiterer Schritt sei es, vermeintliche Unterschiede in Vorlieben und Zuordnungen gemeinsam mit den Kindern zu hinterfragen. Etwa ob Farben nicht für alle da sind oder warum die Prinzessinnen in klassischen Märchen eigentlich so passiv sind.
Überhaupt transportieren Bilder- und auch Schulbücher Stereotype, können aber auch umgekehrt helfen, alternative Lebensrealitäten zu vermitteln. „In Schulbüchern wird immer noch die bürgerliche Kleinfamilie vorausgesetzt: heterosexuelle Elternschaft mit ein bis drei Kindern, selten Alleinerziehende oder Patchworkfamilien und keine Erwachsenen ohne Kinder, die sich aber Kindern zuwenden“, beobachtet Ines Pohlkamp. „Es kommen zu wenige Menschen verschiedener Herkunft vor, anderer Hautfarben. Doch hier tut sich etwas in der Bilderbuchlandschaft und auch im Bereich der Jugendbücher.“
Bücher sind für Kinder wichtig beim Vermitteln von Vorbildern oder Mutmachen. Etwa der Protagonist Felix in Kerstin Brichzins Bilderbuch Der Junge im Rock, das rot-weiß gestreifte Schaf Fiete in Miriam Kochs Fiete Anders, das darauf hofft, irgendwo so sein zu dürfen, wie es ist. Oder Teddy Thomas in Jessica Waltons BildergeschichteTeddy Tilly, der schon lange spürt, dass er eigentlich eine Teddybärin ist, und deshalb den Namen wechselt.
Vorbilder sind aber natürlich auch in personae zentral. Immer wieder wird der Ruf nach mehr männlichen Erziehern laut – bundesweit stellen sie nur etwa sieben Prozent der Kita-Fachkräfte, in den ostdeutschen Bundesländern sind es etwas mehr. Pohlkamp findet das falsch: „Das suggeriert, dass Frauen das Problem sind, dabei haben sie ihre Arbeit in allen Bildungsinstanzen jahrzehntelang sehr gut gemacht. Ich fände vielmehr einen Ruf nach einer geschlechtersensibel geschulten Fachkraft wichtig.“ Tim Rohrmann, Professor für Kindheitspädagogik an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften und Kunst in Hildesheim, findet zwar, dass sich die gemeinsame Gestaltung der Gesellschaft von Frauen und Männern auch im Kita-Alltag widerspiegeln sollte, betont aber, dass Vorbilder nicht immer gleichgeschlechtlich sein müssen. Auch warnt er davor, dass männliche Erzieher wiederum gesellschaftlich männlich konnotierte Tätigkeiten ausführten und sich dabei speziell an Jungs richten. Frauen und Männer sollten vielmehr die gleichen Aufgaben übernehmen: „So erleben Kinder, dass bestimmte Interessen, Fähigkeiten oder Aufgaben nicht an das Geschlecht gebunden sind – ob es nun ums Wickeln geht oder um das Reparieren technischer Geräte“, sagt er.
Verfochten wird seitens der geschlechtersensiblen Pädagogik auch, dass Spielzeug und Materialien allen Kindern zur Verfügung stehen sollen. Doch was tun, wenn diese von Angehörigen eines Geschlechts weniger angenommen werden? „Tierfiguren oder Naturmaterialien in der Bauecke oder körper- und bewegungsorientiertes Malen auf großen Flächen verändern sofort die Nutzung dieser Bereiche“, erzählt Rohrmann. „Wichtig ist aber auch, dass Jungen oder Mädchen unter sich sein können, wenn sie das möchten. Fach- oder Lehrkräfte sollten mit und nicht gegen die Gruppen arbeiten, die Kinder selbst bilden.“ Spätestens ab dem Alter von sechs Jahren seien diese häufiger mal geschlechtshomogen.
Vielfalt kennt kein Alter
Laut dem Kindheitspädagogen Rohrmann ist die Genderthematik in der Erzieher:innenausbildung zwar allgemein in Fachschulcurricula verankert, bleibt aber oftmals eher an der Oberfläche. „Anders sieht es in vielen Studiengängen der Kindheitspädagogik aus – hier hat die Reflexion von Geschlechterthemen oft einen höheren Stellenwert.“ Auch Pohlkamp beobachtet eher individuelles Interesse einzelner Fachkräfte. „Einige Kita-Leitungen wollen (aber auch) Akzeptanz für Vielfalt im Konzept verankern und sind interessiert an Vortrag oder Teamfortbildungen“, sagt sie.
