Warum muss ich das lesen?! Wer will das wissen? Ich verdrehe die Augen, möchte sie aber lieber einfach nur schließen, um die dort präsentierten Sprüche und Glaubensbekenntnisse nicht mehr sehen zu müssen. Das freilich wäre verhängnisvoll, könnte zu Auffahrunfällen mit Schäden an Mensch und Maschine führen. Andererseits hätte mein Unfallgegner beim Kauf eines neuen Autos die Chance, auf die Verunzierung seines Hecks durch allerlei Aufkleber zu verzichten.
Ich würde nicht mehr erfahren, dass er aus Bad Wimpfen stammt, das den Rest der Republik grüßt. Ich müsste nicht mehr neiderfüllt die Weltläufigkeit von VW-Bus-Besitzern zur Kenntnis nehmen: Sankt-Peter-Ording, Bozen, Gardasee. Und was hätte es mir je geholfen, zu erfahren, von welchem Fußballverein der Schleicher da vorne angeblich gerade träumt? Ich habe es satt, im allabendlichen Stop-and-go durch tiefer gelegte Witze endgültig in meinem Glauben an das Gute im Menschen erschüttert zu werden. Gleich dahinter rangiert das Bekenntnis zu schwäbischen Popgruppen, alternativen Ferienclubs oder ostwestfälischen Turnfesten. Als Beitrag zu mehr Verkehrssicherheit mögen immerhin noch die unvermeidlichen Abitursjahrgangs-Logos durchgehen. Da weiß man gleich: Vorsicht, Fahranfänger! Doppelten Abstand halten. Im Augenblick sind - was sonst - Internet-Adressen in Mode.
Wirklich Originelles findet man so gut wie nie, ... dachte ich bis vor ein paar Tagen. Dann erblickte ich auf einer Heckscheibe den Schriftzug "ja, ja ... schon". In leuchtend gelben Lettern, diese drei Worte, sonst nichts. War das ein Insider-Witz? Ein gelassener Wink an alle dicht auffahrenden Drängler, doch mal den Schongang einzulegen? Oder Dada in der Kompaktklasse, einfach so, "for the heck of it", wie übrigens die Engländer sagen? Egal, jedenfalls schien die Zeit im Stau an diesem trüben Regennachmittag schneller zu vergehen als sonst. Als der einsilbige Stoiker vor mir abbog, gab ich ihm ein Zeichen mit der Lichthupe. Ja, ja ... schon. Ich hatte verstanden, vielleicht.
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