Schwindende Ressourcen, schwelende Konflikte

Kommentar Für Afrika ist der Klimakollaps eine Frage auf Leben und Tod

Regenfälle und Überschwemmungen, anhaltende Dürreperioden, aufeinanderfolgende Ernteausfälle, die beschleunigte Ausbreitung der Wüsten und andere Folgen der Erderwärmung verändern bereits jetzt das Gesicht meines Kontinents - Afrika ist am schwersten vom Klimawandel betroffen, in einigen Regionen sind die Temperaturen stärker gestiegen als irgendwo sonst auf der Welt.

In den reichen Ländern ist die Klimakrise Grund zur Besorgnis, weil sie sowohl die Ökonomie als auch die Lebensweise der Menschen zu beeinträchtigen droht. In Afrika, einem Erdteil, der kaum zur Klimaerosion beigetragen hat (der Ausstoß an Treibhausgasen ist extrem gering im Vergleich zu den Emissionen der industrialisierten Welt) ist es eine Frage auf Leben und Tod.

Deshalb habe ich vor wenigen Wochen dem G 8-Gipfel in Heiligendamm den Appell zukommen lassen: Die reichen Länder tragen als größte Verschmutzer auch Verantwortung dafür, Afrika zu helfen, die regionale Anfälligkeit gegenüber den ausgelösten Prozessen zu senken und seine Widerstandskraft zu stärken - der Norden sollte sich nicht länger sträuben, die benötigten Mittel für die am meisten vom Klimakollaps heimgesuchten Entwicklungsländer zu gewähren.

Wir wissen, es gibt eine gewaltige Interferenz zwischen Umwelt, Regierungsweise und Frieden. Also können wir darauf bestehen, dass die traditionelle Definition von Sicherheit um diese Erkenntnis erweitert und für ein verlässliches Management der beschränkten Ressourcen dieser Erde wie auch deren gerechtere Verteilung gesorgt wird. Der Klimawandel lässt keinen Zweifel - eine derart erweiterte Definition von Sicherheit ist unerlässlich.

Die Afrikaner müssen das Gefühl bekommen, dass sie wirklich dazugehören - dass die Stimmen der Minderheiten auch dann erhört werden, wenn die Mehrheit ihren Weg schon zu kennen glaubt. Wir brauchen Regierungssysteme, die Menschenrechte schützen, das Recht achten und Verteilungsgleichheit fördern.

Wir erleben es doch täglich, bei vielen Konflikten auf der Welt geht es um den Zugang und die Kontrolle über Ressourcen wie Wasser, Weideland, Mineralien, Grund und Boden. Wir brauchen nur nach Darfur zu schauen. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Wüste im Westen Sudans ausgeweitet, weil es sehr viel längere Dürreperioden gab, die man dem Klimawandel zurechnen muss. In der Folge sind Landwirte und Hirten aneinandergeraten im Kampf um schwindende Wasserquellen und nutzbares Land. Skrupellose Anführer nutzten dies, um ihre Macht gewaltsam auszuweiten - Hunderttausende sind umgebracht oder mit brutaler Gewalt vertrieben worden.

Würde berücksichtigt, dass es einen Zusammenhang zwischen schwindenden Ressourcen und schwelenden Konflikten gibt, könnten wir sehr viel erfolgreicher gewalttätige Unruhen und Kriege verhindern.

Oft ist Umweltzerstörung ein schleichender Prozess, den eine Mehrheit gar nicht wahrnimmt. Gezwungen, arm, egoistisch oder gierig zu sein, sind die Menschen mehr darauf bedacht, ihre eigene Bedürfnisse zu befriedigen, anstatt auf die Folgen zu achten. Künftige Generationen werden mit dem Schaden konfrontiert sein, den der ruinöse Raubbau unserer Zeitgenossen an der Natur anrichtet.

Es gibt den beständigen Druck, die Wälder zu opfern, um Siedlungen anzulegen, Landwirtschaft oder Industrie zu fördern. Dieser Druck dürfte bei zunehmender Erderwärmung und sich häufenden klimatischen Kapriolen noch wachsen. Politisch scheint es opportun zu sein, das gemeinsame Wohl und die Verantwortung für kommende Generationen zu opfern, um die gegenwärtigen Gelegenheiten und Vorteile zu bedienen.

Moralisch sind wir aber verpflichtet, für das gemeinsame Wohl aller zu handeln und an die Verantwortung denen gegenüber zu denken, die nach uns leben werden und wollen. Die globale Herausforderung des Klimawandels verlangt von uns, dass wir genau das und nichts weniger von unseren politischen Führungen oder von uns selbst verlangen.

Wangari Maathai, Friedensnobelpreis 2004, ist kenianische Parlamentarierin und Begründerin des Green Belt Movement.


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