Sarkozy spendiert Wegzehrung

Frankreich Die Regierung in Paris schiebt ungerührt von Protesten und Einwänden aus der EU-Kommission weiter Roma-Familien ab und hofft auf den Beifall des Wählers

Frankreichs Präsident zieht seine Kampagne gegen die Roma unbeeindruckt durch. Vor Wochenfrist wurden 225 Roma in zwei Flugzeugen nach Rumänien ausgeflogen. Sarkozy deklariert das als „freiwillige Ausreise“, denn er gibt jedem Ausreisewilligen 300 Euro und jedem Kind 100 Euro als Wegzehrung. Die ganze Aktion ist eine symbolpolitische Augenwischerei. Allein 2009 ließ Sarkozy 9.875 Roma zurückführen, doch gab es Abschiebungen auch in Dänemark, Großbritannien, Belgien und Deutschland. Im Gegensatz zu EU-Normalbürgern besitzen Roma keine unbeschränkte Bewegungsfreiheit, sondern müssen nach drei Monaten Aufenthalt wieder ausreisen. Für 150 Berufssparten erhalten sie EU-weit keine Arbeitsbewilligung.

Die Frage ist, warum Sarkozy diesen rabiaten Kurs einschlägt, der ihm sogar einen Ordnungsruf der EU-Kommission eintrug. Die ermahnte Frankreich mit deutlichen Worten, „die Regeln für die Bewegungs- und Niederlassungsfreiheit einzuhalten.“ Sarkozy wird trotzdem weitere 700 Roma abschieben, denn er weiß eine schweigende Mehrheit hinter sich – es geht ihm um Machterhalt. Da seine Wahlchancen für 2012 schwinden, setzt er auf einen rigorosen Rechtskurs, mit dem er vor allem beim Front National (FN) des Jean-Marie Le Pen politisch anschreiben lässt. Das Thema „Sicherheit“ verfing schon, als Sarkozy noch Innenminister war und die „Schurken“ mit dem Kärcher, einem Hochdruckreiniger, aus den brennenden Vorstädten vertreiben wollte. Ob seine Rechnung aufgeht, ist fraglich. Auch in Frankreich votieren rechte Wähler eher für das Original als für die Kopie. Le Pens Wähleranteil ist konstant. Längst nicht alle, die Ressentiments gegen die Roma teilen, wählen die Regierungspartei.

Während der Front National triumphierend auf Sarkozys Politik reagiert, hält sich die sozialistische Opposition zurück. Der Abgeordnete Arnaud Montebourg, der von „offiziellem Rassismus“ sprach, blieb eine vereinzelte Stimme. Die Parteiführung schweigt, weil sie weiß, dass auch viele Wähler des Parti Socialiste (PS) den harten Kurs gegen Roma befürworten, weil sie in deren Gemeinschaft nichts weniger als ihr eigenes „Sicherheitsproblem“ vermuten.

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