Als die Bundeskanzlerin vorige Woche vor dem NSA-Ausschuss des Bundestags zur Befragung erschien, stellte sie sich mit ihrem Mädchennamen Angela Dorothea Kasner vor. Ein Lapsus, räumte sie lächelnd ein. Es blieb der einzige an diesem Tag: Stur hielt Merkel in der siebenstündigen Befragung daran fest, bis 2015 nichts von den zum Teil gesetzwidrigen Machenschaften ihres Bundesnachrichtendienstes gewusst zu haben.
Ob das glaubwürdig ist, bleibt zweifelhaft. Zu viele Widersprüche und Täuschungsmanöver von BND und Regierung beförderte der Ausschuss an 131 Sitzungstagen in fast drei Jahren zutage. Die Quintessenz der Ermittlungen ist niederschmetternd: Der US-Abhördienst NSA hatflächendeckend die elektronische Kommunikation deutscher Staatsbürger überwacht, und der vom Kanzleramt kontrollierte Bundesnachrichtendienst hat bei seiner Abhörpraxis gegen geltendes Recht verstoßen. Die Bundesregierung hat dies nicht nur geduldet, sondern auch gedeckt. Für die Bundesrepublik, die so stolz ist auf ihre demokratische Wiedergeburt nach den Diktaturen der Vergangenheit, ist das eine beschämende Bilanz.
Ausgangspunkt des im März 2014 eingesetzten Untersuchungsausschusses waren die Enthüllungen des früheren NSA-Mitarbeiters Edward Snowden. Er hatte ein Jahr zuvor Journalisten geheime Unterlagen übergeben, die die Überwachung der weltweiten elektronischen Kommunikation durch den US-Geheimdienst belegen. Im Herbst 2013 kam heraus, dass die NSA auch das Handy der Kanzlerin abhörte. Merkel reagierte darauf mit dem Satz: „Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht.“ Eine verhängnisvolle Äußerung, wie man heute weiß. Als BND-Chef Gerhard Schindler wenige Tage nach Merkels Statement bei seinem Vorgesetzten, Kanzleramtschef Ronald Pofalla, vorsprach, erinnerte er ihn daran, dass der BND bei seiner Abhörpraxis ja auch nicht so streng zwischen Freund und Feind unterscheiden würde. Pofalla reagierte, er wies Schindler an, die elektronische Überwachung von Politikern und Behörden aus EU- und NATO-Staaten einzustellen. Die Weisung trat am 29. Oktober 2013 in Kraft. Das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages wurde nicht informiert. Und auch die Kanzlerin soll nichts davon erfahren haben – so behaupten es zumindest Merkel und Pofalla.
Phantom-Abkommen
Der Untersuchungsausschuss erfuhr schließlich doch davon, aber erst im September 2015. Süddeutsche Zeitung, NDR und WDR berichteten über die BND-Abhörpraxis, fortan waren dem Ausschuss die Verfehlungen des deutschen Dienstes wichtiger als die der NSA. Das Gremium setzte durch, die mehr als 1.000 Seiten umfassende „Selektorenliste“ mit den Abhörzielen der BND-Einheit für Technische Aufklärung einzusehen. Ein einziger Computer stand dafür zur Verfügung, in einem streng gesicherten Raum im BND-Neubau in Berlin. Notizen, die sich die Abgeordneten machten, wurden weggeschlossen; in der Öffentlichkeit durften die Ausschussmitglieder nicht darüber sprechen, wessen Telefonnummern und E-Mail-Adressen sie auf der Zielliste entdeckt hatten.
Es kam dennoch einiges heraus: Der BND hatte etwa Frankreichs langjährigen Außenminister Laurent Fabius und das Büro des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu „unter Wind“, wie es im Agentenjargon heißt. Nahezu jede europäische Regierung stand mit Nummern und Mailadressen auf der Zielliste, ebenso Anschlüsse im Vatikan, beim EU-Rat, in der Knesset, in Rüstungsunternehmen, Banken, beim Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, dem Roten Kreuz oder der OSZE. Glück hatte der SZ zufolge lediglich US-Außenminister John Kerry. Bei ihm soll ein BND-Beamter eine falsche Handyvorwahl in den Computer eingegeben haben.
