Obwohl du dich so schwer von der Vergangenheit trennst,
vergisst du rasch, wie jede schöne Frau.
Doch trägst du keine Schuld, ist dein Gedächtnis lückenhaft,
vielmehr ist’s unsere Zeit, die sich ans Gestern kaum erinnert
und auch vom Morgen nichts erhofft.
Woher stammt er, dein großer Zorn?
Ist’s immer noch die Rache gegen den Stier, der dich einst entführte?
Haben weder die Diamanten noch das schwarze Gold Afrikas
dein offenes, leuchtendes Gesicht versöhnt?
Von welchen Schuldgefühlen versuchst du dich freizukaufen?
Merke dir: Schluss mit Eitelkeit und Hochmut.
Überall sind Kameras. Sie haben dich im Visier.
Erinnerst du dich an Hekabe? In Ketten schleifte man sie davon,
obwohl sie Hektors Mutter war.
Noch hast du Zeit.
Wisch dir die Träne fort, meine Schöne, und steh auf.
Jeder verzeiht gern einer Königin
Denn dadurch fühlt er sich geadelt.
Sotos Stavrakis, geboren 1973, ist ein griechischsprachiger Lyriker zypriotischer Herkunft. Der ausgebildete Schauspieler hat ein Theaterregiestudium in London absolviert. Sein erster Gedichtband
Anaporeia erschien 2003. Das Gedicht ist Teil eines Kettengedichts für das Berliner Poesiefestival. Übersetzung: Michaela Prinzinger
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