The Sound of Friedrich

Vermarktung Der CDU-Chefanwärter Friedrich Merz hat ein neues Buch geschrieben – und es mit FDP-Chef Christian Lindner zusammen vorgestellt
Visionär Friedrich Merz
Visionär Friedrich Merz

Foto: Michael Kappeler/POOL/AFP via Getty Images

Der Mann von Bild ist auch schon da. Sitzt allein auf seinem roten Teppich. Rückt nochmal die Kamera gerade, damit man ihn gut sieht. Na, wer hat denn da sein Mikro nicht ausgemacht? Der Herr von der taz? Ah, jetzt hat er es. Petra kommt mit einem Klong ins Zoom-Meeting. Irgendwo klacksen Stöckelschuhe. Der Bild-Mann fragt: „Darf ich mal in die Runde fragen“, ist ja aber strenggenommen schon dabei, „müsste ich was hören oder ist noch nichts?“ Sei noch nichts, heißt es da von irgendwo. Friedrich Merz und Christian Lindner kämen 15 Minuten später.

10 Uhr 14, die beiden Herren sitzen am runden Tisch, Christo-Reichstags-Bild an der Wand. Bereit zum Bewerbungsgespräch. „Ungewöhnlich, dass ausgerechnet Sie, Herr Lindner, das Buch vorstellen“, sagt die Moderatorin, eine Brisanz erlächelnd, die es gar nicht gibt. „Immer offen, für einen sportiven Wettbewerb“, gurrt Lindner. Der Bild-Mann hat jetzt auch die Kamera ausgestellt. Natürlich schade, so ein Moment, wie beim New Yorker wäre doch witzig gewesen.

Herr Lindner hat Neue Zeit. Neue Verantwortung. Demokratie und Soziale Marktwirtschaft im 21. Jahrhundert an einem Abend gelesen, behauptet er. Ein authentisches Buch sei es, man höre den Sound von Merz. „Ein Buch, das man lesen muss, weil es vom Bewerber um höchste Ämter verfasst ist.“ Die Intention wertet also den Inhalt auf, nicht umgekehrt.

Der „Sound“ des Friedrich Merz klingt auf Seite 33 etwa so: „Ein Marathonlauf geht über 42,2 Kilometer, und die erste Hälfte haben wir geschafft.“ Es geht an der Stelle um Klimaschutz, und dass Merz das Buch mit der Klimapolitik beginne, das sei ihm aufgefallen, meint Lindner. Auffällig ist aber eher, dass er schon wieder so lange redet. Diese beiden preisen gern alles ein, was nicht bei drei auf den Bäumen ist.

Merz kommt mit Ludwig Erhardt

Merz will nämlich die Soziale Marktwirtschaft ökologisch „erneuern“. Man habe in den vergangenen 30 Jahren mit CO2-Reduktion sehr viel erreicht. Gretas Generation hätte doch eine tolle Zeit! Und die Welt gehe gar nicht unter, wenn es keinen Systemwechsel gebe, sagt er. Aber die Leuten wissen ja immer nur, was sie nicht wollen: SUV, Autobahn undsoweiter. Man solle lieber mal drüber reden, was man wolle. Synthetische Kraftstoffe oder Abscheidetechnik. Später sprechen beide über Green-Tech, über die Automobilindustrie. Lindner sagt, dass das Auto nicht mehr vom Reifen her denke, sondern von der Software.

Man könne nicht alles immer nur ablehnen, sagt dann wieder Merz. Und Fridays for Future seien super, aber die sollen bitte auch mal zuhören. Meint wohl: ihm Recht geben. Dann lachen beide über Extinction-Rebellion-Forderungen nach mit Bürgern besetzten Klimaräten.

Warum die Deutschen so viel Angst haben, fragt die Moderatorin noch, und da kriegt man natürlich gleich selber voll Angst. Lindner antwortet schnell als erster: Wir haben viel zu verlieren. Wohlstand, sozialen Frieden. Merz kommt mit Ludwig Erhardt. Und dass Politik heute länger brauche.

Lindner zeigt auf seine Uhr. Muss los. Aber es muss noch über das letzte Kapitel gesprochen werden, das ist der CDU gewidmet. Lindner dreht und wendet das Buch. Er wolle gerne Verantwortung übernehmen, sagt er dann noch. Aber er wolle nicht so gerne das 5. Rad am Wagen sein. Merkt man. Ob Lindner als Auto wohl vom Reifen her denken würde oder von der Software? Und vielleicht lief diese Bewerbung für Lindner etwas besser als für Merz.

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