Tatsächlich auf die Fahne schreiben sich die geschlechtersensible Pädagogik in Deutschland bislang nur sehr wenige Einrichtungen. Das hat, wie Pohlkamp meint, mit noch weitverbreiteten Ressentiments in der Gesellschaft zu tun: „In Diskussionen sagen die Leute immer wieder: ,Sie wollen Homosexuelle aus unseren Kindern machen!‘“, berichtet sie. Ein weiterer Vorwurf laute, die Thematisierung von Vielfalt, Geschlecht und Sexualität sei übergriffig und überfordere die Kinder. Doch sich individuell ausprobieren und entwickeln zu dürfen, wie sie möchten, macht Kinder stark. Auch dabei, ganz sie selbst zu sein und anderen toleranter gegenüberzutreten.
Info
* Die Namen der Kinder wurden geändert
Kommentare 12
zum titel-bild:
das ein wunder-schöner rosa barbie-roboter!
" Ist eigentlich der ganze Diskurs an den Menschen im realen Leben vorbeigelaufen? War das alles zu akademisch, zu abgedreht oder nur in der LSBTQII*-Community verortet?"Ja, und viel mehr gibt es dazu auch nicht zu sagen.
Es gab schon immer Mädchen die lieber mit Autos gespielt haben und Jungs die lieber mit Puppen gespielt haben, und es gab schon immer Erzieher wie Eltern, die das mit einem "Ein Junge/Ein Mädchen macht das nicht" abgeurteilt haben. Genauso gab es immer schon Erzieher wie Eltern die ihre Kinder einfach machen lassen haben, ohne Ideologisches Zwangskorsett von jeglicher Seite. Es bleibt zu hoffen das dieser Zustand der Normalzustand bleibt.
("Schon immer" bedeutet seit den 70ern, weiter reicht mein Erfahrungshorizont nicht und wie es vorher war ist für die aktuelle Realität auch wenig von Belang)
in ienem artikel habe ich mal die these gelesen, dass die spielzeugindustrie stark geschlechtergetrennte spielsachen favorisiert, weil sie dann mehr spielzeug verkaufen können, weil bei geschwistern mit unterschiedlichen geschlechtern das spielzeug dann nicht einfach weiter gegeben werden kann,, sondern neu gekauft werden muss. ist sicherlich nicht der einzige grund, erscheint mir aber plausibel.
aus eigener erfahrung kann ich sagen, dass viele eltern in meiner umgebung dem konservativen geschlechterbild anhängen bzw. dies bewusst und unbewusst reproduzieren (ich lebe im zentrum einer großstadt), gerne verknüpft mit esoterischem gedankengut, dass (leider) seit ca. 20jahren neue urständ feiert.
auch die großeltern, die i.d. 70ern&80ern ihren eigenen kindern noch keine rosa-blau/passiv-aktiv codierten spielsachen geschenkt haben, tun dies nun.
wahrscheinlich dauert es einfach ziemlich lange, bis fest verankerte werte und bilder sich verändern.
Der Fehler all dieser gut gemeinten (aber hier gilt: gut gemeint ist das Gegenteil von gut) Ansätze ist, dass man manchmal ein Klischee und wünschenswertes Bild durch ein anderes ersetzt. Das scheint immerhin manchen bewusst zu sein.
Der nächste Fehler geht aber tiefer und verweist auf eine Schwäche in der Kenntnis der Entwicklung von Kindern. Kinder profitieren in den ersten Jahren nicht von einem artifiziellen Angebot an vielen Möglichkeiten, das ist – wenn überhaupt, auch da darf es bezweifelt oder muss wenigstens relativiert werden – von der Entwicklungspsychologie ein ums andere mal widerlegt worden.
Was Kinder, extrem eingedampft, brauchen um sich gut zu entwickeln, ist Verlässlichkeit und ein affektiv stabiles ZUmfeld, ohne sehr große Ausschläge. Dann entwickelt sich alles wie von Zauberhand von selbst und die Kinder werden von selbst neugierig und sind später auch in der Lage Rollenklischees zu erkennen und zu hinterfragen. Wobei man nicht vergessen oder ideologisch negieren darf, dass sich viele auch mit oder in diesen Klischees wohl fühlen, Männer und Frauen.
