Was Haushalte für Ernährung, Kleidung, Mobilität, Wohnen und sonstigen Konsum ausgeben, schlägt sich in der CO2-Bilanz nieder. Im Unterschied zu den zahlreichen Studien, die sich mit „symbolischem“ Umweltverhalten (Papier-Recycling, Licht ausschalten usw.) befassen, ist die CO2-Bilanz eine viel aussagekräftigere Größe über das Ergebnis verantwortlichen Umwelthandelns. Dieser Karbon-Fußabdruck ist höchst ungleich verteilt. Wie eine unserer Studien an der ETH Zürich mit Schweizer Daten – in Deutschland wird es nicht viel anders sein – zeigt, sind die Pro-Kopf CO2-Emissionen des oberen Zehntels sechs Mal höher als der Fußabdruck „grüner“, CO2-sparsamer Haushalte des unteren Zehntels der Emissionsverteilung. Gleichzeitig wächst der „Fußabdruck“ mit dem Einkommen. Aber es besteht auch innerhalb jeder Einkommenskategorie erheblicher Spielraum, die Euros auf dem Gehaltszettel mehr oder minder klimaverträglich umzusetzen. Was folgt daraus?
Das Klimaschutzgesetz noch der alten Bundesregierung verlangt Klimaneutralität bis 2045 und eine Reduktion der Treibhausgase um mindestens 65 Prozent bis 2030 im Vergleich zu 1990. Man muss sich einmal die Größe der Aufgabe vorstellen: In drei Jahrzehnten seit 1990 wurden die CO2-Emissionen um etwa 40 Prozent gesenkt, auch dank des Niedergangs der DDR-Industrie. Geerntet wurden auch die niedrig hängenden Früchte! Nun hat man weniger als ein Jahrzehnt, um von heute ausgehend weitere 40 Prozent zu reduzieren. Das ist nur zu erreichen, wenn die Verbraucherpreise für alle Produkte und Dienstleistungen, die auf fossiler Energie basieren, steil ansteigen und „grüner“ Strom relativ günstig zu beziehen sein wird. Die EEG-Abgabe aus dem Bundeshaushalt zu finanzieren ist nur ein bescheidener Anfang. Haushalte, die bislang einen hohen Karbon-Fußabdruck hatten, werden einen starken Anreiz haben, Mobilität und Wohnen – Bereiche, in denen bislang kein CO2-Rückgang zu verbuchen war – zu „elektrifizieren“.
Das sind gute Nachrichten für Tesla-Fahrer. Entlastung bei Stromtarifen kommt, absolut gerechnet, Vielverbrauchern entgegen. Klimapolitik ist auch Verteilungspolitik. Sie wird zunächst einmal für diejenigen teuer, die sich die Umstellung auf grüne Technologien, von der Geothermie bis zum E-Auto, nicht so einfach leisten können. Wer über die Mittel für die Investitionen zur „Elektrifizierung“ nicht verfügt, hat das Nachsehen. Klimapolitik darf aber, das zeigen auch Studien über die Akzeptanz von Maßnahmen, nicht durch Umverteilung von unten nach oben finanziert werden.
Klimapolitik ist Verteilungspolitik
„Fridays for Future“ hat die Politik aufgeweckt. Je mehr Belastungen aber jetzt auf die kleinen Einkommen zukommen, desto mehr Wut wird sich gegen die Klimapolitik richten, sekundiert von Boulevardmedien und ‚social media‘. Man muss nicht Hellseher sein, um zu prognostizieren, dass mit der Abschwächung der Corona-Pandemie ein neues Protestpotential gegen die Klimapolitik heranwachsen wird. Die Protestforschung weiß, dass Unzufriedenheit allein noch keine Proteste hervorbringt. Sonst würden die am stärksten Benachteiligten, z.B. Obdachlose oder Langzeitarbeitslose, am heftigsten protestieren. Erst wenn „politische Unternehmer“ auf den Plan treten, die über Netzwerke, Kommunikationsmittel und Ressourcen verfügen, kann ein Protestpotential dauerhaft mobilisiert werden. Wer die „politischen Unternehmer“ sind, weiß man von Corona-Protesten und Montagsspaziergängen.
