In der letzten Sitzung des Jahres 2018 hat der Bundestag zwei Entscheidungen getroffen, die uns in diesem Jahr Ärger machen werden. Eine zum Schwangerschaftsabbruch-Paragrafen 219a und eine zur sogenannten dritten Option. Auf den ersten Blick wirken beide ganz gut, dann folgt das große Aber. Ja, es gibt weiter ein straffreies Angebot zum Schwangerschaftsabbruch. Ja, es gibt neuerdings einen dritten Geschlechtseintrag. Aber der Zugang zu beidem wird nach Kräften erschwert. Menschen, die eine Schwangerschaft abbrechen wollen, dürfen sich darüber nicht von ihren Ärztinnen informieren lassen – das wäre ja Werbung! Menschen, die ihren Geschlechtseintrag ändern lassen wollen, dürfen das nicht selbst entscheiden – wo kämen wir denn da hin?
Wer eine Abtreibung vornehmen lassen will, muss sich einer Zwangsberatung unterziehen. Wer die dritte Option in Anspruch nehmen oder auch nur zwischen den anderen beiden wechseln will, muss sich einer diskriminierenden und oft retraumatisierenden Zwangsuntersuchung unterziehen. Über ihren Geschlechtseintrag sollen nicht die Menschen selbst entscheiden, sondern Medizinerinnen oder Psychiater. Der Effekt: Es gibt offiziell drei Geschlechter (von denen das dritte – divers – viele umfasst). Nur werden viele Menschen auf die Korrektur des Eintrags verzichten, weil die Anforderungen dafür nicht mit ihrer Würde vereinbar sind.
Der neue Geschlechtseintrag, geschaffen um eine bestehende Diskriminierung abzuschaffen, ist selbst diskriminierend. Beide Gesetze werden uns 2019 beschäftigen, weil die Bundesregierung das sogenannte Transsexualitätsgesetz ändern will und weil weitere Gerichtsverfahren gegen Ärztinnen anstehen, die über Schwangerschaftsabbrüche informieren. Zu beiden Gesetzen hatte die SPD mal bessere Vorschläge unterbreitet. Dann aber tat sie, was sie am besten kann: Früher wurde es Verrat genannt, später verwässern und aktuell einfach verschwinden. Beim Paragrafen 219a dürfte sie von der CDU/CSU Gegenwind bekommen haben. Aber beim Geschlechtseintrag? Viele Christdemokraten wussten bis zum Schluss nicht einmal, worum es dabei geht. Im Ergebnis folgen beide Gesetze dem gleichen Grundsatz: Für staatliche Kontrolle und Bevormundung, gegen reproduktive und geschlechtliche Selbstbestimmung.
Kommentare 18
Hat der Bundestag wirklich schon einen neuen §219a beschlossen?
Die "gewissenhaften" Verteidiger des Abtreibungsverbots betonen immer wieder, daß der §219a offenbar keine Abtreibungen verhindere, weil trotzdem pro Jahr ca. 110'000 Abtreibungen legal vorgenommen würden in dieser Republik.
Der §219a ist nur noch eine politische Proklamation des Gesetzgebers, eine Gefühlsäußerung “Wir sind gegen das Selbstbestimmungsrecht der Frauen, aber wir können der sich in Massendemonstrionen äußernden Vernunft nicht erwehren”. Politische Gefühlsäußerungen gehören aber nicht in Gesetzesbücher. Der §219a ist überflüssig, und funktioniert nur noch als Stolperstein, damit verbissene Frauenfeinde damit Ärzten Probleme bereiten können. Der §219a kann und muß ersatzlos gestrichen werden, und damit ändert sich an der Wirklichkeit nichts, außer daß die eben erwähnten Stänkerer nicht mehr Ärzte vor den Kadi bringen können.
Der §219a erfüllt nur noch dieselbe Funktion wie jener “Hut dort auf der Stange”, den der Landvogt in Schillers "Wilhelm Tell" so begründete: . .
<blockquote>
Ich hab den Hut nicht aufgesteckt zu Altdorf Des Scherzes wegen, oder um die Herzen Des Volks zu prüfen, diese kenn ich längst. Ich hab ihn aufgesteckt, dass sie den Nacken Mir lernen beugen, den sie aufrecht tragen – Das Unbequeme hab ich hingepflanzt Auf ihren Weg, wo sie vorbeigehn müssen, Dass sie drauf stoßen mit dem Aug, und sich Erinnern ihres Herrn, den sie vergessen.. .
