Sind Schauspieler in der Politik richtig?

Casting-Kritik Mit seiner Kandidatur um das Amt des Bundespräsidenten steigt Peter Sodann in neue schauspielerische Kreise auf – und die Bundesrepublik in neue politische Gesellschaft

Wenn am 23. Mai die Bundesversammlung das neue Staatsoberhaupt der Deutschen wählt, steht ein Mann auf dem Zettel, der aber keine wirklichen Chancen hat. Der Schauspieler Peter Sodann spielt an diesem Tag den Zählkandidaten für die Linke. Eine undankbare Rolle, für die der Ex-Tatort-Darsteller außerdem fehlbesetzt ist. Noch immer klingt die Anekdote nach, wie er sich im vergangenen Jahr der Presse vorstellte: Er mache morgens nach dem Aufstehen auf dem Klo immer ein Kreuzworträtsel, habe jedoch immer ein Heft mit den Lösungen dabei. Schließlich beginne der Tag so „mit zwei Erfolgserlebnissen“.

Sodann mag ein Fehlgriff sein, doch seine Kandidatur hat auch ihr Gutes: Nach Jahren der internationalen Isolation steigt Deutschland in den Kreis der Nationen auf, bei denen sich auch Schauspieler um politische Spitzenämter bewerben.

Auf den Spuren Ronald Reagans

Das prominenteste Beispiel dürfte der mittelmäßige Westerndarsteller Ronald Reagan sein, der 1980 Präsident der Vereinigten Staaten wurde – und nach wie vor eine Ikone der Rechten in den USA ist. Doch auch in unserer Nachbarschaft gibt es Regierungschefs mit Leinwanderfahrung. Der Präsident Polens zum Beispiel, Lech Kaczyński spielte in seiner Kindheit in einem Märchenfilm mit – zusammen mit seinem Zwillingsbruder Jarosław, vormals Premierminister. Der derzeit bekannteste Schauspieler in Regierungsverantwortung ist Arnold Schwarzenegger. Seit sechs Jahren regiert er mittlerweile Kalifornien. Zwar dümpeln seine Umfragewerte derzeit etwa auf dem intellektuellen Niveau einiger seiner Filme, doch dem Hauptdarsteller unvergessener Klassiker wie Conan der Barbar, Herkules in New York oder Der Kindergartencop kann das egal sein. 2011 endet seine Amtszeit – noch einmal muss er sich nicht den Wählern stellen.

Vorbereitet hat er seine Karriere zwar nicht mit den Filmen, aber einer darf im Rückblick getrost als Indiz dafür gewertet werden: Predator aus dem Jahr 1987 (Foto) – der Streifen, der die meisten späteren Politiker hervorgebracht hat. Die Geschichte der Testosteronorgie ist schnell erzählt: Neun große, starke Männer mit riesigen Knarren machen im südamerikanischen Dschungel Jagd auf eine außerirdische Killermaschine. Das bringt: viel Blut, wenig Dialog und drei junge Männer mit politischen Ambitionen.

Neben Schwarzenegger spielt in Predator auch ein gewisser Jesse Ventura mit. Von 1999 bis 2003 regierte der Vietnamveteran, Actiondarsteller und ehemalige Profiwrestler den US-Bundesstaat Minnesota. Seine politische Karriere endete, nachdem sich unter seiner Regierung die wirtschaftliche Lage des Staates deutlich verschlechterte. Zu einer möglichen Wiederwahl trat er gar nicht mehr an.

Noch weniger Erfolg hatte bisher der dritte Predator-Jäger mit politischen Ambitionen, Sonny Landham. Der ehemalige Pornodarsteller bewarb sich 2002 erfolglos als Gouverneur von Kentucky. Allerdings verlor er schon die Vorwahlen. Im vergangenen Jahr wollte er für eine Drittpartei in den US-Senat einziehen – und scheiterte erneut. Ob sich die Bürger Kentuckys auf einen dritten Versuch Landhams freuen können, ist unklar.

Sodanns Kandidatur für das Amt des Bundespräsidenten ist also keineswegs außergewöhnlich, sondern nur ein Schritt in Richtung politische Normalität. Und warum sollten Schauspieler auch keine Staatsämter anstreben? Schwarzenegger hat in Kalifornien immerhin eine lobenswerte Umweltpolitik durchgesetzt und damit politische Freunde wie Feinde überrascht. Aber das wären übertragen auf eine Links-Präsidentschaft möglicherweise auch zu viele Erfolgserlebnisse.

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Geschrieben von

Julian Heißler

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