Nur mit Wohlfühlmaßnahmen wird es nicht gehen
Das Umweltbewusstsein ist in Deutschland stark ausgeprägt, wie die regelmäßig durchgeführte Studie des Umweltbundesamts „Umweltbewusstsein in Deutschland“ erneut berichtet. Das ist im Prinzip eine gute Voraussetzung für die Akzeptanz von Klimapolitik. Nur ist das erfragte Umweltbewusstsein sehr allgemein und abstrakt und hört rasch auf, wenn das eigene Portemonnaie betroffen ist. Aufhorchen lässt die Ariadne-Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung über Umsteuern im Verkehr. Die Studie ermittelt zunächst die von Expertinnen und Experten als effektiv eingestuften Maßnahmen und berichtet sodann über die Einschätzung in der Bevölkerung. Die drei effektivsten Maßnahmen im Verkehr sind CO2-Flottengrenzwerte, Erhöhung des CO2-Preises auf Kraftstoffe und eine fahrleistungsabhängige Straßenmaut für alle Fahrzeuge. Die beiden zuletzt erwähnten Maßnahmen sind aber zugleich die unbeliebtesten in der Bevölkerung! Wirksam sind „pull“-Maßnahmen, in der Bevölkerung beliebt dagegen „push“-Maßnahmen wie „gebührenfreier ÖPNV“ oder „Ausbau der Fahrradinfrastruktur“. „Klimaschutz und Verkehr: Zielerreichung nur mit unbequemen Maßnahmen möglich“, lautet der Titel der Ariadne-Studie.
Es werden also einige Unbequemlichkeiten auf die Ampelkoalition zukommen, wenn sie, wie zu hoffen ist, an den Zielen der Klimapolitik festhält und bei stürmischem Gegenwind nicht einknickt. Legitimation für die Klimapolitik wird sie nur erhalten, wenn für genügend sozialen Ausgleich gesorgt ist und dies auch mit Geschick kommuniziert wird. Mehrere Studien zeigen, dass Klimapolitik besonders dann auf Akzeptanz stößt, wenn die Maßnahmen als fair gelten und verteilungspolitisch ausgewogen sind. Eine CO2-Steuer mit Rückverteilung, wie sie in der Schweiz für Brennstoffe eingeführt wurde, erfüllt alle diese Bedingungen. Sie hat eine klare Lenkungswirkung; dem Staat kann nicht vorgeworfen werden, dass er die Mittel für andere Zwecke einbehält, und vor allem wirkt die Rückverteilung pro Kopf „progressiv“. Die Mehrheit der Bevölkerung würde sogar profitieren, da die meisten Menschen, insbesondere Geringverdiener, mehr zurückerhalten würden, als sie an zusätzlichen CO2-Steuern gezahlt haben. Besonders gut würden kinderreiche Familien abschneiden, da die Steuer pro Kopf zurückerstattet wird. Die Logik ist einfach: Wer etwas fürs Klima tut, wird belohnt! Hilfreich wäre überdies ein Ausgleich für Geringverdiener. Dafür könnte die bekanntlich wenig umweltfreundliche Pendlerpauschale herangezogen werden. Wichtig ist jedenfalls, die Akzeptanz der Klimapolitik zu erhöhen. Nur wenn es eine breite Unterstützung aus der Bevölkerung gibt, wird die Energiewende gelingen.
Kommentare 19
In der Tat. Wenns so weiter geht, wird wird "Klimaschützer" in Deutschland binnen weniger Monate ein übles Schimpfswort sein.
Die Corona-Pandemie hat eine weitere breite Schneise in die Mittelschicht geschlagen, die noch lange nicht sichtbar geworden ist Und der wird Klimaschutz mit Verlaub scheißegal sein, wenn sie keinen Job hat oder den Wochenendausflug zum Mountainbiken nicht mehr sinnvoll leisten kann.
Klugschwätzern, die faseln daß die Leute dann halt von zuhause aus radeln sollen, wird man da nicht zuhören sondern höchstens noch ein paar aufs Maul hauen. So einfach ist das.
Wer meint, Klimaschutz mit übertrieben ansteigenden Sprit- und Energiepreisen oder anderen spürbaren Einschränkungen für breite Bevölkerungsschichten durchsetzen zu müssen, wird am Ende schlicht gar keinen Klimaschutz kriegen, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.