</blockquote>
Man kann den ersatzlos streichen, ohne daß sich an den Abtreibungszahlen etwas ändert.
Nur die Frauenfeinde haben dann eine Waffe weniger, um Ärzte wegen iher Bereitschaft, Abtreibungen vorzunehmen, vor den Kadi zerren zu können.
In diesem Blog werden 2 Sachen miteinander vermischt, ohne konkret auf die Gesetzeslage und die beabsichtigten Veränderungen einzugehen. Damit kann man natürlich viele Klicks und einen langen Thread erzeugen, aber wirkliche Information ist damit nicht erreicht. Der §219a ist kein "Schwangerschaftsabbruch-Paragraph, das wäre §218. Im Erstgenannten geht es um Werbung. Einen wirklich guten Text dazu, der alle Seiten beleuchtet, findet man auf ZON "Keine Kompromisse" von Hans Michael Heinig.
In Anbetracht dessen, dass wegen der grundsätzlichen Strafbarkeit der Abtreibung und des "Werbe"verbots, tatsächlich ein Informationsverbot, immer weniger ÄrztInnen Abtreibungen vornehmen und den alten ÄrztInnen, die noch bis in ihre 80er Jahre solche machen, weil keine jungen Ärzte diese Aufgabe übernehmen, wird es höchste Zeit, dass das Ganze neu aufgegriffen und endlich grundsätzlich den Frauen überlassen bleibt, was sie mit ihrem Körper machen.
Erstaunlicherweise sind in Ländern, in denen weit jenseits der 12 Wochen die Abtreibung erlaubt ist, aber gute Aufklärung geleistet wird und Verhütungsmitel auch für Arme erschwinglich sind, die Abtreibungsraten niedriger als hierzulande.
Der Backlash mit diesen z.T. wirklich wderwärtigen "Lebensschützern" ist wirklich verheerend für Frauen.
Übrigens, auch ich habe abgetrieben, ohne einen psychischen Schaden davon getragen zu haben.
Der verlinkte Artikel aus "Christ und Welt" von einem Michael Heinig ist überhaupt nicht gut.
Wie ich oben schrieb — der §219a hat überhaupt keine praktischen Nutzen, außer für die Frauenfeinde, die damit die nur noch wenigen Ärzte vors Gericht zerren, die Abtreibungen anbieten.
Es ist nur noch eine politisch-programmatische Erklärung von Frauenfeinden, daß Abtreibung "bäh" ist und daß Frauen über ihren eigenen Körper nicht selbst bestimmen dürfen.
Und programmatische Proklamationen gehören in Parteiprogramme, aber nicht in Gesetzesbücher.
Die ersatzlose Streichung des §219a erlöst auch die SPD-Politikerin Maria Noichl, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (AsF), von ihren absurden und abscheulichen Ideen, daß kommunale Krankenhäuser eine Gesinnungsschnüffelei bei Einstellungsgesprächen betreiben sollten, und diejenigen von einer Anstellung ausschließen, die nicht bereit sind, an Abtreibungen mitzuwirken. Das ist genauso unerträglich, wie die Schnüffelei von Krankenhäusern in kirchlichem Besitz im Privatleben ihrer Angestellten.
Nach der ersatzlosen Streichung des §219a können medizinische Einrichtungen offen und öffentlich informieren, ob sie Abtreibungen vornehmen, so wie sie über andere medizinischen Leistungsangebote informieren, und nach Anstellung Suchende können sich dementsprechend entscheiden, ob sie sich dort überhaupt dort bewerben wollen.
Damit kann dann auch der <a href="http://www.gesetze-im-internet.de/beratungsg/__12.html">§12 des sog. Schwangerschaftskonfliktgesetzes"</a> ersatzlos gestrichen werden, wonach "niemand … verpflichtet [ist], an einem Schwangerschaftsabbruch mitzuwirken". Es gibt auch andere medizinische Dienstleistungen, die Ärtze aus verschiedensten Gründen verweigern; man sollte auch Abtreibungen keinen Sonderfall machen.
Die Mitglieder eines Richterkollegiums des Bundesverfassungsgerichts von 1992 dürfen gerne glauben, daß die Verschmelzung von Ei und Samen schon ein Mensch sei — es glauben ja manche auch, daß die Flugzeuge am 11.9.2001 auf Befehl der US-Regierung in World Center und Pentagon geflogen sind — aber solche unwissenschaftliche und von Unwissen getragene Verirrungen können nicht Grundlage von allgemeiner Gesetzgebung sein.
§219a muß und wird ersatzlos gestrichen werden, da beißt die Maus kein' Faden ab.
