"Der Grieche geht ohne Bedenken vorwärts", sagt mein griechischer Kumpel K. Der Grieche packe es schon, meint er, die Olympiade werde schon hinhauen und letztlich, so mein griechischer Kumpel K., "recht prima werden".
Der Durchstart ins von der FAZ ausgerufene "Olympiajahr 2004" verlief allerdings alles andere als frohgemut. Der baldigen Zukunft abgewandt, bekundeten einer kürzlich veröffentlichten Umfrage zufolge atemberaubende zwei Prozent der Griechen, die Sommerspiele live miterleben zu wollen. Auch der Anteil derer, die ein zwar prinzipielles, aber ferneres Interesse an dem zweiwöchigen Spektakulum zum Ausdruck bringen, sank innerhalb der vergangenen zwölf Monate von 66,8 auf 56 Prozent.
Quo vadis, um die alten Griechen zu befragen, quo vadis, Olympiade, c/o Pel
adis, Olympiade, c/o Peloponnes? Glaubt man der Bürgermeisterin der austragenden Stadt, Dora Bakoyannis, dann erwartet die Welt "ein Fest ohne Beispiel". Ohne Beispiel wofür? Für weltweit einzigartige, krächzlaute und krächzlautend ächzende pittoreske Baukranensembles vor der Akropolis? Oder für eine 14-tägige Komplettkasernierung der Einwohner, Sportler, Funktionäre und Journalisten?Eine Ende November 2003 von US-amerikanischen Sicherheitsbehörden ausgegebene Terrorwarnung jedenfalls lässt vermuten, dass sich die Wiege der Demokratie ab dem 13. August in einen gefälligen Exerzierplatz verwandeln wird. Bestimmte Stimmen behaupten sogar, die NATO werde einen Flugzeugträger vor den Toren der antiken Metropolis stationieren und Aufklärungsjets nonstop über dem Pantheon kreisen lassen. Währenddessen patrouillieren einige Tausendschaften FBI-Agenten auf der Agora, vorausgesetzt, sie finden den Weg nach Athen, ausgemacht ist das bei deren Ortskenntnissen nicht.Zudem haben die USA bereits im Vorfeld der Spiele, wie der Spiegel spöttelte, "eine der größten Pleiten aller Zeiten" zu beklagen. Das Baseballteam scheiterte in der Qualifikation ausgerechnet am geschätzten Nachbarn und Auswanderungsland Mexiko, weshalb der ehemalige Nationalcoach Tommy Lasorda den weltmännischen Satz ins Erdenrund schickte: "Baseball ist Amerikas Sport und gehört nicht Japan oder Kuba." Tja, mit dem tollen "olympischen Geist" der Fairness und Völkerverständigung ist´s drüben überm trüben Teich halt auch nicht mehr allzu weit her.Ganz weit weg, das gesteht selbst Athens Bürgermeisterin, wünschen sich die Athener nicht nur während der unweigerlich auf sie niederkommenden Wettkämpfe, sondern schon seit geraumer Zeit, da ihr Lebensraum auf Grund der jahrelangen, aberwitzige Millionen verschlingenden Bau- und Bauruinentätigkeit einem Ground-Zero-artigen Erdloch gleicht. "Zur Hölle mit den Spielen!" - so äußert sich, sagt Dora Bakoyannis, die Mehrheit, der eine bis ins 2. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung zurückreichende Tradition der einst halb sakral-kultischen, halb sozial-politisch bedeutsamen Raufereien, Speerwerfereien und Wagenrennen ebenso schnurz ist wie der längste Fackellauf der olympischen Geschichte der Neuzeit. Wenn die Welt hinrennt, rennt Athen weg - und hat zuvor jedoch durch den Stadtrat noch einen weitsichtigen Beschluss fällen lassen, um, so heißt es offiziell, "wie im Ausland die Ausübung der gewerbsmäßigen Preisgabe des eigenen Körpers für sexuelle Zwecke besonders anlässlich der Olympischen Spiele auch in Hotels und anderen Unterkünften zuzulassen".Ausnehmend gern aber werden kommen die bis dato rund 300 nominierten deutschen Athleten. Zumal Schwimmer und Schützen nähren neben den Reitern und Ruderern die Hoffnungen auf Gold und Erfolg. Die S- und die R-Fraktion seien, verlautbarte Armin Baumert, Direktor des Bereiches Leistungssport im Deutschen Sportbund, "feste Bänke". Da dürften mithin, so viele tautologische Eulen können wir schon heute nach Atlanta schleppen, diverse Festbankette fällig werden - sofern sich das Athener Wasser nicht als tückisches Orakel erweist. Beim Testlauf der Ruder-Junioren-EM nämlich ging kein einziges deutsches Boot zu Wasser und das "Unternehmen Gold" gründlich in Midas´ Hose, wegen einer teamweiten Salmonellenverseuchung. Rudern ist Deutschlands Sport und gehört nicht nach Griechenland oder Athen, möcht´ man da maunzen."Die Provisorien werden schon klappen", meint mein griechischer Kumpel K. Werden die Spiele der Traumtänzer demzufolge auch regelrecht prima verlaufen und am 29. August mit einem beispiellos böllernden Feuerwerk - gleichwie anderweitig nutzlos begangenen Festschlusstag enden - ich für meinen ganz, ganz kleinen Teil werde an diesem holden Tage im belgischen Spa-Francorchamps weilen und den letztes Jahr aus schieren Raubrittergiergründen ausgefallenen Lauf zur Formel-1-Weltmeisterschaft live miterleben - und dabei einen lauwarmen Dosenbiertoast auf die 365 Euro ausbringen, die mich das Ticket für einen Tribünenplastikschalenplatz an der spitzenmäßigen Spitzkehre La Source gekostet hat - und auf das göttergewollt weiterbrummende Sporttreiben, an dem regsten Anteil zu nehmen wir alle nach Kräften nicht nachlassen wollen; noch werden.Mein griechischer Kumpel K. wird übrigens live dabei sein. In Spa. Soviel zu Athen.