Die Medienberichte und Erkenntnisse des Untersuchungsausschusses desavouierten nicht nur die ob des Lauschangriffs auf ihr Handy empörte Kanzlerin. Sie verstärkten auch den Eindruck, dass die Regierung gezielt ein falsches Bild der Affäre zu zeichnen versuchte, um von der eigenen Mitverantwortung abzulenken. Schon 2014 war bekannt geworden, dass der BND ein Telefonat zwischen der damaligen US-Außenministerin Hillary Clinton und UN-Generalsekretär Kofi Annan mitgeschnitten hatte. Das Protokoll dieses Gesprächs hatte ein von den Amerikanern als Agent angeworbener BND-Mitarbeiter an die CIA übergeben. Die Bundesregierung tat die Sache als bedauerlichen Einzelfall ab. Zu diesem Zeitpunkt aber wusste man im Kanzleramt dank des BND-Chefs schon lange, dass ein Ausspähen von Freunden wie Clinton und Annan auch hierzulande sehr wohl geht.
Es war nicht das einzige Mal, dass der Ausschuss die Regierung beim Lügen erwischte. Im Sommer 2013 kam heraus, dass die NSA am weltweit größten Internetknoten in Frankfurt am Main Daten abzapft. Die Bundesregierung gab sich empört und schickte zur Klärung eine Delegationen nach Washington. Danach wurde die Öffentlichkeit beruhigt: Nur der BND überwache in Frankfurt den Internetverkehr, und zwar ganz legal. Später fand der Ausschuss heraus, dass der BND seit Jahren und mit Wissen Berlins die Daten der NSA zur Verfügung stellte. Verwirrung stiftete die Bundesregierung auch mit einem angeblichen No-Spy-Abkommen, das man den Amerikanern im Sommer 2013 abgerungen haben wollte. Ein Wahlkampftrick? Das Abkommen kam nie zustande. Dafür tauchte die Mail einer außenpolitischen Beraterin des US-Präsidenten auf, die Anfang 2014 an Merkels Berater Christoph Heusgen geschickt worden war. Darin stand, es werde kein No-Spy-Abkommen geben, auf amerikanischer Seite habe daran auch niemand jemals einen Zweifel gelassen.
Der NSA-Ausschuss war ein Erfolg, weil er die Praktiken eines auf Eigennutz und Irreführung gerichteten Handelns in Regierung und Geheimdienst offenlegte. Er scheiterte aber, wenn es um die Konsequenzen daraus ging: Abgesehen vom „Bauernopfer“ Schindler, der erst im Juli 2016 den Chefposten im BND räumen musste, wurde keiner der Falschspieler in BND und Kanzleramt zur Verantwortung gezogen. Stattdessen wurde das BND-Gesetz so reformiert, dass es umstrittene Praktiken des Geheimdienstes legalisiert.
Kommentare 10
“Stattdessen wurde das BND-Gesetz so reformiert, dass es umstrittene Praktiken des Geheimdienstes legalisiert.“ UND da wundern sich immer noch Leute ( wie Frau Merkel als Häuptling ) das Menschen in den USA Donald Trump gewählt haben? Solange auf Seiten der K.A.S. Sätze so (un)verständlich zu lesen sind wie: “ Interessenverbände, Lobby "...
"Interessenverbände gehören zum Erscheinungsbild heutiger Demokratien und sind aus der modernen Industriegesellschaft nicht mehr wegzudenken.“ Da braucht keiner von “Volkswillen“ usw. zu faseln und das ist genau so wie hier beim Thema NSA/ BND! Wenn der höchste Repräsentant und eine Medien Tante so was den Wahlvolk vermitteln dürfen!, Gauck vergleicht Stasi-Akten mit NSA-Datensammlung - YouTube
▶ 0:11
https://www.youtube.com/watch?v=XY9KLSf2m5A
03.07.2013 - Hochgeladen von netzpolitik
Bundespräsident Gauck über Snowden, NSA ... "da bin ich sensibel...bei uns ist "alles" in Ordnung ...
… dann sind Sachen möglich, die keiner für möglich halten würde, da sie unkontrolliert und im dunklen ablaufen! Ist das auch eine Art "Dunkeldeutschland"?
„Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht.“
Frau Merkel scheint sehr wenig über die Geheimdiensttätigkeiten ihrer Freunde und des BND gewusst zu haben. Ich habe jedoch meine Zweifel, ob dies wirklich den Tatsachen entspricht.
Mir scheinen dies eher Schutzbehauptungen zu sein. Sollte Frau Merkel jedoch über die Machenschaften von NSA und BND informiert gewesen sein, diese gar gebilligt haben, dann
hätte sie die Öffentlichkeit belogen und sich somit als Kanzlerin disqualifiziert.
