Skandale in der bayerischen Provinz

Mir san mir Die Demokratie in Bayern, jetzt poassts oamal auf, ihr Nordlichter, auch wenn`s ohne Bayern-Abitur schwer fällt, manche Texte zu lesen, in denen ...

Die Demokratie in Bayern, jetzt poassts oamal auf, ihr Nordlichter, auch wenn`s ohne Bayern-Abitur schwer fällt, manche Texte zu lesen, in denen ganze Sätze vorkommen - die Demokratie jedenfalls hat in Bayern eine pfundige Vergangenheit. Die bayerische Verfassung gilt als demokratiefreundlichste der Bundesrepublik. Und die Pisa-E-Studie beweist, was eh schon jeder wusste, dass bayerische Buben und Mädchen zwoa und zwoa z`ammazählen können.

Leider ergibt zwoa und zwoa nicht immer fünfzig Prozent, und die braucht man, wenn man in Bayern ein Amt haben möchte, oder zumindest, wenn man in der CSU etwas gelten will. In Dachau hatten sich zwei CSU-Stadträte etwas Bezauberndes ausgedacht, um die Stimmenmehrheit zu erhalten. Dachau, ein wirklich attraktives Städtchen, bemüht sich seit Jahren um positive Schlagzeilen.

Die zwei Politiker hatten bei der letzten Kommunalwahl fleißig Wahlscheine eingesammelt. Sie vollstreckten den Willen derer, die sonst womöglich gar nicht gewählt hätten. Mit 73 Stimmen Vorsprung setzte sich der CSU-Kandidat als Stadtoberhaupt durch. Einem Freund soll der ehemalige CSU-Stadtrat Aechtner gesteckt haben, schon bei vier Kommunalwahlen sei er erfolgreich so vorgegangen.

Doch den Dachauer Gschaftlhubern war eine Positivschlagzeile nicht vergönnt, stattdessen Untersuchungshaft: "Wahlfälschung" wurde unterstellt, nur weil ein paar Leute ihr CSU-Kreuz nicht eigenhändig gemacht hatten und ein paar hundert Wahlzettel verschwanden. Selbst die vorgesetzte Regierung von Oberbayern, vermutlich von Zugroasten durchsetzt, annullierte schließlich die Wahlen.

Dabei ist die Idee pfiffig in den Zeiten, in denen eine sinkende Wahlbeteiligung immer mehr Politiker dazu treibt, Fallschirm zu springen. Hand aufs Herz: Wer von uns würde nicht einem seriösen Politiker bei passender Gelegenheit seinen Wahlschein anvertrauen? Man muss ihm ja nicht gleich 100.000 Mark in die Hand drücken, so wie das ein Unternehmer am Starnberger See mit dem CSU-Landtagsabgeordneten Klaus Gröber gemacht hat. Leider hatte Gröber, der sich für einige Bauprojekte des Unternehmers begeistert hatte, es einige Jahre lang vergessen, den Betrag an die Partei weiterzugeben. Kann passieren. Die CSU habe mit diesem Schlamassel im übrigen garr nichts zu tun, versichert ihr Generalsekretär Thomas Goppel.

Nur manchmal, beim Blick in die Berge, kommt ein unbehagliches Gefühl auf: Was, wenn Bayern gar nicht so schwarz ist, wie man immer dachte? Wenn die 80-Prozent-Ergebnisse in Niederbayern nur deshalb so hoch ausfallen, weil eifrige Wahlhelfer die Zettel eingesammelt haben? Was, wenn ganz Bayern in Wirklichkeit so liberal wäre, wie es "die schönste Stadt Deutschlands" (Frank Steffel über München) ist? Amigomio! Ach, Schmarrn - dass die CSU lange, lange brauchte, um die Skandale aufzuklären und die Konsequenzen zu ziehen, das belegt dieses unverwechselbar Bayerische: Mir san mir.

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