Im Mai beschloss der US-Senat ein neues Agrargesetz, die sogenannte Farm Bill, das die Agrarsubventionen für die nächsten zehn Jahre um 82,8 Milliarden Dollar erhöhen wird - also um durchschnittlich 8,28 Milliarden Dollar pro Jahr. Damit sichern die USA nicht nur die eigenen Märkte gegen Importe ab - durch die zusätzlichen Stützungen werden US-Agrar-Exporteure die Weltmarkt-Preise weiter unterbieten und mit ihren Billigangeboten auf lokale Märkte vordringen können.
Schon jetzt erhält nach Angaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) jeder Bauer in Japan, Europa und den USA durchschnittlich 20.000 US-Dollar an staatlichen Subventionen. Das kostet die zahlenden Staaten nicht nur sehr viel Geld, es bringt
viel Geld, es bringt ihnen auch zunehmend Ärger ein. Denn viele Entwicklungsländer und vor allem solche Staaten, die vorzugsweise Agrarprodukte exportieren - etwa Kanada, Australien, Neuseeland oder Argentinien - betrachten die üppigen Zuschüsse als Wettbewerbsverzerrung. Die Kritik entzündet sich dabei besonders an den Exportsubventionen, durch die landwirtschaftliche Produkte aus den nördlichen Industriestaaten auf dem Weltmarkt erst konkurrenzfähig werden. "Das ist Dumping", meint Nathan Irumba, Botschafter Ugandas bei der Welthandelsorganisation (WTO) und Sprecher der ärmsten Staaten (least developed countries, LDC), "denn die europäische Exportförderung ist so hoch, dass die Preise für die Produkte weit unter den Herstellungskosten liegen. Dadurch werden Märkte in Afrika zerstört." Beistand erhalten die armen Länder von oberster Stelle: Mike Moore, WTO-Generaldirektor erklärte schon während seines Afrika-Besuchs Anfang Februar, ein Abbau von Agrar-Subventionen in Europa und den USA würde den Entwicklungsländern drei bis fünf Mal so viele Devisen bringen wie die gesamte internationale Hilfe. Ohne diese Handelshemmnisse in den Industriestaaten könne man die Armut in Afrika am effektivsten bekämpfen. Nach wie vor unterstützt auch die EU den Agrarexport finanziell, um eigene Überproduktion abzubauen. Seit große Mengen an Lebensmitteln nach Afrika, Asien und Osteuropa geliefert werden, ist von Fleischbergen, Milchseen und Getreidelagern kaum noch die Rede. Sophia Murphy, Autorin einer von Misereor und anderen katholischen Entwicklungsorganisationen in Auftrag gegebenen Studie mit dem Titel Die Ernährungssicherheit und die WTO, kritisiert dieses Vorgehen: Die Union habe einen großen Teil ihrer Überschüsse "auf dem Weltmarkt entsorgt und dadurch Überschüsse produziert, mit denen die Weltmarktpreise in den Keller gezogen werden." Die Ausfuhren von Rindfleisch, Geflügel, Obstkonserven und anderen Produkten habe - so die Agrarexpertin - "die Entwicklungsländer nachweislich geschädigt. Sie machen den Produzenten auf ihren heimischen Märkten oder auf Märkten in Drittländern Konkurrenz." Zwar unterscheiden sich die Interessen der großen Agrarexporteure wie Argentinien, Australien, Brasilien oder Indien entscheidend von denen der Netto-Nahrungsmittelimporteure, zu denen etwa Kenia, Ägypten und Burkina Faso gehören. Während erstere auf einen Abbau aller Handelshemmnisse auf dem Agrarmarkt drängen, wollen letztere ihre Kleinbauern durch Einfuhrzölle vor der erdrückenden Konkurrenz des Marktes schützen. Einig sind sich die Entwicklungsländer allerdings in ihrer Kritik an der Subvention der Landwirtschaft durch die Industriestaaten. Denn für die zum Teil hoch verschuldeten Exportnationen ist der Handel mit Getreide, Fleisch oder Früchten oft die einzige Chance, dringend benötigte Devisen ins Land zu holen. Und die meisten Importeure sehen durch die subventionierte Konkurrenz ihr Ziel gefährdet, eine eigenständige Landwirtschaft aufzubauen. Gewinner eines einseitig subventionierten Weltagrarmarktes sind vor allem die großen landwirtschaftlichen Betriebe und die Nahrungsmittelkonzerne. Schon jetzt lässt sich eine Marktkonzentration feststellen; der internationale Reismarkt etwa wird zu 40 Prozent durch multinationale Unternehmen kontrolliert. Ähnliches gilt für Weizen, Mais und Soja. Und trotz der eingeleiteten Agrarwende streichen nach wie vor nur drei Prozent der Getreideanbauer in der Europäischen Union 40 Prozent der "Preisausgleichszahlungen" ein. Zwar hat die vierte Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation WTO vergangenen November in Katar einen Abbau von Subventionen und Zöllen beschlossen. Momentan verhandeln die Vertragsstaaten in Genf über die Umsetzung des Abkommens. Durch den neuen Vorstoß der USA droht dem Vertrag schon wieder das Ende, europäische Bauern fordern schon jetzt, dem amerikanischen Vorbild zu folgen. Für die Agrar-Exportstaaten wäre dies eine Katastrophe.