Shakespeare im Schweinestall

Kreative Landschaften Der Osten kommt einfach nicht in die Gänge − dieses Klischee ist nicht totzukriegen. Wer aber genauer ­hinschaut, trifft auf viele Ideen und Initiativen

Der Verlag zum Buch

Zukunft erfinden - Kreative Projekte in Ostdeutschland

Im Umgang mit Krisen hat der Osten Erfahrung: Der gesellschaftliche Umbruch nach 1989 brachte nicht nur Verbesserungen, sondern auch ungeahnte ökonomische, demographische und soziale Probleme, für die es bisher kaum befriedigende Lösungen gibt. Wo die große Politik eher ratlos scheint, haben Menschen vor Ort die Krise als Herausforderung begriffen und neue Wege beschritten. In der internationalen Debatte werden sie "changemaker" genannt.
Im vorliegenden Buch werden 30 Projekte und Akteure aus den unterschiedlichsten Bereichen vorgestellt, die kreativ und unkonventionell Veränderungen in Gang setzen. Berichtet wird von neuen lokalen Energiekonzepten und ungewöhnlichen Nutzungsideen für leerstehende Häuser, von Modellversuchen mit Bürgerarbeit und Belegschaftsinitiativen zur Übernahme stillgelegter Betriebe, von Regionalwährungen und Medizinnetzwerken, von Kulturprojekten und umgewandelten Landschaften.
Die Politik täte gut daran – so das Resümee der Herausgeber – diese Initiativen zu fördern und bürokratische Hindernisse abzubauen.

Leseprobe

Anlässlich der Jubiläen des Mauerfalls und der deutschen Einheit steht der Geist des Aufbruchs noch einmal vor aller Augen. 1989 schien alles möglich, denn die Tage im Herbst veränderten das Land auf eine Weise, wie es schier unvorstellbar schien. Doch die Euphorie von damals verebbte, als der Alltag in das Leben im neuen Deutschland Einzug hielt und die Revolution zur Vereinigung, die Vereinigung zum Beitritt, der Beitritt zum normalen Geschäft wurde.

Schnell zeichnete sich ab, dass die Dinge anders laufen würden als gedacht. Die Privatisierung der Staatswirtschaft war mehrheitlich nicht mit einer Sanierung verbunden, sondern mit der massenhaften Schließung von Betrieben. Die Region wurde weitgehend dem freien Spiel der Marktkräfte überlassen, was bedeutete, dass sie vorrangig als Absatzgebiet interessant war. Konkurrierende Produktionsstätten verschwanden zu einem großen Teil, die Arbeitslosigkeit stieg auf das Doppelte des westlichen Durchschnitts an, in den Kommunen und Ländern reichte das Steueraufkommen nicht aus, um die notwendigen Aufgaben zu erledigen.

Schnell machte das Wort von der Krise die Runde. Es trat an die Stelle der „blühenden Landschaften“, die Bundeskanzler Helmut Kohl im Wahljahr 1990 versprochen hatte, weil es angesichts der verfallenen Innenstädte und der heruntergewirtschafteten Betriebe in Ostdeutschland ja gar nicht anders kommen konnte als besser. 1993 entschied sich die Bundesregierung wegen des Abschwungs im Osten zu einem ersten Solidarpakt, mit dem ab 1995 für zehn Jahre enorme Mittel als „Fehlbetragsergänzungszuweisungen“ in den Osten flossen. Damit wurde der Aufbau moderner Infrastrukturen unterstützt, die meisten Stadtkerne konnten saniert werden, neue Einrichtungen entstanden...


© Christoph Links Verlag GmbH


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Buch der Woche: von Christoph Links, Kristina Volke (Hrsg.)
Ch. Links Verlag
240 S., 16,90

Christoph Links, Jahrgang 1954, Studium der Philosophie und Lateinamerikanistik in Berlin und Leipzig; 198086 Lateinamerika-Redakteur bei der Berliner Zeitung; 198689 Assistent der Geschäftsleitung im Aufbau-Verlag; im Herbst 1989 Gründung von einem der ersten neuen Privatverlage in der DDR; 2008 Promotion; Tätigkeit als Verleger und Publizist; zahlreiche Veröffentlichungen, darunter: Am Ziel vorbei. Die Deutsche Einheit Eine Zwischenbilanz (herausgegeben mit Hannes Bahrmann), Berlin 2005
Kristina Volke, Jahrgang 1972, Studium der Kunst- und Kulturwissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin; 200407 wissenschaftliche Mitarbeiterin der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages Kultur in Deutschland; seit 2007 Referentin und Stellvertreterin des Kurators in der Kunstsammlung des Deutschen Bundestages; zahlreiche Veröffentlichungen zum Wandel von Kunst und Kultur in Ostdeutschland sowie zum Zusammenhang von Kultur und Entwicklung

Das Buch ist im September 2009 erschienen

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