Signal für die Europäische Union

Gentechnologie Christoph Then von Greenpeace zur Ablehnung des französischen Parlaments, genetische Ressourcen zu patentieren

FREITAG: Am 22. Januar hat sich das französische Parlament gegen die Umsetzung der EU-Patent-Richtlinie ausgesprochen. Können Sie etwas zur Begründung sagen?
CHRISTOPH THEN: Das französische Parlament geht davon aus, dass menschliche Gene eine Erfindung sind und man sie deshalb auch nicht monopolisieren darf. Das ist eine Grundsatzfrage, und Frankreich begründet seine Ablehnung vor allem mit ethischen Bedenken, aber auch damit, dass Forschung für Patienten dadurch behindert würde. Inzwischen liegt die ausführliche Begründung einer eigens vom Europäischen Parlament eingesetzten Kommission vor, warum generell keine Patente auf genetische Ressourcen und menschliche Patente erteilt werden sollten. Die Patentierung menschlicher Gene ist vorab isoliert diskutiert worden, weil das französische Parlament das weitreichendere Bioethikgesetz beraten hat. Und im Rahmen dieses Gesetzes ist noch einmal unmissverständlich klar gestellt worden, dass menschliche Gene nicht patentierbar sind.

Aus dem deutschen Justizministerium stammt ein Entwurf zu einem Genpatentgesetz, der voraussichtlich Ende Januar ins Parlament zur Beratung kommt. Wo sehen Sie die grundsätzlichen Unterschiede zwischen dem deutschen und dem französischen Entwurf?
Frau Däubler-Gmelin möchte die Richtlinie gern EU-konform umsetzen, das heißt die Patentierbarkeit menschlicher Gene nicht generell ausschließen. Allerdings sieht auch die Bundesregierung Bedarf, die Reichweite der Patente auf einige technische Anwendungen zu beschränken, zumindest theoretisch. Unseres Erachtens ist das, was die Franzosen gemacht haben - nämlich alles außer den genetischen Ressourcen und den Lebewesen patentieren zu lassen - viel klarer und konsequenter. Das sollte auch die zentrale Forderung sein, die man gegenüber der EU erhebt, dass nämlich die EU-Richtlinie in dieser Hinsicht korrigiert wird. Die Bundesregierung will sich um diesen Vorstoß herumdrücken.

Sie halten also das sogenannte Forschungsprivileg, das im derzeitigen deutschen Entwurf enthalten ist, nicht für ausreichend?
Nein, es ist erstens nicht ausreichend, denn es gibt Bedenken, dass sich das Forschungsprivileg nur auf die Überprüfung der in der Patentschrift angegebenen Funktionen beschränkt. Bei neuen Anwendungen müsste der Forscher die Erlaubnis des Patentinhabers einholen. Grundsätzlich ist zu sagen, dass die Patentierung genetischer Ressourcen nicht nur auf Leute bezogen ist, die Forschung betreiben wollen, sondern sie betrifft auch die Anwender, den Landwirt also oder den Arzt, der in der klinischen Praxis diagnostische Tests durchführen will. Dann ist die Frage, wer verfügt über das Saatgut auf dem Acker, wer bestimmt über die Anbaumethoden in der Landwirtschaft? Für all die hat das Forschungsprivileg keine Auswirkung, sie stehen am Ende der Abhängigkeiten.

Könnte die französische Entscheidung als europäisches Signal wirken?
Natürlich, Frankreich ist Kernland der Europäischen Union und bestimmend in diesem Bereich. Die Deutschen haben im Grunde ja auch schon angekündigt, dass sie Nachbesserungen haben wollen, insofern sind wir ganz zuversichtlich, dass die EU an dieser Stelle noch einmal eine Diskussion führen muss. Wichtig ist, dass die Franzosen eine grundsätzliche Grenzziehung haben wollen und keine Grauzone, in der "ein bisschen" patentiert wird.

Das Gespräch führte Ulrike Baureithel

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