Trumps wahres Kalkül

USA/Iran Eine Aufkündigung des Atomabkommens durch Washington würde die Erosion der westlichen Gemeinschaft weiter vorantreiben. Es ist mit einem subtileren Vorgehen zu rechnen
Ausgabe 39/2017
Der iranische Präsident Hassan Rohani vor der UN-Vollversammlung
Der iranische Präsident Hassan Rohani vor der UN-Vollversammlung

Foto: Drew Angerer/Getty Images

Im Iran ließ sich die Führung nicht lange bitten und reagierte prompt auf die Trump-Ausfälle vor der UN-Vollversammlung. Wenig überraschend gab es eine militärische Antwort durch den Test einer Mittelstreckenrakete. Zuvor schon hatte sich Präsident Rohani in einer ansonsten moderaten Rede vor den Vereinten Nationen dafür revanchiert, dass der US-Präsident sein Land als „Schurkenstaat“ gegeißelt hatte: Es wäre sehr bedauerlich, wenn das Atomabkommen von 2015 „durch Schurken-Neulinge auf der politischen Bühne“ zerstört würde.

Besteht diese Gefahr? Mutmaßlich wird die US-Regierung das Abkommen nicht in Gänze kündigen. Der Affront gegenüber Mitunterzeichnern wie Großbritannien, Frankreich und Deutschland wäre enorm und dazu angetan, die Erosion der westlichen Gemeinschaft weiter voranzutreiben. Es ist mit einem subtileren Vorgehen zu rechnen. Bisher sind die Vertragsauflagen für die Nutzung der Atomenergie durch den Iran auf zehn Jahre begrenzt. US-Außenminister Tillerson hat angedeutet, man gedenke diese Frist zu kassieren. Unbegrenzt müsse gelten, wofür es bisher den zeitlichen Rahmen gab.

Keine iranische Regierung wird sich auf dazu nötige Nachverhandlungen jemals einlassen, jedoch begründen müssen, warum man sich entzieht. Vermutlich werden Würde und Souveränität geltend gemacht. Nur wird das kaum ausreichen, den Verdacht auszuräumen, ab 2025 erneut auf den Bau von Kernwaffen zurückzukommen. Ob der berechtigt ist oder nicht, soviel scheint sicher: Darunter soll die von Teheran gewünschte Reintegration in die Staatenwelt leiden. Ein solcher Effekt käme den USA nicht ungelegen.

Dazu aber muss Donald Trump den Atomvertrag nicht kündigen. Es reicht, ihn zu instrumentalisieren, um den Iran als Regionalmacht zu disziplinieren. Und die hat einiges zu verantworten. Teheran bemüht sich um eine syrische Nachkriegsordnung, die Präsident Assad nicht ausklammert, pflegt eine Zweckallianz mit Ankara in der Kurdenfrage, ist mit der libanesischen Hisbollah verbündet und sympathisiert mit den Huthi-Rebellen im Jemen, die einer saudischen Intervention widerstehen. In Sachen Beziehungsgefüge konkurrieren im Nahen Osten iranische Netzwerke mit einem amerikanischen Flickenteppich. Das soll sich offenbar ändern.

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