Perfekte Gemeinschaften gegen oder für die übrige Welt gibt es als Wunsch seit je. Das beginnt mit Monte Verità um 1900, es folgen unter anderen Fordlandia, Levittown, Sun City, Auroville, Celebration, danach die Weltraumprojekte. So gehörte das Apollo-Projekt zum Beispiel zu Kennedys New-Frontier-Konzept; amerikanischer Pioniergeist sollte ins All führen. Doch wie dem Kampf gegen Armut, Rassismus und für Frieden in der Welt war ihm kein durchschlagender Erfolg beschieden.
Nicht zuletzt aus ökologischen Gründen hatte schon 1929 der Marxist John Desmond Bernal – der hier nicht vorkommt – propagiert, es müsse alle Energie darangesetzt werden, die Erde in Richtung Weltraum zu verlassen. Gigantisch gerieten die Visionen, von denen die Bes
Visionen, von denen die Besiedelung von Mond und Mars nur der Anfang war. Gemessen an den Projekten gigantischer Raumstädte wirkt Elon Musks Space X hier nahverkehrlich. Stefan Selke, Professor für gesellschaftlichen Wandel, durchmustert alle die irdischen wie kosmischen Utopien. Gerade die Weltraumprojekte erscheinen öfter als Flucht einiger Auserwählter vor sich selbst – unter gigantischer Vernutzung und Vermüllung des Planeten. So bleibt wohl nach wie vor als größte Utopie: die Erhaltung einer bewohnbaren Erde.Wenn nun aber Außerirdische meinen, es sei bei uns besser als bei ihnen? Oder wenn sie uns kolonisieren wollen? Und ihre Ufos schicken? Freilich heißen die jetzt offiziell UAPs – Unidentified Aerial Phenomena – und beschäftigten jüngst sogar den US-Kongress. Dabei sind hier mal wieder die Nazis im Spiel. Zwar wurde das erste Ufo 1947 im US-Bundesstaat Washington gesichtet, aber schon 1950 stritt man in der Presse, ob sie nicht schon 1942 eher deutscher oder italienischer Herkunft waren. Professor Belluzo oder zum Beispiel Robert Miethe, als Figur so nebulös wie seine angebliche Erfindung der Flugscheibe. Was Gerhard Wiechmann an Spekulationen von Medien, Spinnern, Ingenieuren und Nazis in Wort und Bild zusammenträgt und klug vorstellt, liest man unter Kopfschütteln, zuweilen entgeistert.Da er erst gut dreißig Jahre dort lebe, sei er, schreibt Pico Iyer, noch Anfänger. Doch was er in seiner Sammlung kurzer, blitzlichtartiger Beobachtungen und Deutungen zusammenstellt, ist mehr als nur ein Vademecum für Japan-Interessierte. Es ist das Splitterbild einer Gesellschaftlichkeit, die konträr und entlastend zu den uns geläufigen funktioniert, auch und gerade, wiewohl sie längst „Westliches“ integriert und perfektioniert hat.In England habe man ihm beigebracht, nichts, schon gar nicht sich selbst, ernst zu nehmen, in den USA hingegen, alles, vor allem sich selbst. In Japan nähmen die Menschen sich nicht allzu ernst, wohl aber die Rollen, die sie im „nationalen Schauspiel“ zu übernehmen hätten. Mehrere zugleich. Bei Ritualen oder Zeremonien, die es einem erlauben, dahinter und in ihnen man selbst zu sein. Eine andere ist die kommunikative Funktion von Stille und Schweigen. Zeichen von Freundschaft: Was man alles nicht zu sagen braucht. Nicht das erste, nicht das letzte Wort haben müssen. Ein wunderbar facetten- und pointenreiches, tief humanes und humanisierendes Büchlein.Und nun einen Tigersprung nach nebenan zu fast dem gesamten Rest der Welt. Der Logistiker Uwe Behrens arbeitete drei Jahrzehnte in China. Er singt das hohe Lob des Projekts „One Belt, One Road“, hierzulande griffiger mit dem Begriff belegt, den der deutsche Geograf von Richthofen Ende des 19. Jahrhunderts aufbrachte, gemeint ist die Seidenstraße. 140 Staaten Asiens, Afrikas und Europas sind inzwischen in dieses prestigiöse Machtprojekt Chinas involviert.Als Logistiker ist Behrens davon höchst angetan. Bedenklich aber der undistanzierte Enthusiasmus, mit dem er das Projekt als keins der Hegemonie, sondern weltweiter Harmonie anpreist. Dass dabei längst Länder in Afrika in eine Schuldenfalle geraten sind und man das Unternehmen auch als neokolonialistisch beargwöhnen kann, davon ist hier keine Rede.Der Sinologe Thomas O. Höllmann, der 2017 bereits ein kompaktes Bändchen dazu vorgelegt hatte, liefert nun eine denkbar umfassende Darstellung zur Geschichte der Seidenstraße. Die stupende, faszinierende Vielfalt der Aspekte, höchst klar vorgetragen, hier auch nur anzureißen, ist schier unmöglich. Höllmann legt Wert darauf, dass es sich dabei keineswegs um eine Einbahnstraße von China aus, sondern um ein Projekt vieler Mitspieler handelt. Dass es nicht einmal vorrangig die Seide war, die dort verhandelt wurde, sondern eine bunte Vielfalt an Mitteln des täglichen Bedarfs und vor allem des Luxus, zeigt eindrücklich, wie Moden und religiöse Einflüsse damit einhergingen. Im Kapitel zur Gegenwart ist er freilich viel kritischer als der Logistiker Behrens.Placeholder infobox-1