So werde ich Elite

Führungskräfte Sie arbeitet mehr als 24,5 Stunden täglich, vor Erschöpfung verlässt sie die Firma nie anders als auf den Brustwarzen, sie bringt unser Land nach ...

Sie arbeitet mehr als 24,5 Stunden täglich, vor Erschöpfung verlässt sie die Firma nie anders als auf den Brustwarzen, sie bringt unser Land nach vorn, sie mehrt ihren Wohlstand: die Führungskraft (deutsch: der Manager). Sollte er wirklich einmal schlafen, träumt der Manager ausschließlich von der Arbeit. Der Manager ist ein Macher-Typ. Mit Umsicht und Engagement macht er die Entlassungspapiere für seine Angestellten fertig oder seine Angestellten. Oder er macht Pleite.

Meistens so zwischen 10 und 12 Uhr fälscht der Manager Bilanzen, nach dem Mittagessen werden Krise und Rezession angekurbelt, gegen Abend die Anleger um ihre Rücklagen fürs Alter gebracht.

Eine gute Führungskraft setzt auf Fortschritt und Innovation. Noch heute erinnert man sich bei VW mit Stolz und Genugtuung an das Jahr 1951, als die Cabrios serienmäßig einen Deckel für das Handschuhfach erhielten. 1960 löste gar der Blinker den Winker ab. So kommt ausländisches Geld ins Land!

Seine praktisch nicht vorhandene Freizeit verbringt der Manager in Talk-Shows, wo er schlecht gelaunt die Abschaffung aller Steuern fordert (jedenfalls für Großkonzerne). Ohne Steuern kann der Manager nämlich viel mehr investieren, zum Beispiel in Firmen wie Gucci, Chopard oder Beate Uhse. Gern beklagt sich die deutsche Führungskraft in der Öffentlichkeit über Mittelmaß und Fachkräftemangel.

Während des praktisch nicht vorhandenen Urlaubes oder wenn er Überstunden absetzt, schreibt der Manager Konzepte zur Halbierung der Kosten der Arbeitslosigkeit. Im Gegensatz zu Marx will er das Geld lediglich für die Armen abschaffen. Die sollen statt Geld nur noch Essenmarken für die Galeeren-Kantine erhalten. Oft rufen Manager nach Reformen beziehungsweise nach Auflösung des Reformstaus.

Natürlich kann nicht jeder Blödmann Manager werden. Oder sind Sie vielleicht Manager? Na bitte, ich auch nicht. Ein paar Voraussetzungen braucht es schon: grüne Augen, seidiges Fell, ausgeprägte Pranken, scharfe Krallen. Unabdingbar sind außerdem eine gepanzerte S-Klasse, eine zweifelhafte Herkunft (80 Prozent aller Führungskräfte kommen aus dem gehobenen Bürgertum) sowie eine gesunde Kurzsichtigkeit (Leo Kirch).

Eine angehende Führungspersönlichkeit sollte möglichst in Amerika studiert haben, möglichst was mit Wirtschaft, vielleicht Schiffbau oder Schiffbruch, so in der Richtung. Zusätzliche Zertifikate werden wärmstens begrüßt, oder wenn jemand während des Studiums Vize-Meister im Tennis geworden ist. Von allzu viel Fachwissen raten die Experten ab. Wichtiger ist die Persönlichkeit und ein hohes Selbstwertgefühl.

Kraftfahrzeugmechaniker Schrempp meint: Es sind selten die schlauesten Studenten, die am Ende in einer Firma nach oben kommen. Am Ende ist gut. Schrempp muss es wissen; kein anderer als er hat schließlich beim Fokker-Geschäft Milliarden verramscht. Gegen diesen Könner hätte der Erfinder des wasser-betriebenen Eintaktmotors bei DaimlerCrysler wahrscheinlich Null Chance gehabt.

Eine Führungskraft soll flexibel sein und international arbeiten können. Nie soll sie sich auf ein bestimmtes Billiglohnland festlegen. Die soziale Komponente des Managers stellt sicher, dass es auch im Ausland streng nach Recht und Reichskolonialgesetz geht.

Zum Erfolgsfaktor bei Führungskräften werden in letzter Zeit immer mehr die menschlichen Qualitäten. Wo diese sich mit traditionellen Tugenden wie Habgier, Größenwahn und Mordlust paaren, ist die ideale Besetzung für einen Führungsposten gefunden. Examensnoten halten die Personalchefs großer Konzerne dagegen für nicht so wichtig. 48 Prozent der Führungskräfte haben in der Schule angeblich geschwänzt, 27 Prozent gemogelt, 15 Prozent sind sitzen geblieben. Wer weiß, vielleicht hätte ich doch das Zeug zur Führungskraft.

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