Wie können sich nur denkende Politiker von einem demagogischen Geschrei so beeinflussen lassen?
Es handelt sich um den Abbruch eines biologischen Vorgangs.
Abgetrieben werden Kinder in Babyklappen und Mülltonnen!
Wer schreit endlich zugunsten dieser kleinen Menschen?
Wer fragt nach diesen Müttern, in welcher Notsituation sie eine solche Entscheidung zuließen, zulassen mussten und wie diese Kinder u. Mütter mit ihrer aufgezwungenen Entscheidung ein lebenlang zurecht kommen?
Das gilt auch für viele Mütter, die ein Kind gezwungener Maßen zur Adoption gaben und ein lebenlang nicht darüber sprechen, geschweige denn dazu stehen können?
Eine Information und Hilfeangebot ist keine Werbung für ungewollte Schwangerschaften und Abbrüche, sondern eine Nothilfe!
Die notwendige menschenkonforme Nächstenliebe!
Maria Noichl äußerte den von mir kritisierten Unsinn in einem Interview, das die Süddeutsche Zeitung am 15. Dezember 2018 veröffentlicht hatte: https://www.sueddeutsche.de/politik/a-abtreibung-werbeverbot-1.4254912-2
Es gibt auch den Spontanabort, der ganz ohne bewußtes Eingreifen und ohne Fremdeinwirkung und vom Körper selbst ausgelöst wird.
Ich erlaube mir, drei Stichworte aus dem “Lexikon der Medizin” von Zetkin/Schaldach (16. Auflage von 1998) zu zitieren: .
»
Abort {lat} m: Abortus, Fehlgeburt; vorzeitige Beendigung der Schwangerschaft durch Ausstoßung der Frucht mit einem Gewicht von weniger als 1‘000 g bei Fehlen von Lebenszeichen (über 1‘000 g = Totgeburt). Als Lebenszeichen gelten Herzschlag und Atmung des Kindes. Es besteht keine Meldepflicht. Der Frühabort der ersten Wochen ähnelt oft einer verstärkten Menstruation. Ursachen: Erkrankungen der Mutter, Infektionen (Toxoplasmose, Syphilis), Fehlbildungen des Uterus oder Erkrankungen bzw. Entwicklungsstörungen der Frucht. Besonders gefährlich sind der febrile oder septische Abort.
Abort, habitueller: Fehlgeburtsneigung; man spricht von habituellem Abort, wenn bei einer Frau mindestens drei Schwangerschaften mit einem spontanen Abort enden.
Abort, septischer: Gewebeinfektion durch pyogene oder putride Erreger (Streptokokken, Bacteroides, Klostridien) im Gefolge einer Fehlgeburt mit hochfieberhaft-septischem Verlauf.
« (Meine Hervorhebung)
Das ist dann aber kein Todesfall.
Offensichtlich steht die medizinische Wissenschaft den reaktionären Fantasieen der Frauenfeinde entgegen.
Dieser Wissenschaft entspricht sogar die Auffassung des kath. Dogmas, dass die Würde des Menschen nicht angeboren ist, sondern verdient werden muss, womit die Ablehnung der Unterschrift des Papstes zur Anerkennung der universellen Menschenrechtscharta begründet wird!
Aber:
Die Doppelzüngigkeit der Fanatiker liegt blank, wenn man bedenkt, wann die Seele mit ihrer Erbsünde erstmals würdevoll als Mensch atmen darf.
Von der SPD ist zu erwarten, dass sie begreift, dass eine menschenwürdige Hilfe ein humanistisches Gebot ist und keine Werbung für fanatische Demagogen.
... und laut BGB §1 erlangt der Mensch erst mit Vollendung der Geburt die Rechsfähigkeit, nicht bereits mit der Verschmeldung von Ei und Samen.
Andernfalls würden auch die Meldegesetze vorschreiben, den laut Frauenfeinden schon durch die Zellverschmelzung entstandenen neuen Menschen im Melderegister einzutragen.
Aber soweit ist die "schöne neue Welt" noch nicht gediehen.
Diese Fragen wären eine spannende Antwort wert, wenn die lauten Menschenfeinde denn eine hätten.
Die Rechtsfähigkeit betrifft auch das Erbrecht und dementsprechend war das höchstrichterliche Urteil, dass die Vaterschaft "verjährt", obwohl die Klägerin eine gute Begründung zur Vaterschaftsklärung unter Berücksichtigung der modernen Forensik hatte und darüber hinaus ein grundgesetzlich zugesichertes Recht auf die Klärung ihrer Herkunft hat.