Die Ökolinke sollte auch tunlichst ihre Überheblichkeit etwa gegen Gelbwesten, die Benzinpreis-Erhöhungen beklagen, ablegen.
ich frag mich an vielen stellen. ein beispiel müllvermeidung discounter versus unverpackt- eine frage des geldbeutels. mülltrennung nach gewicht. wie kann das alles möglich werden
Was für eine Schwurbelei. Z. B. "Die Mehrheit der Bevölkerung würde sogar profitieren, da die meisten Menschen, insbesondere Geringverdiener, mehr zurückerhalten würden, als sie an zusätzlichen CO2-Steuern gezahlt haben. Besonders gut würden kinderreiche Familien abschneiden, da die Steuer pro Kopf zurückerstattet wird. Die Logik ist einfach: Wer etwas fürs Klima tut, wird belohnt! Hilfreich wäre überdies ein Ausgleich für Geringverdiener."
Der Staat hat 2021 20 000 000 000 € aus der CO2 Besteuerung ohne jede Gegenleistung eingenommen und 2020 werden es 24 Milliarden sein. Er wird einen Sch... tun und davon wieder etwas rausrücken. Mich k... t das Thema nur noch an.
>>Wenns so weiter geht, wird wird "Klimaschützer" in Deutschland binnen weniger Monate ein übles Schimpfswort sein.<<
Ja, die Tendenz ist erkennbar. Aber was juckt das die Regierung? Sie ist für vier Jahre gewählt geniesst Narrenfreiheit bis 2025. Danach wird wieder das gleiche Übel in Schwarz weiter machen wie gehabt. Eine Gelbwestenbewegung wie in Frankreich ist hier auch nicht zu erwarten (oder wenn dann nur mit irrationalen Begründungen nach der Art „Freiheit für das arme unschuldige SUV!“).
Der Autor schreibt:
>>Haushalte, die bislang einen hohen Karbon-Fußabdruck hatten, werden einen starken Anreiz haben, Mobilität und Wohnen – Bereiche, in denen bislang kein CO2-Rückgang zu verbuchen war – zu „elektrifizieren“.
Das sind gute Nachrichten für Tesla-Fahrer. Entlastung bei Stromtarifen kommt, absolut gerechnet, Vielverbrauchern entgegen.<<
Das wirklich Gute für Tesla-Fahrer ist etwas anderes: Beim Autokauf streicht er eine Prämie von ca. 9.000 Euro ein. Nach einem halben Jahr kann er das Auto an den Händler, bei dem er es erworben hat. Dieser veräußert es teuerer ins Ausland, wo keine Prämien bezahlt werden. Beide machen mit diesem Deal ein Geschäft. Das Karussell dreht sich. - Als Gegenmittel will die Bundesregierung die Haltefrist auf ein Jahr verlängern - irgendwann.
Korrektur: Nach einem halben Jahr kann er das Auto an den Händler, bei dem er es erworben hat, wieder verkaufen.
"Das sind gute Nachrichten für Tesla-Fahrer. Entlastung bei Stromtarifen kommt, absolut gerechnet, Vielverbrauchern entgegen."
Also der Artikel hat ja recht. Man sollte aber blos nicht vergessen, dass auch die anderen, deutschen Automobilkonzerne hauptsächlich unbezahlbare Elektro-Panzer im Portfolio haben, nicht nur Tesla.
Weiterhin ist das ganze Zuschuss-System beim Kauf schon ungerecht und setzt falsche Anreize. Wer die dickste, teuerste Karre kauft, und das Geld eigentlich überhaupt nicht braucht, bekommt am Meisten vom Staat dazu.
Wer mit dem Kleinwagen zufrieden ist, bekommt am wenigsten. Wer hat, dem wird gegeben. Muss dieser 'Sozialstaat' sein, von dem alle immer reden.
Die fetten SUV-Elektro-Panzer dürfen dann auch noch umsonst z.B. in Düsseldorf Parken, sind ja Elektroautos. Dass die dann in der Stadt so viel Platz wegnehmen wie 2 Kleinwagen? interesiert keinen.
Das billigste, kleinste Elektroauto müsste am stärksten gefördert werden. Das Gegenteil passiert...welche Lobby und gekaufte Politik da wohl wieder dahinter steckt?!
Der CO2-Preis mag ja aus Marktsicht effizient sein, ist aber zu einigen Teilen Augenwischerei.
