„Die Bibel also“ kommentiert der Verkäufer an der Tankstelle, als ich das Sonderheft des kicker Sportmagazins auf den Tresen lege. Der kicker ist das älteste deutsche Fußballmagazin, es erschien erstmals 1920. Seit Gründung der Bundesliga vor 46 Jahren gibt es zum Saisonstart die kicker Sonderausgabe. Wer alle zu Hause, womöglich sogar im schlichten „Sammelschuber für kicker Sonderhefte“ archiviert hat, kann quasi den Brockhaus der Bundesliga sein eigen nennen. Jeder Club, vom Spieler zum Torwart über den Trainer bis hin zum Zeugwart, wird detailliert aufgedröselt, jeweils obligatorisch illustriert vom Mannschaftsfoto. Neben einem soliden Redaktionsteil setzt der kicker auch auf die Erfahrung der Fußballprominenz.
So gibt Ottmar Hitzfeld im „kicker-Kolumnisten-Kreis“ seine Expertise ab, sagt, ob Felix Magath mit Schalke reüssieren wird (1) oder Armin Veh das Wolfsburger Niveau halten kann (2) oder die Bayern es mit van Gaal schaffen werden, an gewohnte Erfolge anzuknüpfen (3). Der kicker kann und will auch auf Fredi Bobic nicht verzichten. Wie Uli Stielike und Rudi Völler gehört er zum inneren Zirkel der Experten. Und was wäre der kicker ohne seine legendäre Stecktabelle: „Die vorgestanzten Vereinsembleme langsam heraustrennen. Die Steckschlitze mit feinem Messer öffnen.“ Aber das braucht man eigentlich keinem Fan mehr zu sagen. (Sportmagazin kicker, 5,50 Euro)
Sport Bild Sonderheft
Für 4,90 Euro gibt es das Sport Bild Sonderheft. Als einziges der drei Blätter zeigt Sport Bild nicht die Meisterschale sondern drei prominente Köpfe: Grafite, Gomez und Manuel Neuer. Unnötig groß aufgemacht wird „Matthäus gegen die Stars“. Hier geht Lothar offensiv ran und gibt Prognosen für die Saison, Profis wie Philipp Lahm, Arne Friedrich und Kevin Kuranyi halten bieder dagegen. Und es stimmt: Lothar Matthäus sieht unserem amtierenden Finanzminister auf frappierende Weise ähnlich. Weiter hinten gibt Otto Waalkes ein unkomisches Interview und Reiner Calmund liefert eine hitzfeldartige Kolumne ab.
Sport Bild stellt die gleichen Fragen wie der kicker – siehe oben unter 1), 2), 3) – sowie:
- was wird aus Stuttgart ohne Gomez?
- was aus Hamburg mit Labbadia?
- Poldi in Köln?
- Hoffenheim?
All das wird so oder in ähnlicher Form die Tageszeitungen rauf und runter gefragt und den Sportteil füllen bis zum Anpfiff, allein, den Fan stört das nicht, die Wiederholung ist sein Element. Das Beste am Heft, allerdings nur für Buchhalter: das Riesenposter zum Selbst eintragen aller Spielergebnisse.
11 Freunde Bundesliga-Sonderheft
Dass es auch anders geht, zeigt 11 Freunde, das Magazin für Fussballkultur. Seit 2002 holt 11 Freunde den Fussball zurück ins Feuilleton. Die Reportagen sind auf hohem fachlichen Niveau und kommen gleichzeitig spielerisch daher. 11 Freunde bietet dem Leser Themen abseits der erwartbaren Berichterstattung. Während allerorten politisch korrekt über den Transferwahnsinn räsoniert wird, bietet 11 Freunde eine Hintergrundreportage über den Spielerberater Konstantin „Kon“ Schramm.
Meist werden die klassischen Elemente auf den Kopf gestellt und ironisch verdreht. Wo Bild und kicker in der Tradition bleiben, bringt 11 Freunde eine lustige Fotodokumentation über den Niedergang des Mannschaftsfotos oder würdigt die Bundesligaspieler, die seit 1963 verstorben sind und zwar vor allem die „prägnanten Randfiguren, die ‚Fußsoldaten’ der Branche sozusagen“. Viele mögen ja das Gimmick "Bei der Geburt getrennt" am liebsten, ich favorisiere die Kolumne „Standardsituation von Günther Hetzer“. 11 Freunde ist allen voraus und präsentiert deshalb schon jetzt die Abschlusstabelle 2009/2010. Kaum zu glauben: Schalke wird Meister. (11 Freunde Sonderausgabe, 4,90)
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