Der arme Janosch. Sollte sich der 85-Jährige auf seinem Alterssitz in Teneriffa mit Nachrichten beschäftigen, wird er sich manchmal wünschen, er hätte Oh, wie schön ist Panama nie geschrieben. Kaum eine Redaktion konnte es sich verkneifen, den Titel des Kinderbuches bei der Berichterstattung über die Panama Papers zu verwenden.
Panama, das klingt nach „weit weg“. Und schön, das lernen wir jetzt wieder aus der Berichterstattung über die Steueroase, ist es dort vor allem für Superreiche, Steuerhinterzieher und Schwarzgeld-Parker.
Für einen deutschen Finanzminister ist diese Konstellation von unschätzbarem Vorteil. „Ich erwarte, dass die panamaische Regierung nach diesen peinlichen Enthüllungen ins Lager der Ehrlichen wechselt“, hat Wolfgang Schäuble verkündet und sogleich eine Transparenzoffensive angekündigt. Die Botschaft: Wir, die Ehrlichen, werden die Welt in eine ganz andere Oase verwandeln. In einen Ort, wo keiner der Bösen sich mehr hinter einem Briefkasten verstecken kann. Auch nicht in Panama.
Allerdings: Schäuble hätte Oh wie schön ist Panama bis zum Ende lesen sollen. Denn was Bär und Tiger am Ende der Reise für das Traumland Panama halten, das ist nichts anderes als ihr eigenes Zuhause, sie sind im Kreis gelaufen. Und ganz Ähnliches gilt für die Superreichen und Kapitaljongleure dieser Welt: Ein bisschen Panama haben sie auch in Deutschland. Auch wenn ein Wolfgang Schäuble genau davon gern ablenkt, indem er sich als Weltsaubermann für mehr Transparenz inszeniert.
Zehn-Punkte-Plan
Natürlich ist Deutschland mit Standorten wie Panama nicht zu vergleichen. Die Regeln sind hier strenger als dort, und auch der Zehn-Punkte-Plan, den Schäuble nach Bekanntwerden der Panama-Papers aus dem Ärmel zog, enthält zweifellos vernünftige Elemente. Darunter zum Beispiel das Unternehmensregister, in dem Informationen über Briefkastenfirmen gesammelt werden sollen.
Aber schon an dieser Stelle zeigt sich, was in Deutschland keineswegs nur für das Thema der Offshore-Geldanlagen gilt: Immer wieder wird dem Kapital ein Schlupfloch gelassen. Und im gleichen Maß, in dem das geschieht, verliert die deutsche Saubermann-Attitüde an Glaubwürdigkeit.
So unterlässt es Schäuble ganz im Sinne der Unternehmen, das Register auch für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ein Verbot von Geschäftsbeziehungen mit Ländern, die auf einer schwarzen Liste verzeichnet sind, kommt in seinem Plan nicht vor. Bei der Geldwäsche in Deutschland, etwa durch Immobilienkauf, blockiert die Bundesregierung die notwendigen Verschärfungen in der EU, beklagt zum Beispiel der Grüne Sven Giegold. Und länderbezogene Informationen über die Steuerpraxis von Konzernen sind ebenfalls nicht im Angebot.
Es wirkt, als tariere diese Regierung immer wieder aus, wie weit sie der Unternehmenslobby entgegenkommen kann, ohne sich allzu viel Widerstand aus der Öffentlichkeit einzuhandeln. Oder umgekehrt: wie weit sie einer Öffentlichkeit, die sich über besonders auffällige Bereicherungs-Exzesse empört, entgegenkommen kann, ohne den Profiteuren insgesamt allzu weh zu tun.
