Unmittelbar nach der Rückzugsorder von Spaniens Premier Zapatero für die eigenen Verbände waren auch die Regierungen von Honduras und der Dominikanischen Republik entschlossen, ihre Soldaten aus dem Irak abzuziehen. Zusammen mit Truppen aus Nikaragua und El Salvador hatten sie die spanische Brigade im Südirak seit August 2003 unterstützt. Auf den Basen "Plus Ultra", "Tegucigalpa" und "Santo Domingo" waren die 1.200 Soldaten aus Mittelamerika und der Karibik für die Sicherheit im Umland der schiitischen Pilgerstadt al-Najaf zuständig.
Der anstehende Abgang eines Teils davon ist allerdings noch weniger, als es bei Spanien der Fall ist, einem Gesinnungswechsel geschuldet. Der honduranische Präsident Ricardo Maduro wollte denn auch keinen Zweifel lassen, dass seine Regierung weiterhin "zur Konsolidierung einer demokratischen Regierung im Irak beitragen" werde. Mit dem bisherigen Engagement habe man ganz "im Sinne der UN-Resolution 1483" gehandelt, Ähnliches war von Präsident Hipólito Mejías in Santo Domingo zu hören.
Mit der Entsendung von Truppen hatten sich Maduro und Mejías seinerzeit auf ein Agreement eingelassen, dem sie kaum größere Publizität wünschen dürften. Es war Anfang Juli 2003, als Spaniens inzwischen abgewählter Premier José Maria Aznar diversen Regierungen in Lateinamerika einen Teilerlass ihrer Schulden anbot, die sie gegenüber dem spanischen Staat hatten. Bedingung: Sie sollten die Besetzung des Irak militärisch unterstützen. Besiegelt wurde das Geschäft zum gegenseitigen Vorteil mutmaßlich am 8. Juli 2003 in San Salvador, wo Aznar mit Regierungsvertretern verschiedener Staaten aus der Region verhandelte. Einen Tag später flog er nach Washington, um schließlich am 11. Juli in Madrid zu verkünden, man werde spanische Einheiten in den Irak verlegen - zusammen mit 400 Soldaten aus El Salvador, 365 aus Honduras, 300 aus der Dominikanischen Republik und 115 aus Nikaragua.
Die Bush-Administration hatte das Tauschgeschäft Soldaten gegen Schulden von Anfang an eskortiert. Vor der erwähnten Aznar-Visite in San Salvador standen die Verhandlungen mit den betreffenden Staaten unter dem Patronat des spanischen Staatssekretärs im Verteidigungsministerium, Fernando Díez Moreno, dem ein leitender Mitarbeiter der Spanischen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit und Dov Zakhein, oberster Rechnungsprüfer im US-Verteidigungsministerium, sekundierten. Dabei ging es allein um Detailfragen der Finanzierung. Die Grundsatzentscheidung über die Beteiligung an der Besatzung war längst gefallen. Die spanische Tageszeitung El Periódico zitierte am 19. August 2003, dem Tag der Verlegung nach al-Najaf, einen nikaraguanischen Soldaten mit dem Satz: "Wir haben uns seit vier Monaten auf diesen Tag vorbereitet."
In einer "Gemeinsamen Erklärung von Tegucigalpa" reagierten mehrere Linksparteien Zentralamerikas auf diese Truppenstationierung: " ...kein Bürger ist stolz auf diese Entsendung, wenn uns im Gegenzug Schulden erlassen werden", hieß es da. Der frühere sandinistische Innenminister Nikaraguas, Tomás Borge, nannte die Entsendung "unmoralisch und antipatriotisch". In Nikaragua war der innere Druck gegen die mit Soldaten erkaufte Entschuldung erheblich. Auch deshalb erteilte die konservative Regierung unter Präsident Enrique Bolaños der Entsendung eines neuen Truppenkontingents über die vereinbarte sechsmonatige Stationierung hinaus Anfang des Jahres eine Absage. Die Verpflichtungen aus dem Schuldendeal seien schließlich erfüllt. Offiziell hieß es, man sehe sich aus finanziellen Gründen zu dieser Entscheidung genötigt, obgleich die Kosten der Stationierung bis dahin größtenteils von den USA getragen wurden.
Präzise Zahlen zum Tauschgeschäft "Truppen gegen Schulden" sind bis heute nicht veröffentlicht. El Periódico geht, bezogen auf Honduras, Nikaragua, El Salvador und die Dominikanische Republik, von einem Gesamtschuldenerlass zwischen "180 bis 240 Millionen Euro" aus - eine Summe, die hinter den ursprünglichen Versprechungen Aznars zurück bleibe. Insofern erscheint der Rückzug der honduranischen und dominikanischen Soldaten aus dem spanischen Sektor im Südirak wenig erstaunlich. Immerhin brach mit der neuen Regierung in Madrid auch der politische Beistand für dieses Engagement weg.
Es bleibt die Sorge, das makabre Beispiel des beschriebenen Tauschhandels könnte Schule machen. Joan Suara, Vorsitzender der katalanischen Grünen, spricht diese Befürchtung offen aus: "Grundsätzlich sind wir immer für einen Schuldenerlass". In diesem Fall aber handele es sich um "einen der ungerechtesten, weil er arme Staaten mit in den Krieg zieht". Kubas Präsident Fidel Castro hatte aus eben diesem Grund in seinem Glückwunschschreiben zu Zapateros Wahlsieg dessen Einsatz für einen sofortigen Abzug aller lateinamerikanischen Soldaten aus dem Zweistromland gefordert. Zapatero solle nicht vergessen, schrieb er, dass auf Druck Aznars mehr als tausend junge Männer aus kleinen und armen Ländern in den Irak geschickt wurden, "um dort unter spanischem Kommando als Kanonenfutter zu dienen". Für ihren möglichen Tod trage der spanische Staat die Verantwortung. Am 4. April trat dieser Fall ein - vier Soldaten aus El Salvador starben bei einem Mörserangriff auf ihren Stützpunkt bei al-Najaf. Die konservative Regierung in San Salvador hält bisher als einzige aus der Vierergruppe an der Stationierung fest.
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