Ein konstantes Überangebot von Anfang an, macht aus ihnen keine besseren, glücklicheren oder psychisch gesünderen Menschen, sondern unterminiert oft eher die Ausbildung verlässlicher und stabiler (Objekt)Beziehungen und das ist der mit Abstand wichtigste Punkt. Wenn Kinder im Alltag erleben, wie ihre Eltern Rollen(klischees) interpretieren, einfach durch das Leben im Alltag, wer was von den Eltern kann und tut, wer wen ernst nimmt oder entwertet, dann werden diese vielen Eindrücke von den wichtigsten Bezugspersonen zu einem Muster, wie man mit Welt und Partnerschaft umgeht, welche Themen im Vordergrund sind und welche unwichtig und so weiter.
Wenn man meint, bestimmte Rollenmuster der Familie seien für das Kind ungesund und man müsste in der Kita ein Gegenmodell präsentieren, um dem elterlichen Wertesystem etwas entgegen zu setzen, instrumentalisiert man Kinder für seine Ideologie und schadet ihnen überdies, in den meisten Fällen, das tut man allerdings schon über die pure Dauer, in der die Kinder keinen Kontakt zu den Eltern haben und die Beziehungen zu diesen nur ungenügend vertiefen können.
Der Zusammenhang zwischen instabilen Objektbeziehungen, Schwierigkeiten oder der Unfähigkeit eine stabiles Wertesystem zu verinnerlichen (einer der Grundbausteine der Psyche) und der Ausbildung opportunistischer und in schlimmen Fällen – die dann vorliegen, wenn es keine stabilen Objektbeziehungen in der Kindheit gab, sondern Kinder wieder und wieder Spitzenaffekten ausgesetzt waren – menschenverachtenden Einstellungen, ist evident.
Man muss diese Muster zunächst einmal sehen lernen und das echte Verständnis für die Zusammenhänge wieder und wieder einüben. Denn man muss sich nicht nur fragen: „Welche Dinge nehme ich als selbstverständlich hin, obwohl sie das gar nicht sind?“ (aus dem Text) Auch: Was kann ich an Selbstverständlichem nicht tolerieren und woher kommt das? Ansonsten definiert man, was sein sollte und was nicht, einfach nur um und lässt dabei wiederum Menschen zurück.
Ein echter Pluralismus sollte auch antiquiert wirkenden Lebensmodellen Raum lassen. Ein Gegenangebot zu setzen und gesetzliche und soziale Rahmenbedingungen zu schaffen, die diese weitere Angebote schützen, das scheint mit in Ordnung zu sein. Aber Zwangsbeglückungen sind es nicht. Wem das zu theoretisch ist, der möge einen Blick auf die letzten Jahrzehnte werfen, in denen wir diese Großexperimente an unserer Gesellschaft durchgeführt haben. Die Erfolge sind allenfalls bescheiden und irgendwann sollte man sich so ehrlich machen und das das reflexiv betrachten und versuchen herauszufinden wo genau, was genau schief gelaufen ist.
Meine Kinder sind zwar aus dem Kindergartenalter raus, aber weder dort noch jetzt in der Schule gab es mit solchem ideologischen Schwachsinn irgendwelche Probleme.
Das Mädchen spielt auch jetzt noch lieber mit Autos und verkleidet sich als Ritter oder Action-Man. Wir als Eltern lassen es gewähren, und auch den Erzieherinnen war es egal.
Bei den Jungs war alles wie gehabt. Autos, Fußball bzw Judo und einen auf cool machen (inklusive Mädchen sind doof und zickig).
Aber sowohl ich als auch meine Frau wären wahrscheinlich jeden angegangen (notfalls auch juristisch), der versucht hätte, hier was "umzupolen" oder in Richtung gender zu beeinflussen. Die Kinder sind wie sie sind. Und Jungen sind genetisch bedingt wohl etwas wilder. Warum solte man daran etwas ändern wollen. Deswegen (genetisch) sind Mädchen ja auch nicht das bessere oder schützenswertere Geschlecht.
Nach fast fünfzig Jahren Beschäftigung mit dem Thema Erziehung, (theoretisch und praktisch, mit eigenen und fremden Kindern, Jugendlichen und Eltern) habe ich nur eine einzige Frage:
what shalls?
