Systemwechsel

linksbündig Karl Marx regiert in Thüringen!

Schon Immanuel Kant war der Meinung, dass die Deutschen etwas langsam im Kopf sind - "mit Verstand verbundenes Phlegma" zeichne ihren Nationalcharakter aus. Da erklärt der Ministerpräsident von Thüringen, morgen könne der Kommunismus ausbrechen, aber die Leute wollten ihn nicht - und er hat offenbar Recht damit!

Monatlich 800 Euro Bürgergeld könnte jeder bekommen, steuerfrei, ein Leben lang, ohne Anträge und Formulare, direkt aufs Konto. Das würde den deutschen Staatshaushalt um mehr als 100 Milliarden Euro entlasten. Deutschland wäre in 15 Jahren schuldenfrei, statt in 500, wie nach konventionellen Sparanstrengungen. Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) ließ es überprüfen. "Das Sozialbugdet liegt zurzeit - mit Rente, Krankenversicherung, Arbeitsförderung, Kindergeld, Pflege - bei rund 735 Milliarden Euro. Die Gesamtkosten des Bürgergeldes liegen nach unseren Berechnungen unter 600 Milliarden Euro." Zwei Sätze, die den ganzen Irrsinn des Sozialsystems beschreiben.

Ein Bürgergeld würde den sozialen Druck, der auf vielen Berufen lastet, in einem Maße vermindern, dass man tatsächlich versucht ist, von revolutionären Konsequenzen zu sprechen. Die Mehrzahl aller heutigen innenpolitischen Diskussionen wäre schlichtweg unnötig. Derzeit 138 verschiedene Sozialleistungen, die von 45 verschiedenen staatlichen Stellen verwaltet werden, könnten auf eine einzige reduziert werden, denn 200 Euro Gesundheitsprämie werden vom Bürgergeld abgezogen. Der Arbeitsmarkt hätte endlich diesen Namen verdient, man bietet freiwillig seine Arbeitskraft an. Lohnnebenkosten fallen weg, die staatliche organisierte Schattenwirtschaft der Alibi-Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit wäre überflüssig.

Dieter Althaus wirbt neuerdings für das Konzept des Bürgergeldes. "Auf das Solidarische Bürgergeld können sich alle Bürger verlassen. Es schafft ein System gegenseitigen Vertrauens, weil es jedem etwas zutraut." Niemand werde stigmatisiert, jeder wisse, sein Existenzminimum sei gesichert. Alle Bürger könnten ihre Mündigkeit ohne existenzielles Risiko nutzen. Sie entschieden, ob sie eine Stelle annehmen wollen oder nicht, wann sie "Rentner" sein wollen, ob sie sich selbstständig machen und welche Krankenversicherung sie abschließen. Nachrichten aus dem deutschen Schlaraffenland. In der Linkspartei/PDS gibt es eine Arbeitsgemeinschaft, die sich für ein ähnliches Konzept einsetzt, man spricht von 950 Euro Bürgergeld. Erstaunlich, dass die Partei die Chance nicht nutzt, sich hier stärker zu profilieren. Ihren Wählern sollte dieses Konzept doch zusagen. Karl Marx regiert in Thüringen, Genossen!

Geschenke bekommen und den Staat sanieren, warum wollen das die Deutschen nicht? "Für Systemwechsel gibt es in Deutschland allerdings derzeit noch keine politischen Mehrheiten, das dürfte zu Beginn auch für diese Idee gelten", meint Dieter Althaus. Der Geldsegen ist politisch nicht durchsetzbar? Das müsste man als Schelmengeschichte erzählen, um es zu verstehen. Oder wollen die Parteien auf die Drohgebärden nicht verzichten, die mit Sozialgesetzen immer möglich sind? Vielleicht hält die Angst vor dem Ausbruch einer allgemeinen Faulheit die Politiker davon ab, uns allen etwas Gutes zu tun? Oder fürchten sie die Lobgesänge, welche einige hunderttausend, zumeist um ihr Existenzminimum kämpfende Künstler ihnen entbieten würden?

Karl Marx meinte, dass sich die bürgerliche Gesellschaft durch die Sicherheit, die sie gewährt, nicht über ihren Egoismus erhebt. "Die Sicherheit ist vielmehr die Versicherung ihres Egoismus." Das Arbeits-Gen werden die Deutschen auch im Kommunismus noch haben. Fast alle besäßen gern mehr, als sie besitzen. Die Automatisierung hat inzwischen ein solches Niveau erreicht, dass auch Leute, die nur Luft-Werte wie die Relativitätstheorie schaffen, versorgt werden können. Der Schritt zum wirklich freien Bürger ist lediglich eine Verwaltungsaufgabe. Wenn Franz Kafka das gewusst hätte, hätte er den Prozess-Roman zu Ende geschrieben.

Dieter Althaus möchte kämpfen. Er darf sein Konzept bald in den höchsten CDU-Gremien vorstellen. Es geht seinen Gang. Vor der Staatspleite wird man auf dieses Sanierungskonzept noch zurückgreifen. Die meisten der heute lebenden Deutschen werden also noch erleben, dass die Verhältnisse sie zwingen werden, sicher versorgt zu leben. Wer die 800 Euro nicht haben will, kann ja spenden.

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