In solchen Situationen können Fußballreporter legendär werden: Beim Vorrundenspiel des Afrika-Cups in Ghana zwischen Mali und Benin fiel kurz vor dem Anpfiff das Flutlicht aus, für zwölf Minuten. Das ist eine Menge Zeit für einen Reporter, er könnte, losgelöst vom Übertragungszwang, seinen Fußballsachverstand unterhaltsam präsentieren. Eurosport-Livereporter Oliver Faßnacht ließ diese Chance ungenutzt. Drei Minuten lang fütterte er die Fernsehzuschauer mit zwar kompetenten, aber im Grunde langweiligen Allerweltsfußballinfos über die Spieler und Trainer der beiden Teams, die da unten etwas verloren auf dem dunklen Rasen standen. Dann sagte der Reporter nur noch eines. "Das ist ja hier schließlich keine Kult
ultursendung, sondern eine Sportsendung", und der Sender schaltete aus Sekondi zurück in die Sendezentrale nach Paris. Was folgte war Werbung.Vertan war die Möglichkeit, etwas mehr über Fußball in Afrika zu erfahren. Immerhin schauen täglich mehr als zwei Millionen Menschen in Deutschland zu. Und da erwartet man zum Beispiel Informationen über die Rolle des Fußballs als Hoffnungsträger für die vielen jungen afrikanischen Spieler, die von Ruhm und Reichtum bei einem europäischen Spitzenklub träumen. Oder etwas über die Rolle des Sports für die von Korruption, Krieg und Hunger verschlissenen Nationen wie Sudan oder die Elfenbeinküste, die so stark wie nie zuvor auf die einigende Wirkung fußballerischer Erfolge ihrer Landesauswahlen bauen. Aber, wie der Reporter schon sagte, was Eurosport bei diesem Afrika-Cup aus Ghana vom 20. Januar an und noch bis zum 10. Februar überträgt, ist keine Kultursendung. Das kann auch ein Mangel sein.Dabei ist Eurosport nicht irgendein Klitschensender, sondern das erfolgreichste Spartenprogramm Europas und das einzige Sportvollprogramm in Deutschland. Eurosport erreicht in 20 Sprachversionen (von Englisch bis Serbisch) nicht weniger als 110 Millionen Haushalte in 59 Ländern. Eigner des 1989 gegründeten Sportspartensenders ist die französische Privatfernsehgruppe TF1. Sie beschäftigt 650 fest angestellte und über 500 freie Mitarbeiter. Dennoch ist die Eurosport-Gruppe, die mittlerweile auch auf dem Gebiet der Sportrechtevermarktung europaweit aktiv ist, nie als eine Art Trendsetter in der Sportberichterstattung aufgefallen. Leider auch nicht beim Afrika-Cup.Seit dem Jahr 2000 überträgt der Sender die dreiwöchige Kontinentalmeisterschaft, an der 16 Mannschaften teilnehmen, mit immer höherem Aufwand, immer mehr Live-Berichterstattung - und mit immer höheren Quoten. Kein Wunder, der Afrika-Cup ist nach der Fußball-WM das mittlerweile zweitgrößte weltweit beachtete Fußballturnier. Es hat den Ruf eines höchst chaotischen Feld-Wald-und-Wiesen-Turniers mit einem Schuss Folklore längst abgelegt. Der afrikanische Kontinentalverband vermarktet den Cup sehr professionell, auch gerade gegenüber den europäischen Anstalten. Weltstars wie Samuel Eto´o, Didier Drogba oder Michael Essien erzielen globale Aufmerksamkeit. Eurosport hat auf den Popularitätsschub reagiert und seine Berichterstattung kontinuierlich ausgebaut. In diesem Jahr überträgt der Sender alle 32 Spiele live, oder bei Zeitgleichheit, versetzt. Nach Ghana reiste Eurosport mit zwei eigenen Kamerateams. Eines davon begleitet exklusiv das Team der favorisierten Elfenbeinküste. So gibt es Bilder der Ivorer beim Training, bei den Besprechungen, beim Essen im Hotel oder beim Einstimmungstanz in der Kabine. Das ist dann im Eurosport-Magazin Inside Afrika zu sehen, 20 Minuten lang zwischen den Live-Übertragungen. Die gezeigten Eintellungen aus dem Umfeld des Teams der Elfenbeinküste sind schön und fremd, kurzweilig und für die eurozentristischen Fußballfans sehr interessant. Doch bei immerhin 130 Sendestunden, die der Sender überträgt, ist ein Magazin etwas dürftig.Über die Reporter gibt es nicht viel zu meckern. Sie sind allesamt gut informiert. Sie haben anständig recherchiert. Sie kennen sogar sämtliche Spitznamen der afrikanischen Mannschaften aus dem Tierreich (Eichhörnchen, Superadler und noch einige mehr). Aber es fehlt das, was die öffentlich-rechtlichen Sender "Land und Leute" nennen. Diese oft angenehme und kompetente, mitunter auch sehr lustige Hintergrundberichterstattung.Fußball in Afrika böte gerade für Eurosport eine Chance, sich bei den europäischen Fans diese Kompetenz zu erwerben. Stattdessen flimmert immer öfter ein flotter Sportschuh-Werbespot von der Sportmarke Puma über den Sender. Puma ist beim Afrika-Cup europaweiter Sponsor für Eurosport. Das deutsche Unternehmen stattet neun der 16 Endrunden-Teilnehmer der Meisterschaft aus und konzentriert sich bereits seit einigen Jahren stark auf die Teams aus Afrika. So wie der Sender Eurosport, dessen Übertragungsrechte an dem Afrika-Cup allerdings in diesem Jahr auslaufen. Hoffentlich nicht für immer. Denn wenn Eurosport auch keine Kultursendungen macht, seine Sportsendungen sind sehenswert.