Toter ohne Leiche

Balkanisches Wirtshaus Rada Ivekovics Essayband "Autopsie des Balkans" will nichts systematisch beweisen
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Wer Jugoslawien nicht betrauert, hat kein Herz, wer es wieder herstellen will, hat keinen Verstand. Mit diesem Spruch beginnt eine neue Generation, sich mit den Ergebnissen der Kriege zu arrangieren. Rada Ivekovic, eine herausragende Vertreterin der Generation des zweiten, zerstörten Jugoslawien, mangelt es weder an Herz noch an Verstand. So ist ihre Autopsie des Balkan eine präzise, aber auch sehr traurige Veranstaltung geworden. An und in der sezierten Leiche findet die Pathologin des verendeten Jugoslawien historische Verletzungen, angeborene Missbildungen, die Folgen von Fremdeinwirkungen wie von ungesunder Lebensweise, eine Fülle von Traumata, die sich teils gegenseitig bedingen, teils auch nicht. Wer auf eine kriminologische Untersuchung hofft, kommt nicht auf seine Ko