Hier das neueste acTVism-Interview mit Edward Snowden zum Thema:
acTVism-Interview mit Edward Snowden – Teil 1 – Die Geschichte der Geheimdienste
https://www.youtube.com/watch?v=fHu5eus5Bd8
Edward Snowden über Deutschland & BND, Donald Trump, Obamas Amtszeit, Freiheit & Aktivismus
https://www.youtube.com/watch?v=iA7V6goJXYk
Edward Snowden über seinen Alltag im Exil, Antiterror-Gesetze & die Verantwortung des Einzelnen
https://www.youtube.com/watch?v=2lGGwOAS8H8
>>...dann hätte sie die Öffentlichkeit belogen und sich somit als Kanzlerin disqualifiziert.<<
Als Kanzlerin der Bonzenrepublik Deutschland (BRD) doch eher qualifiziert, oder?
Und täglich lügt das Kanzleramt ... jetzt auch legal!Mehr als drei Jahre nach den schockierenden Veröffentlichungen von Edward Snowden stellt sich der NSA/BND-Skandal immer noch als schlechte Tragödie dar:Die Politik, insbesondere die Union, fälscht/lügt/trickst/verharmlost/verheimlicht/unterlässt/stellt sich unwissend auf Teufel komm raus. Beispiele: Backdoors in Kamerasystemen, der dem Kanzleramt unterstehende BND mißachtet die Rechte der Bundesdatenschutzbeauftragten, Merkels und Altmeiers Falschinformationen über die Selektorenlisten und die Netzpolitik.Org-Affäre und ... Und kürzlich erklärte auch noch der unsägliche Innenminister die NSA-Affäre wieder einmal für abgehakt (nachdem der unsägliche, wahrheitsliebende Pofalla die Affäre ja schon Jahre zuvor für beendet erklärt hatte) und schließt neue, dubiose Vereinbarungen zum Datenaustausch mit den USA! Das Austauschen der BND-Leitung (Schindler) war nur Augenpulver und eher ein Bauernopfer. Doch kürzlich sorgte der BGH für eine längst fällige Zeugenbefragung (Snowden). Aber das Kanzleramt wird das schon - legal? - zu verhindern wissen. Immerhin hat die Regierung schon mal Beschwerde beim BGH eingelegt. Dass sich die SPD dafür hergibt, zeigt ihren tiefen Fall bei den Themen Bürgerrechte und Aufklärung des NSA/BND-Skandals.Die politische und wirtschaftliche Elite sorgt sich mehr um die transatlantischen Beziehungen als um Bürgerfreiheit bzw. Wirtschaftsspionage.Vertreter der Bürgerfreiheit (Kirchen, Kulturschaffende, Intellektuelle, Gewerkschaften ...) ergreifen kaum lautstark Partei.
Die Regierung verspricht Aufklärung, praktiziert aber Vertuschung.
Niemand übernimmt Verantwortung, Aussitzen ist die Devise!Die Internet-Nutzer meinen immer noch verhamlosend und naiv, sie hätten nichts zu verbergen.
Eine gesellschaftliche Diskussion, wie man den Menschen- und Freiheitsrechten wieder absoluten Vorrang vor sicherheitsbedingten Maßnahmen einräumen kann, findet nicht statt.
Die Medien verlieren sich in pausenlosen Berichten über Einzelaspekte, versäumen aber, den wirklichen Grundsatzfragen auf den Grund zu gehen.Und währenddessen spioniert die NSA weiterhin ungestört von deutschem Boden aus!
