Solange das Geld in Strömen fließt

Fifa Die Welt wird zunehmend oligarchisiert. König Fußball macht da keine Ausnahme
Ausgabe 20/2017
Gianni Infantino hat wie sein Vorgänger Blatter vor allem eines im Blick: Geld
Gianni Infantino hat wie sein Vorgänger Blatter vor allem eines im Blick: Geld

Foto: Valeriano Di Domenico/Getty Images

Seit 2006 gibt es für die Fußballfans in Deutschland einen kalendarischen Stimmungswechsel. Er findet immer Ende Mai statt, wenn der Bundesliga-Alltag sich zum Pokalfinale aufschwingt. Was danach kommt, wird im Idealfall zu einem Sommermärchen.

Nun gut, in diesem Jahr reicht es gerade einmal zu einem Confed Cup. Das ist ein völlig unnötiges Turnier zwischendurch, das in den 1990er Jahren unter saudi-arabischer Schirmherrschaft als Interkontinental-Meisterschaft begann – und mit dem die FIFA in den 2000er Jahren ihre Expansionsstrategie vorantrieb. Der Übergang vom Liga-Alltag zu den „Sommermärchen“ bedeutet auch, dass der Fußball für eine Weile den nationalen Verbänden und der Dachorganisation FIFA gehört.

Dieser vorgeblich gemeinnützige Verein mit 211 Mitgliedern hat gerade wieder einmal demonstriert, dass sich an seinem dubiosen Gebaren nichts geändert hat. Im Handstreich hat Präsident Gianni Infantino den Austausch der beiden Vorsitzenden der internen Ethikkommission organisiert. Das kann man in etwa mit der Entscheidung von Donald Trump vergleichen, den FBI-Chef zu feuern. Die Ethikkommission ist dafür zuständig, dass die vielen Funktionäre der FIFA sich nicht über die ohnehin beträchtlichen Apanagen hinaus bereichern. Gelegenheit dazu gibt es zur Genüge in einer Organisation, die mit ihren Turnieren und deren Übertragungsrechten eines der begehrtesten Güter der Welt verwaltet.

Als weltweit tätiger Verband kommt die FIFA um die geopolitischen Realitäten nicht herum. Der Confed Cup 2017 und die WM 2018 finden in Russland statt – einem Land, in dem Korruption endemisch ist. Die Ethikkommission hat die Vergabe der Turniere an Russland untersucht, leider waren zum entsprechenden Zeitpunkt die relevanten Computer schon „zerstört“, sodass es aus Mangel an wesentlichen Informationen zu keinem aussagekräftigen Ergebnis kam. 2022 findet die WM dann in Katar statt, einem Emirat, das bei der Finanzierung des fundamentalistischen Islam ein bedeutendes Drehkreuz ist.

Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Oligarchisierung der Welt wäre es umso wichtiger, dass die FIFA sich ernsthaft um Good Governance bemüht. Das Gegenteil ist der Fall, wie die aktuellen Entscheidungen zeigen. Unter dem Vorwand einer stärkeren Beteiligung der nationalen Verbände, auch der vielen kleinen, baut Infantino die Machtkonzentration, die sein Vorgänger Blatter in die Wege geleitet hat, noch aus. Er macht den Verband zu einer Organisation, die zwischen Diktatoren und Demokraten keinen Unterschied macht, solang nur das Geld in Strömen fließt.

Der DFB hat sich wieder einmal zum Büttel dieser Politik gemacht. Und in der Schweiz, wo die FIFA ihren Sitz hat und es Bemühungen gibt, ihr über die Rechtsform beizukommen, blockiert die rechtsnationalistische SVP alle Bemühungen, den Status des Weltverbands so zu verändern, dass er sich der internationalen Jurisdiktion nicht vollständig entziehen kann.

Wenn Deutschland demnächst gespannt darauf schaut, wen Jogi Löw zum Confed Cup entsendet, sind es aber häufig auch dieselben Fans, die hierzulande einen Dietmar Hopp auf das Übelste verunglimpfen, die dann inbrünstig auf Fortsetzungen der Sommermärchen von 2006 und 2014 drängen. Dass dies unter Rahmenbedingungen stattfindet, die dem Fußball eine lukrative Alibifunktion für Bad Governance zuweisen und ihn auf diese Weise grundsätzlich korrumpieren – das ist die Politik der FIFA.

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