Wie erfolgreich diese Strategie bedauerlicherweise ist, zeigt sich vor allem an der Selbstverständlichkeit, mit der die Gesellschaft sie jenseits der periodisch aufkommenden Großskandale hinnimmt. Das mag noch anders sein, wenn die Spitzenleute eines durch Betrügereien schwankenden Konzerns wie Volkswagen zunächst eiskalt auf ihren Bonuszahlungen bestehen. So etwas geht nicht durch, es ragt aus dem längst schon Gewohnten zu sehr heraus und hat zu offensichtlich einen asozialen Charakter, wenn gleichzeitig normale Beschäftigte um ihre Jobs fürchten müssen.
Aber diesseits von Panama und Wolfsburg und all den anderen Aufregern ist leider festzustellen: An dem täglichen Skandal der strukturellen Ungerechtigkeit hat sich Deutschland offenbar weitgehend gewöhnt. In dieser Woche, während alle Welt sich (mit Recht) über Panama und Volkswagen erregte, beugte sich die Große Koalition mal wieder über die vom Bundesverfassungsgericht verfügte Reform der Erbschaftsteuer. Und unabhängig davon, was im bald bevorstehenden parlamentarischen Verfahren an Details herauskommen wird, steht fest: Es wird ein Festival der Verschonung für Firmenerben werden.
Es gab und gibt Vorschläge aus Wirtschaftswissenschaft und Opposition, wie die Eigentümer auf einen angemessenen Beitrag zum Gemeinwesen verpflichtet werden könnten, ohne dass Unternehmen und Arbeitsplätze in Gefahr geraten müssen. Das ginge zum Beispiel, indem die Steuerschuld, die nicht sofort beglichen werden kann, in Unternehmensanteile des Staates verwandelt wird (im Zweifel auch ohne Stimmrecht), bis die Steuer aus den Gewinnen bezahlt ist. Die Unternehmensanteile wären für den Fiskus dann eine Art Sicherheit. Aber so etwas hat im Steuerparadies Deutschland keine Chance – so wenig wie die Besteuerung großer Vermögen oder ein höherer Spitzensteuersatz auf Einkommen am oberen Ende.
Panama, der Skandal? Ja! Aber in all der Aufregung sollten wir endlich mal wieder daran denken, dass manch ein Steuervermeider im Schatten der Skandale genüsslich stöhnen kann: Oh, wie schön ist Deutschland.
Kommentare 6
Heute früh vielleicht ein brauchbarer Gedanke:
Das Bilderberger-Treffen dient nicht dem Austausch sondern der Wahlkampfunterstützung. Wie am 21. September 2013 die BILD-Zeitung gestaltet wurde, so die Sponsoren, die z. B. gestern alles über Flüchtlinge gewusst haben wollen. Nicht viel aber vielleicht gewohnt viel, das man beim Springer-Verklag zu wissen glaubt. Bilderberger und Mossack Fonsecca wirken auf mich inspirierend. Wieso prescht die cSu nun hervor? Weil das Lügengebilde in Deutschland auffliegt? Katholischer Machterhalt mit vier Parteien (SPD, CDU, CSU und alternativen Abklatsch) um jeden Preis? Wozu Parteien wählen wo jeder weiß, was Menschlichkeit und Zivilisation ausmacht und erwarten lässt?
Auf mich wirken Merkel und Schäuble wie Marionetten oder wie die Mitarbieter eines Inkassobüros. Nationale und interntionale Kapitalhalter bilden in Zusammenarbiet mit vielen Banken eine kriminelle Vereinigung. Anstatt dauernd von den Verfehlungen eines Erdogan zu berichtn, sollte man das Thema der Verquickung der Wirtschaft mit der Politik täglich mit neusten Informationen füttern. Da bracuhen Politiker 14 jahre um festzustellen, daß das Riesterkonzept eigentlich nur der Versciherugnswirtschft dient. Genau lang schaut man zu, wenn sich Banken Steuern aus Aktiengeschäften doppelt erstatten lassen. Das Problem mit den Briefkatenfirmen ist lang bekannt - was machen unsere Politikgrößen? Sie mache eine Maut für den Papierkorb. Merkel will TTIP - noch dieses jahr - egal wie TTIP wirkt. Hoffentlich erlbe ich es nohc, daß man diese Leute vor ein Gericht stellt, weil sie ihren Amtseid gebrochen haben. Der Ehrenfutzi Kohl stellt sein Ehrenwort gegenüber seinen Parteifreunden über seinen Amtseid. Merkel oder Shäuble machen nichts anderes. Sie betrügen das Volk. Und nun kommt der Rechtsruck. Aber mit der AFd kommen wier vom Rgen in die Traufe. Die Rechten konnten schon immer gut mit dem Kapital Kompromisse eingehen.