Und was macht unsere Regierung?Sie passt Gesetze, Verordnungen etc so an, dass die aufgedeckten Verstöße künftig durch (grundgesetzkonformes?) Recht und Gesetz gedeckt sind. In diesem Sinne soll mit dem neuen BND-Gesetz der BND auch an die "kurze Leine" gelegt werden - was auch immer das heißen mag - anstatt das nun auch von Sonderermittler Graulich aufgedeckte gesetzeswidrige Abhören von Firmen, Behörden und Personen durch den BND (u.a. auch im Auftrag der NSA) zu ahnden und künftig zu unterbinden sowie die Rechte der Bundesdatenschutzbeauftragten beim BND durchzusetzen. Und um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, soll ein von der Regierung ernanntes Gremium künftig den BND kontrollieren, also der Bock zum Gärtner gemacht werden (der zu Kontrollierende entscheidet über den Kontrolleur). Mit Transparenz und Wahrung der Bürgerrechte hat das alles wenig zu tun! Und auch die Grünen und die Linke haben das neue BND-Gesetz nicht im Bundesrat aufgehalten!Und was macht unsere Kanzlerin? Sie sitzt die Affäre aus, predigt Wein - sprich: Aufklärung - und praktiziert Wasser - sprich: Vertuschung nach dem Motto: nichts sehen, nichts hören, nichts sprechen! Das hat sie kürzlich wieder im NSA-Ausschuß eindrucksvoll bewiesen! Ist das einer Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland würdig?Aus diesem Teufelskreis kann man sich nur befreien, wenn man endlich mutig die volle Wahrheit auf den Tisch legt. Erst dann ist ein Neuanfang insbesondere auch zur Vereinbarung von transparenten und verbindlichen gesetzlichen und moralischen Regeln möglich, die den Menschen- und Freiheitsrechten wieder absoluten Vorrang einräumen und den sicherheitsbedingten Maßnahmen enge, richterlich und parlamentarisch überwachte Grenzen setzen.
Nur ein Traum?
Sigismund Ruestig hat ihn geträumt.
Lasst Euch anstecken!In diesem Sinne:"Yes, we scan."http://youtu.be/v1kEKFu6PkY"Stellt Euch vor, wir lauschen gerne: Goethe, Kant und auch Beethoven"!http://youtu.be/pcc6MbYyoM4http://youtu.be/_a_hz2Uw34Y
wer wie ich seine probleme damit hatte zu verstehen, wie man selbst bzw. "die öffentlichkeit" mit dem thema umging, dem hilft (wie mir) vielleicht dieses paper etwas weiter:
http://psycnet.apa.org/journals/rev/124/2/179.html
obwohl es nicht explizit die angstgetriebene ignoranz einer bevölkerung verhandelt, der mitgeteilt wird, dass sie doch nicht in einer demokratie lebt, sondern in etwas mit geheimgerichten, totalüberwachung, marionettenregierungen, drohnenkills, kann man sich doch einiges ableiten.
Die Anstalt NSA Briefing - YouTube▶ 4:52https://www.youtube.com/watch?v=7XDpQeRQLhA23.06.2015 - Hochgeladen von crayxmp10ZDF Die Anstalt NSA Briefing AUF DEUTSCHEM BODEN GILT DEUTSCHES RECHT.
Alles wie gehabt
Im Grunde genommen hat sich nichts geändert. Der U-Ausschuss hat nur Geld gekostet.
Deshalb bleibt bei mir und sicher auch vielen anderen nur ein Eindruck: Wir haben es mit weiterhin mit Verbrechern zu tun.
Viele Grüße
Dass der Adenauer aus dieser C-Partei von der amerikanischen Abkocher-"Elite" gezwungen oder gekauft wurde, 1954 das angebotene das Geschenk der Sowjets einer deutschen Wiedervereinigung gegen Neutralitaet abzulehnen, ist historisch mittlerweile belegt. Wenngleich der Kaufpreis/Erpressungsgrund immer noch nicht freigegeben wurde.
Wer ist eigentlich nicht sehr neugierig darauf, was die USA-Parasitaer-Geheimdienste ueber unsere alternativlose Frau Merkel von der gleichen C-Partei aus ihrer DDR-Zeit noch alles so in petto haben?
"Wer ist eigentlich nicht sehr neugierig darauf, was die USA-Parasitaer-Geheimdienste ueber unsere alternativlose Frau Merkel von der gleichen C-Partei aus ihrer DDR-Zeit noch alles so in petto haben?"
Als Washingtons willige Helferin hat sie in dieser Hinsicht wohl wenig zu befürchten. Dafür muss sie die Spionagetätigkeit der NSA in Deutschland dulden, auch wenn diese für die deutsche Wirtschaft mit Milliardenverlusten verbunden ist.
Studie: NSA-Spionage verursacht Milliardenverluste bei deutschen Unternehmen
https://deutsch.rt.com/wirtschaft/46759-studie-nsa-spionage/
Ist das wirklich so überraschend?
Erstes wissen Politiker und Wirtschaftsbosse doch selten etwas aus der Vergangenheit, wenn es ihrem Ruf schadet und sehr vergesslich sind sie auch. Zweitens sind Nachrichtendienste da um Informationen zu sammeln und es wäre doch naiv zu denken, die halten sich an eine Liste, was sie sammeln dürfen und was nicht. Alles wo sie rankommen wird genommen.