Schulle, mach´s noch mal!

Sportplatz I und II Kolumne

I

"Wer tritt denn an?" "Na, der Dings, du weißt schon ... " - so ungefähr hört es sich mittlerweile an, wenn sich Box-Fans darüber unterhalten, wer als nächstes bei ARD oder ZDF in den Ring steigen wird.

Die Zahl der samstagsabends übertragenen Kämpfe hat sich derart inflationär erhöht, dass man sich kaum noch die Namen der einzelnen deutschen Gürtelträger, Gürtelhabenwoller und Gürtelzurückeroberer merken kann.

Das war einmal anders: Wenn Axel Schulz, Graciano "Rocky" Rocchigiani, Henry Maske boxten, freute man sich schon wochenlang vorher und fand, wenn einem danach war, immer und überall jemanden, der über Chancen, Gegner, Taktiken diskutieren wollte. Zumindest um Rocky und Axel musste man sich schließlich immer ausgiebig Sorgen machen: Während Gentleman-Darsteller Maske seine Gegner zur Not totlangweilte und deshalb zur Strafe hier nicht weiter erwähnt wird, hatte "der Sohn eines sardischen Eisenbiegers", wie Rocchigiani grundsätzlich vorgestellt wurde, außerhalb des Rings die Tendenz, sich ausgesprochen dusselig zu verhalten. Axel war dagegen zwar ein bisschen schlicht, war aber ein derart netter Mensch, dass man ihm einfach von Herzen alles Gute gönnte. Selbst in seinen Niederlagen bewies er Stil - auch wenn sie nicht immer regulär zustande kamen. Axel Schulz, der Donald Duck des Boxsports, stand dann einfach immer wieder auf, fand die Welt trotzdem nicht schlecht, gab stattdessen einen seiner treffenden, mitunter selbstironischen Kommentare ab und ging für den nächsten Kampf trainieren.

Warum er nun sein Comeback vorbereit, ob es irgendeinen sportlichen Wert hat und wie es ausgehen wird, ist völlig wurschtegal. Hauptsache, der nette große Mann ist wieder da. Und wenn sich dann auch noch Rocky dazu entschlösse, noch einmal in den Ring zu steigen, wäre die Boxwelt wieder spannend und unterhaltsam und lustig, und man fände endlich wieder, selbst spät nachts und auf der ödesten Party noch jemanden, der mit einem lang und breit über Chancen, Gegner, Taktiken diskutieren wollte.

Welcome back, Axel. Tu Dir man bloß nicht weh ...

Elke Wittich


II

Selbstverständlich ist Axel Schulz kein schlechter Mensch. Vermutlich zumindest. Er kommt rüber wie der Kumpel aus der Eckkneipe, der erst drei Korn ausgibt und sich dann noch anbietet, den Besoffenen nach Hause zu fahren. Doch was er wirklich für einer ist, der Axel, wer soll das wissen? Allem voran ist er ja eine Medienfigur - die als Kumpeltyp aufgebaut worden ist.

Bekannt geworden ist er einer weniger am Boxsport, denn eher am großen Entertainment interessierten breiteren Öffentlichkeit durch seine stets scheiternden Versuche, Welt- oder Europameister im Profiboxen zu werden. Betrachten wir diese Versuche mal medienkritisch, fällt zunächst auf, dass sie alle samstagabends stattfanden, zur besten Sendezeit. Als offensichtlich wurde, dass der "weiche Riese", wie ihn die Sport-Bild weise nannte, für die internationalen Boxringe doch nicht der geeignete Mann war, besann sich Axel auf seine wahren Qualitäten und tingelte durch die Shows: Raterunden mit Promis, bei Gottschalk auf der Couch hocken, sich auf den unzähligen Film-und-Fernseh-und-Musik-Preisverleihungen rumtreiben oder, wenn er besonderes Glück hatte: Autohäuser eröffnen. Davon abgesehen, dass er unerklärlicherweise nicht im Dschungelcamp war, hat unser Axel nach seiner nicht gerade erfolgreichen Sportkarriere alles richtig gemacht.

Bis er auf die Schnapsidee kam, wieder boxen zu wollen. Als hätte er das jemals gekonnt! Die Quittung bekommt er sofort präsentiert. Während er sich auf sein - na ja: "Comeback" - vorbereitet, das ihm nur einen einzigen Fernsehauftritt bescheren wird, finden derweil "Dancing on Ice", "Stars auf Ice" und "Stars auf vier Pfoten" statt! Zur besten Sendezeit, aber ohne unseren Axel!

Das wären seine Sendungen gewesen! Axel im Fummel, Axel macht ne Pirouette und dann noch Axel beim Doppelaxel! Doch was macht der Unglückselige? Schwitzt, boxt, sparrt und rennt für einen Kampf, den sich gar keiner angucken will. Ja, denkt der nicht an seine Zukunft? Welche Quizshow will ihn denn dann noch?

Martin Krauß


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