Wann hat der Feminismus je etwas für Männer getan? Als Mann, der sich zu feministischen Überzeugungen und Zielen bekennt, wird mir diese Frage recht häufig gestellt. Umso mehr, da ich ein unverheirateter Vierfachvater bin. Das heißt, dass ich in puncto Sorgerecht bei jedem meiner Kinder auf den guten Willen meiner Partnerin angewiesen bin. Oder um es präziser zu formulieren: auf ihre Gnade. Selbst wenn sich bei Kind zwei bis vier eine gewisse routinierte Entspanntheit eingestellt hat und Männer seit 2013 auch ohne die Zustimmung der Mutter die Mitsorge beim Familiengericht beantragen können, täuscht das nicht über den Kern der Sache hinweg. Und der besteht nun einmal darin, dass meiner Partnerin in meinem Beisein auf dem Amt geraten wurde, sich doch sehr gründlich zu überlegen, ob sie tatsächlich auf ihr volles Sorgerecht verzichten wolle.
„Möchten Sie das wirklich mit DEM da teilen?“, hat die resolute Beamtin wörtlich meine Lebenskomplizin gefragt – und mich dabei keines Blickes gewürdigt.
In diesem Moment hat Feminismus etwas für mich als Mann getan: Ich hatte die Wahl, mich in meiner Rolle als Vater herausgefordert, ignoriert und herabgewürdigt zu sehen. Die entsprechende Empörung und die Wut jedenfalls, die hatte ich in Sekundenbruchteilen parat. Oder mich zu fragen, warum eine Beamtin mit mehrjähriger Berufserfahrung in diesem sensiblen Bereich auf diese Art und Weise reagiert. Womöglich hat sie einen geschulteren, klareren Blick auf die Realität als man selbst?
In dieser Realität sind über 90 Prozent der Alleinerziehenden Frauen, von denen nur die wenigsten ihren Ex-Partnern die Kinder vorsätzlich vorenthalten. Stattdessen kämpfen viele Mütter völlig gestresst und chronisch unterfinanziert damit, die emotionalen und organisatorischen Tretminen zu entschärfen, die ihnen in den Weg gelegt werden. Von der Gesellschaft, der Politik und eben von den Trennungsvätern. Die wiederum gegebenenfalls auf ihr Sorgerecht pochen können, es aber mit der Verantwortung nicht so genau nehmen. Die weniger mit Erziehungsarbeit zu tun haben wollen als vielmehr damit, in den Genuss von erzogenen Kindern zu kommen. Wenn überhaupt.
Ich habe die Wahl. Ich kann mich über die unfaire Vorannahme der Beamtin aufregen oder mir die dramatische Schieflage vergegenwärtigen, auf deren Basis sie ihre Einschätzung vornimmt. Oder beides. Denn beides ist Teil der Realität.
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