Die öffentliche frauenfeindliche Begründung dieses höchsten Richters war erbärmlich: "dann könne ja jedem Mann eine Vaterschaft vorgeworfen/nachgesagt werden."
Es geht demnach noch immer um die Rechte der unwilligen Männer. Nicht wenige drängen auf den Schwangerschaftsabbruch. Unterhalt und Erbrecht sind unbeliebte Pflichten. Die unsäglichen Babyklappen sind eine kath. Erfindung.
Wenn die ASF nicht geschlossen ihrer Partei Widerstand bietet, ist die SPD auch für mich damit am Ende der Humanität ihres Menschenbildnisses.
"…§219a hat überhaupt keine praktischen Nutzen, außer für die Frauenfeinde, die damit die nur noch wenigen Ärzte vors Gericht zerren, die Abtreibungen anbieten."
Könnten Sie das bitte für mich etwas besser mit Zahlen belegen.
Auf der Seite Stastista.de sehe ich, dass es 2017 über 100000 Schwangerschaftsabbrüche gab. 1996 waren es noch 130000. Vielleicht haben Sie eine schlüssige Erklärung für diesen Rückgang, der $219a kann es wohl nicht sein, denn der galt im gesamten Zeitraum. Wenn Sie die Behauptung aufstellen, dass dieser Paragraph den Frauenfeinden nützt, dann können Sie sicher etwas über die Anzahl der Anklagen, Gerichtsverfahren Urteile und Konsequenzen in der Ärzteschaft vorbringen.
Nur um vorzubeugen grüße ich jetzt die obligatorischen Gesslerhüte: Ich bin kein Lebensschützer. Frauen sollen selbstbestimmt entscheiden können.
Letzteres sehe ich in diesem Land als gegeben, wenn auch die Beratungsplicht vielen als lästiges Übel erscheint. Es könnte ja auch sein, dass dadurch Frauen, die von ihren Partnern oder Verwandten unter Druck gesetzt werden, oder die aus anderen Gründen zeitweise durch Panik hilflos sind, Unterstützung finden.
Lange Rede, kurzer Sinn. Nennen Sie ganz einfach eine belegbare Zahl über die Anzahl der durch den $219a verhinderten Schwangerschaftsabbrüche. An ideologischen Kleinkriegen habe ich kein Interesse. Als Literaturtipp zu einem Rechtsexperten empfehle ich eine Google-Suche nach "Thomas Fischer §219a" (ergibt derzeit 50300 Treffer).
Die Freitag-Software hat meine Antwort leider in den Biteimer geworfen.
Was für eine antihumane Diskussion. Selbstbestimmung für Mord. Selbstbestimmung der Frauen kann es nur geben, wenn sie auch nur durch sich selbst schwanger werden können. Vergewaltigungen machen selbstverständlich eine Ausnahme. Ansonsten gilt Verhütung oder kein Sex.
Was für eine antihumane Diskussion. Selbstbestimmung für Mord. Selbstbestimmung der Frauen kann es nur geben, wenn sie auch nur durch sich selbst schwanger werden können. Vergewaltigungen machen selbstverständlich eine Ausnahme. Ansonsten gilt Verhütung oder kein Sex.
Überaus lesenswert:
https://www.juramama.de/2018/12/14/raus-aus-meinem-uterus-der-219a-und-seine-freunde/
https://www.juramama.de/2018/12/14/raus-aus-meinem-uterus-der-219a-und-seine-freunde/
Dieser Artikel beschreibt wortreich die eigenen Privilegien, schafft es jedoch nicht, Frauen, die nicht mit solchem Selbstbewusstsein, solcher Bildung und diesem strotzenden Selbstwertgefühl ausgestattet sind, einzubeziehen. Was stört es eine solche Frau, sich 15 Minuten in eine Beratung zu setzen, die Ohren auf Durchzug zu schalten und dann den Schein entgegenzunehmen? Dem Gesetz ist damit Genüge getan und wenn der Gesetzgeber so hintergangen werden will… Es gibt sicher drängendere Probleme, die auf die Fähigkeiten und die Energie solcher Frauen warten.
... "schafft es jedoch nicht, Frauen, die nicht mit solchem Selbstbewusstsein, solcher Bildung und diesem strotzenden Selbstwertgefühl ausgestattet sind, einzubeziehen" ...
... die eierlegende Wollmilchsau kann selbst auf der Beobachtungs- und Beschreibungsebene nur als Chimäre oder Ideal 'rumrennen ... leider ....