Zum einen müssen Alternstivrn hinreichend verfügbar sein. Das braucht Zeit.
Zum anderen hat der Artikel schön aufgezeigt, wer es sich leisten kann "grün" zu sein, bzw. bleibt es immer noch den persönlichen Vorlieben überlassen, den Footpront zu reduzieren.
Eine klare Regulierung auf Produktions/Angebotsseite ist immer effektiver und direkter. Aber das ist nicht modern, weil sich die Politik hier starken Lobbygruppen ausgesetzt sieht.
>>Wer mit dem Kleinwagen zufrieden ist, bekommt am wenigsten<<
Und wer mit öffentlichen Verkehrsmitteln fährt bekommt ausser regelmässigen Preiserhöhungen gar nichts.
Warum verfügen Porsche mit einem E-Kennzeichen über 4 Auspuffrohre?
Ganz einfach: Weil Hybrid-Fahrzeuge, die einen Mini-E-Motor an Bord haben, in diese Kategorie fallen.
Denn: Für die Zuteilung eines E-Kennzeichens verlangte der Gesetzgeber bisher eine Mindestreichweite im rein elektrischen Modus von 40 km bzw. weniger als 50 Gramm CO2 pro km gemäß WLTP-Testverfahren. Seit Beginn dieses Jahres gilt eine E-Laufleistung von 60 km. Sie wird ab dem 1.1.2025 auf 80 km angehoben.
Da hat man den Verdacht, der Finanzminister und Dauerporschefahrer hätte das Gesetz auf sich und seine Porsche-Freunde zugeschnitten. Aber das stimmt natürlich nicht, weil Gesetze vom Parlament verabschiedet werden.
Nicht nur in der Automobilindustrie gilt die Weisheit: "Wer gut schmiert, der gut fährt".
Mann, mal wieder typisch deutsche Bedenkenträgerei hier!E-Autos sind doch geil! Tesla to the moon!
Und hier, sogar Frittenfett hilft enorm mit, das Klima zu retten:
https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/treibstoff-aus-speisefett-resten-airlines-koennen-jetzt-mit-frittenfett-fliegen-a-f00296e1-633a-4ac7-b72a-23b1f5764966
:-)
>>Tesla to the moon!<<
Das Mondklima muss & kann nicht gerettet werden weil es dort keine Atmosphäre gibt: Da wächst eh nix.
>>...sogar Frittenfett hilft enorm mit, das Klima zu retten<<
Also: Jeden Tag mindestens dreimal Pommes frites futtern für fürs klimafreundliche Fliegen. Aber ohne Ketchup & Mayo, denn daraus kann man keinen Treibstoff gewinnen.
Ja, ich war da instinktiv schon immer Vorreiter mit dem Pommes-Verzehr. ;-)
"Tesla to the moon!" war mehr auf den Aktienkurs bezogen, so reden wir jungen FDP-Fans halt.
Ach so. Mir gefiel der Gedanke, wegen Problemen mit dem Erdklima irgendwo hinzufliegen wo es gar kein Klima gibt. Die finale Lösung sozusagen.
Ich danke den Kommentatoren fuer die vielfaeltigen Hinweise, es ist einfach nur noch zum in den Kopf schiessen. Oder mit dem E - SUV umgefahren zu werden. Wie sagte ich im Nebenblog? 2060 ist der Hase gelutscht.
Von DIESER Bundesregierung zu erwarten, daß sie um sozialen Ausgleich bemüht wäre, ist illussorisch. Die stecken doch Einnahmen die mit Klimaschutz begründet werden lieber in wahnsinnige Rüstung und allimentieren damit auch faschistenverherrlichende Regimes in Osteuropa. Es muss ja Onkel Joe gefallen. Die Lebensinteressen der hießigen Menschen werden den geopolitischen Zielen der USA geopfert.
"Und wer mit öffentlichen Verkehrsmitteln fährt bekommt ausser regelmässigen Preiserhöhungen gar nichts."
Das stimmt leider
...Hier in NRW ist gerade in der Pandemie ein "privater Betreiber" pleite gegangen...und die Leute die auf deren Regionalbahn Linien angewiesen waren....stehen am Bahnhof. Ersatz gibt es erstmal nicht....tja...der Markt regelt es halt nicht