Hallo Stephan Hebel.
„Wie erfolgreich diese Strategie bedauerlicherweise ist, zeigt sich vor allem an der Selbstverständlichkeit, mit der die Gesellschaft sie jenseits der periodisch aufkommenden Großskandale hinnimmt.“
Es ist auch meine Einschätzung oder Wahrnehumung, dass die Panama Papers relativ ungerührt zur Kenntnis genommen worden sind. Etwas konträr zum großen Tamtam, das man um ihre Veröffentlichung gemacht hat. Ich glaube, es ist, wie Sie weiter unten schreiben:
„Aber diesseits von Panama und Wolfsburg und all den anderen Aufregern ist leider festzustellen: An dem täglichen Skandal der strukturellen Ungerechtigkeit hat sich Deutschland offenbar weitgehend gewöhnt.“
Was soll man auch machen? Wo hat der mündige Bürger sich in seiner Freizeit auch alles einzuarbeiten und eine Meinung drüber zu bilden. TTIP, Ostpolitik, Pegida/AfD, Genfood, Kernkraft, Massentierhaltung, Syrienkrieg, Einwanderung, Rente, Donald Trump, IS, NSA Abhörskandal …. um nur eine völlig unvollständige Liste vorzustellen. Neben Arbeit und Familienleben, so vorhanden. Kompliziert, weit weg und es menschelt nicht, da ist nicht viel emotionaler Gehalt drin. Und die heimliche Angst, dass die eigene Briefkastenfirma demnächst auffliegt, ist vermutlich sehr überschaubar.
Die großen Linien, die das alles auf einen Nenner bringen, werden heute so fundamental konträr erläutert, dass man im Grunde nicht mehr weiß, wo oben und unten ist. Die einen winken ab, die anderen setzen sich zu den Fundamentalisten ins Boot, fragt sich was besser ist.
ach ja der Herr Schäuble...
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/cumcum-deals-101.html
Ich versuche es einmal mit Zeilen von Erich Fried.
Es ist geschehen / und es geschieht nach wie vor / und wird weitergeschen / wenn nichts dagegen geschieht.
Die Unschuldigen wissen von nichts / weil sie unschuldig sind. und die SCHULDIGEN wissen von nichts, weil sie ZU SCHULDIG sind.
Die Armen merken es nicht, weil sie ZU ARM sind / und die REICHEN merken es nicht weil sie ZU REICH sind.
Die Dummen zucken mit den Achseln, weil sie zu DUMM sind, die Klugen zucken mit den Achseln, weil sie zu KLUG? sind.
Die Jungen kümmert es nicht?, weil sie zu jung sind.
Die Alten kümmert es nicht, weil sie zu ALT? sind.
Darum geschieht nichts dagegen, darum IST NICHTS geschehen!
Und es geschieht nach wie vor und es wird weitergeschen!!
Wir Bürger dieses Landes sind Besitzlose im Besatzerstaat.
Wir wählen umsonst. Unsere Meinung ist nicht gefragt.
https://krautreporter.de/1497--schauble-ist-ein-inkompetenter-kleiner-mann
Hier ist ein interssantes Interview mit Varoufakis, bei dem er sich über Schäuble und Merkel äußert.