Trotzdem ein Erfolg

Literatur Medien ignorieren „Corona Fehlalarm?“, es verkauft sich dennoch gut
Ausgabe 32/2020
Manchmal ist der Minimalkonsens gar nicht so fern
Manchmal ist der Minimalkonsens gar nicht so fern

Foto: Ina Fassbender/AFP/Getty Images

Bücher über Corona haben zurzeit Konjunktur – zumindest auf den Büchertischen der Buchhandlungen. Gekauft werden die meisten eher zurückhaltend, zu groß ist die Überflutung des Themas in den Medien in den letzten vier Monaten. Als jedoch der Titel Corona Fehlalarm? von Karina Reiss und Sucharit Bhakdi am 22. Juni erschien, war dies anders. Rasch ging die Information viral. „Die Leser überhäuften den Handel mit Bestellungen“, sagt Maria Schlager vom Goldegg Verlag aus Wien. Wie üblich wurde der Buchhandel auch vom Vertrieb des Verlags informiert. Eine Woche nach Erscheinen war der Titel bereits auf Platz 5 Sachbuch in der Amazon-Bestsellerliste, eine Woche später auf Platz 1, aktuell steht er wieder auf 5, und er ist Platz 1 in der Taschenbuch-Bestenliste des Spiegel. Innerhalb eines Monats wurde das Buch bereits fünfmal nachgedruckt, was für einen kleinen Verlag eine Sensation ist. Der 6. Nachdruck ist in Vorbereitung. Bhakdi ist schon lange Autor des Verlags und hat 2016 den Titel Schreckgespenst Infektionen geschrieben. „Der Buchhandel hat erst durch die vielen Vorbestellungen der Endkunden die Dimension des Titels erfasst und dann beim Verlag geordert. Das ist eine Dynamik, die wir bis dahin nicht kannten“, erklärt Schlager. In Deutschland wurde das Buch in keinem seriösen Medium besprochen. In Österreich stellte immerhin das Weltjournal des ORF den Titel vor, auch im privaten Servus TV wurde ausführlich berichtet. Zeitungen, so Schlager, hätten keine Rezensionsexemplare geordert, und so erschien auch in Österreich in keiner einzigen Zeitung eine Buchrezension. Anders im Netz: In den sozialen Medien machte Bhakdi schon mit seinem offenen Brief an Angela Merkel auf das Thema aufmerksam, der entsprechende Beitrag auf Youtube hat zurzeit über 2,4 Millionen Aufrufe. Überzeugungsarbeit, wie sie ein Verlag normalerweise für ein Buch leisten muss, entfiel also bei diesem Titel: Corona Fehlalarm? verkauft sich ohne Werbung exzellent. Amüsiert erzählt Schlager von einem Flashmob vor der Thalia-Buchhandlung in Karlsruhe, wo Dutzende Leseratten unter Jubel die Bücher von Bhakdi hochhielten, einige kauften gleich zehn Exemplare zum Verschenken.

Lediglich von Bloggern wird der Titel registriert, so von Presse Online. „Prof. Sucharit Bhakdi war in der vergangenen, sehr einseitig geführten Diskussion um Covid-19 ein echter Lichtblick“, bloggt Presse Online. „Das Werk rollt die Geschichte dieses dramatischen politischen und medizinischen Irrtums neu auf und gibt Interessierten viele schlagkräftige Argumente in die Hand.“ Man zweifelt hier am Journalismus: „Es ist knapp 90 Jahre her, dass der kritische, freie Journalismus abgeschafft wurde und die Medien zum verlängerten Arm des Staates wurden.“ So weit würde man beim Goldegg Verlag nicht gehen, Schlager räumt aber ein, dass die enorme Nachfrage nach dem Titel auch daher rühre, dass sich durch die einseitige Berichterstattung der Medien ein Vakuum aufgetan habe, in das das Buch nun platze.

Die Buchhandlung Schleichers in Berlin hat gerade noch zwei Exemplare des Buches im Regal. „Wir haben schon mehr als zehn davon verkauft“, berichtet Tristan Wagner von Schleichers. Er nimmt an, dass auch die zwei Bücher nicht mehr lange im Regal bleiben werden.

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