Na gut, eine zweite noch hinterher: wer - außer Genderforschern - hat etwas davon, wenn Millionen für solche Fragen verpulvert werden, während die wirklich s o z i a l e n und B i l d u n g s fragen unbearbeitet bleiben.
Für jede einzelne Antwort schon vorab meinen ergebensten Dank.
Die Mühen der Ebene sind in dem Beitrag ja recht anschaulich beschrieben. Was ich immer noch nicht versehe ist, wozu der ganze Aufritt gut ist. Anders gesagt: Sicher wird auch die Herausforderung »alle laufen mit erbsengrünen Einheitsklamotten rum und sagen am Tag dreimal ›Erbse‹« mit diversen Mühen verbunden sein: Man muß das Thema erst mal in der Öffentlichkeit lancieren, Verbündete finden, Gelder auftun. Dann kommt die beschriebene Parallele: Nicht alle haben Lust auf die anempfohlene Einheitskluft und das tägliche Mantra, die Probanden beginnen, die Chose zu hinterfragen, und so weiter.
Es fehlt also etwas der Sinn von dem ganzen Tun. Interessant in der Beschreibung fand ich, dass die Freund*nnen von der genderistischen Front zwar stets in Abrede stellen, Leute zu ihrem Glück zwingen zu wollen. Nun beschreibt Frau Wenzl in ihrem Praxisreport aber exakt das Gegenteil – das Jungen doch recht gezielt angeregt (gedrängt?) werden, sich konträr zu ihrer Geschlechtsrolle zu verhalten. Ob das ganze Treiben zu etwas gut ist (etwa: zu mehr Glück, mehr Ausgeglichenheit und so weiter), kann man weiterhin mit guten Gründen bestreiten. Auch der Kontakt mit dem anderen Geschlecht etwa (zumindest nach Dafürhaltung der hauptamtlich bestallten Gender-Garde eh nicht so wichtig) dürfte sich nach dieser Form der Indoktrination eher kompliziert gestalten – auch emanzipierte Frauen favorisieren im Bett bekanntlich noch immer eher gestandene Kerle als labberige Softdrinks mit Gehirnwäsche-Beigeschmack. Allerdings: In guter stalinistischer Tradition haben die Befürworter*nnen dieser Richtung auch dafür die richtige (das heißt: ideologiekonforme) Lösung parat. Die aktuelle Männer-Generation, so eine Probantin in einer TV-Doku (in der es um das Thema Prostitution ging) habe sich diesbezüglich halt eben aufzuopfern – bevor in fünfzig oder hundert Jahren das Paradies erreicht sei.
Noch Fragen? Ich habe keine.
Wenn das Paradies aus lauter zufriedenen, dicken Frauen bestehen soll: dafür opfere ich mich sehr gerne. Das ist ohnehin mein Lebensprogramm.
Und dieses Opfern ist so etwas von Sinnstiftend. Um als Märtyrer zu streben, brauche ich nur noch eines: einen stattlichen Scheiterhaufen.
... sterben ...
»Während in der Gesellschaft weitere Geschlechter oder sexuelle Orientierungen immer sichtbarer werden und Eltern nun das Geschlecht ihres Kindes im Geburtenregister mit „divers“ angeben können, schiene davon im „normalen“ Kindergarten oder in der Grundschule kaum etwas angekommen zu sein. „Da bin ich regelrecht erschrocken und habe mich gefragt: Ist eigentlich der ganze Diskurs an den Menschen im realen Leben vorbeigelaufen? War das alles zu akademisch, zu abgedreht oder nur in der LSBTQII*-Community verortet?“, so Pohlkamp. „Warum ist das Thema so schwer an die Leute zu bringen?“«
Kann es sein, dass die allermeisten Menschen mit ihren Geschlechterrollen keine bis wenige Probleme haben und die „Sozialarbeitswissenschaftler:in und Referent:in für Intersektionalität, Geschlecht, Sexualität, Social Justice und Diversität“ (was für ein Wortmonster) eher einen exotischen Standpunkt vertritt?
