Wolfgang Schäuble (CDU) will ein zentrales Melderegister einführen, um in Notfällen schneller Hilfe zu leisten. Gibt es Menschen, die wegen falscher Meldedaten ums Leben kamen?
Nicht, dass ich wüsste. Ich halte das Notfallsystem zwischen Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten für sehr gut.
In den lokalen Registern sollen die Angaben von 4,8 Millionen Menschen fehlerhaft sein. Ist das nicht ein Problem?
Man rechnet bei kommerziell und damit gut gepflegten Datenbanken mit einer Fehlerrate von fünf bis zehn Prozent. Auch ein zentrales Melderegister ändert dies nicht.
Die Regierung verspricht, die Daten nur zweckgebunden einzusetzen. Wie hoch ist die Missbrauchsgefahr?
Sehr hoch: Ich fürchte, dass die Steueridentifikationsnummer mit Gesundheitsdaten oder Religionszugehörigkeit verknüpft wird. Das sollte verhindert werden, schon aus historischen Gründen.
Beim Ausländerzentralregister hat es bislang keinen Missbrauch gegeben.
Das muss nicht heißen, dass er nicht möglich wäre.
Der Datenschutzbeauftragte Peter Schaar hält allenfalls eine Datenbank mit "Grundpersonalien" für sinnvoll.
Der Kompromiss geht zu weit.Zumal sich die herrschende Rechtslehre klar und grundsätzlich gegen zentrale Melderegister ausspricht.
Für den elektronischen Einkommensnachweis "Elena" werden sogar Beschäftigungsdaten erfasst. Wie erklären Sie sich die Sammelleidenschaft des Staates?
Von mehr Daten verspricht man sich auch mehr Wissen. Wenn der Bürger berechenbar ist, weiß der Staat, wie und bei wem er frühzeitig einzugreifen hat. Das ist Paternalismus wie er in den Büchern von Horst Herold, dem RAF-Jäger, nachzulesen ist.
In der DDR gab es ein zentrales Einwohnerregister. Mit der Vereinigung wurde es abgeschafft, weil es mit dem Grundgesetz unvereinbar war. Trifft das nicht auch auf Schäubles Pläne zu?
Absolut, es gibt ein Verbot zentraler Meldebehörden und ein Verbot individueller Personenkennziffern - beide Verbote sind grundrechtsgleich. Irgendwann, denke ich, kassiert das Bundesverfassungsgericht auch die Steueridentifikationsnummer wieder.
Die Fragen stellte Dirk F. Schneider
Ricardo Christof Remmert-Fontes ist Sprecher der AG Vorratsdatenspeicherung.
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