Streetview revisited

Kartografie Microsoft macht es Google nach und fotografiert in Deutschland Häuser ab. Seltsamerweise regt sich über "Streetside" kaum einer auf. Ende September läuft die Einspruchsfrist ab

Nach "Google Street View" kommt nun "Microsoft Streetside". Seit Monaten fahren Autos mit Kameramasten auf dem Dach durch die Straßen und fotografieren für den amerikanischen Softwarekonzern sämtliche Häuser ab. Doch während „Google Street View“ vergangenes Jahr Proteste anstachelte, kümmert sich um das Microsoft-Projekt bisher kaum jemand. Datenschützer mutmaßen, das liege an mangelndem Interesse der Bürger, die sich am Google-Projekt abreagiert hätten und müde geworden seien. Fragt man dazu einzelne Bürger nach ihrer Meinung, ergibt sich ein anderes Bild: Es weiß kaum jemand Bescheid, und wer nichts weiß, kann auch nicht reagieren. Es gibt demnach ein gravierendes Informationsdefizit.

Das Verfahren ist nicht unumstritten. Wenn öffentliche Gebäude abfotografiert und ins Netz gestellt werden, mag das hinnehmbar sein. Ob das Gleiche mit privaten Wohngebäuden ohne Weiteres geschehen darf, ist sehr fraglich. Es gibt viele Gründe, die dagegen sprechen, nicht nur rechtliche. Hinzu kommt der Aspekt, dass von einer US-Firma ein ganzes Land sozusagen fotografisch erfasst wird. Im Gespräch war vor einiger Zeit, dass die Bundesregierung dazu gesetzlich reagieren würde, was jedoch bisher nicht geschehen ist.

Der Bürger wird darauf verwiesen, dass er Widerspruch einlegen kann. Aber wenn jemand etwas von einem Bürger will, muss er sich – jedenfalls nach europäischer Rechtsauffassung – dessen Genehmigung einholen. Die ganze Sache ist also äußerst fragwürdig.

Bei "Google Street View" haben mehr als 244.000 Bürger Widerspruch gegen die Abbildung ihrer Immobilie im Internet eingelegt. Bei Microsoft sind es bislang lediglich etwa 40.000. Die Widerspruchsfrist läuft noch bis Ende September. Microsoft wird gegebenenfalls die entsprechenden Fassaden vor der Einstellung ins Internet unkenntlich machen. Nach Fristablauf sind Widersprüche zwar auch noch möglich, aber erst, nachdem die Straßenansichten im Netz stehen. Wer das nicht wünscht, muss sich also beeilen.



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