Für mich sind – anders als für Ines Pohlkamp – zudem außer dreier Geschlechter keine weiteren sichtbar, wohl aber mehr gesellschaftliche Akzeptanz der heterogenen Gesellschaft in Bezug auf LSBTQII-Anliegen und dem Sexualverhalten der LSBTQII-Gemeinde.
Dass diese LSBTQII-Anliegen auch regelrechtes Kita-Anliegen sein sollten, es eventuell gar zu einer regelrechten LSBTQII-Pädagogik kommen sollte, vermag ich angesichts einer heterosexuellen Gesellschaft nicht zu unterstützen. Die Population der LSBTQII-Gemeinde ist eine Minderheiten-Population und nicht das non plus ultra.
Wenn Christoph Oppenheimer, Soziologe und Bildungsreferent bei Pro Familia Marburg mit Schwerpunkt Gender und Sexualpädagogik Kess behauptet »„Jedes Kind ist individuell und nicht von Grund auf, ein Junge‘ oder, ein Mädchen‘ an sich. Bestimmte Fähigkeiten entwickelt es fast wie automatisch, bei anderen muss es angeleitet werden. An dieser Stelle verhindern manchmal gesellschaftliche Vorstellungen in Bezug auf Geschlechtlichkeit Entwicklungsmöglichkeiten der Kinder“, so möchte ich ihn darauf hinweisen, dass es immer noch so etwas wie eine statistische Norm gibt, und es zunächst darum geht, die (neuangekommenen) Kinder in diese heterogene Welt einzuführen, sie braucht nicht jedes Mal neu erfunden zu werden, wenn Kinder dazu kommen. Und dann ist die statistische Norm durchaus ein sehr brauchbares Werkzeug.
Kinder (Menschen), die davon abweichen, sind eine exotische Minderheit (nicht notwendigerweise Kranke), sie sind auch nichts Besonderes, wie ich oft lese, sondern eine Minderheit, der man mit Respekt zu begegnen hat.
Und im Sinne dieses Respekts würde ich jede Pädagogik, die zur Toleranz erzieht, unterstützen, selbstverständlich auch zur Toleranz der LSBTQII-Gemeinde gegenüber.
„Jedes Kind ist individuell und nicht von Grund auf, ein Junge‘ oder, ein Mädchen‘ an sich. Bestimmte Fähigkeiten entwickelt es fast wie automatisch, bei anderen muss es angeleitet werden. Als jetzt 78-jähriger Schwuler sage ich dem Verfasser dieses Schwachsinns, dass ich als determinierter homosexueller Junge auf die Welt kam, in eine streng hierarchische, katholische Welt, in der schwule Sexualität mit dem Prädikat der Todsünde versehen war. Meine Leistung war schließlich eine Anpassungsleistung an die bestehenden nicht sehr toleranten Verhältnisse.
In diesem Sinne ist heute wie damals die Forderung nach (Minderheiten)Toleranz die angemessene Forderung an die institutionalisierten Bildungs- und Erziehungseinrichtungen, aber nicht eine neue und selbstverständlich auch wieder ausgrenzende Ideologie, die das herkömmliche Rollenverständnis als etwas Überkommenes geradezu diskreditiert und z.B. Wortmonster („Sozialarbeitswissenschaftler:in und Referent:in; Erzieher:innenausbildung) gebiert.
Entsprechend favorisiere ich die Aussagen des Tim Rohrmann, Professor für Kindheitspädagogik. Der »findet zwar, dass sich die gemeinsame Gestaltung der Gesellschaft von Frauen und Männern auch im Kita-Alltag widerspiegeln sollte, betont aber, dass Vorbilder nicht immer gleichgeschlechtlich sein müssen. Auch warnt er davor, dass männliche Erzieher wiederum gesellschaftlich männlich konnotierte Tätigkeiten ausführten und sich dabei speziell an Jungs richten. Frauen und Männer sollten vielmehr die gleichen Aufgaben übernehmen: „So erleben Kinder, dass bestimmte Interessen, Fähigkeiten oder Aufgaben nicht an das Geschlecht gebunden sind – ob es nun ums Wickeln geht oder um das Reparieren technischer Geräte“, sagt er.«
Ich finde, der Mann vertritt hier einen gesunden Standpunkt.
Bitte lass das Kommentieren sein.
Dann verraten sie mir doch mal, was hinter ihrem wahnsinnig kompakten Auspruch genau steckt - Humor kann es jedenfalls nicht sein ;)