Treppenwitz der Krise

Banken Eine Fusion der in Schieflage geratenen ­Institute ist falsch. Stattdessen sollten sie ihre ursprüngliche Aufgabe wieder aufnehmen: die regionale Wirtschaft zu fördern

Der Finanzminister will die Landesbanken zur Fusion zwingen – zu einem Modell, das bereits gescheitert ist. Denn das öffentlich-rechtliche Pleite-Institut, das die größte Sorge bereitet, hat bereits eine Fusion hinter sich. Die HSH Nordbank ist 2003 aus dem Zusammenschluss der Hamburgischen und der Landesbank von Schleswig-Holstein hervorgegangen. Auch die Landesbank Baden-Württemberg ist wegen ihres Expansionskurses in schwieriges Fahrwasser geraten.

Nicht auszudenken, was geschehen wäre, hätte sich Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) mit seiner Idee von einer einzigen großen Landesbank bereits vor der Finanzmarktkrise durchgesetzt. Das Bestreben, den absurden Renditevorstellungen der privaten Geldhäuser nachzueifern, hätte dann womöglich noch viel größeren Schaden angerichtet.

Sinnvoll wäre es vielmehr, die Landesbanken unter strengere öffentliche Kon­trolle zu stellen und sie auf ihre ursprüngliche Aufgabe zurechtzustutzen: die regionale Wirtschaft zu fördern. Doch das Finanzministerium will die Hilfen für die Landesbanken von deren Fusion abhängig machen. „Eine Hilfe des Bundes, ohne ein Zusammenschmelzen der Institute wäre nicht vertretbar“, meint auch der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider. Widerstand kommt aus den Ländern, die um Einfluss und die Zukunft vieler Arbeitsplätze fürchten. Eine berechtigte Sorge – denn was, außer Kostensenkung zu Lasten der Beschäftigten, soll sich hinter der Forderung des Bundes verbergen, die Landesbanken sollten sich „tragfähige Geschäftsmodelle“ verpassen?

Pfad der Tugend

Die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute sind übrigens nicht deswegen in den Strudel der Krise geraten, weil sie öffentlich-rechtlich sind. Mit der HSH Nordbank ist die Landesbank am stärksten von der Krise betroffen, die den Weg der Privatisierung und an die Börse am konsequentesten gegangen ist. Die Sparkassen, die diesem Irrweg nicht gefolgt sind, stehen heute am besten da. Jetzt hätte der Finanzminister die Gelegenheit, auch die Landesbanken wieder auf den Pfad der Tugend zurückzuführen.

Sparkassen-Präsident Heinrich Haasis plädierte mit Blick auf die Landesbanken noch 2004 für eine „Konzentration auf die ganzheitlichen Belange einer Region“. Er zählte damit zu den wenigen, die dem Privatisierungskurs kritisch gegenüberstanden. Umso mehr verwundert es, dass auch Haasis jetzt als Befürworter von Fusionen zitiert wird – denn diese würden ja gerade der regionalen Verankerung widersprechen. Vielleicht ist es Angst vor den Milliardenschulden der Landesbanken, die diesen Widerspruch erklärt.

Paradox ist auch dies: Der als großer „Experte“ gefeierte Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen, der noch 2006 eine Werbebroschüre für „Verbriefungen“ verfasste, jene Schrottpapiere also, die die Banken in die Krise gerissen haben, fordert nun, dass die Länder eine „verbindliche rechtlich belastbare Erklärung darüber abgeben, dass sie den Konsolidierungsprozess mit Nachdruck voranbringen“. Gewissermaßen der Treppenwitz der Finanzkrise.

Wer die Bedingungen für eine funktionierende Wirtschaft wieder herstellen will, braucht einen starken öffentlichen Bankensektor, der nicht blind überzogenen Renditezielen hinterherläuft, sondern die regionalen Ökonomien im Blick hat. Die Landesbanken zu erhalten und sie gesetzlich auf diese Aufgabe zu verpflichten, wäre hierfür ein wichtiger Baustein.

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