Trutzige Iron-Lady

Regierungskrise Die britische Premierministerin Margaret Thatcher verkennt die positive Einstellung vieler Wähler zum Projekt Europa. Innerhalb der Tories werden die Grabenkämpfe größer
Ausgabe 45/2015

Der innerparteiliche Burgfriede der Torries in der Streitfrage Europa, nach dem Rücktritt von Heseltine, Lawson, Ridley mühsam gekittet, ist nach dem abrupten Abgang des stellvertretenden Ministerpräsidenten Howe zusammengebrochen. Howe, der eiserne Schatzkanzler der ersten Regierung Thatcher, fand sich im letzten Jahr plötzlich als Außenminister entmachtet und auf ein Abstellgleis mit dem schönen Namen „Leader of the House“ geschoben. Er wagte sich am Rande des letzten Parteitages mit einer provozierenden Rede aus dem Halbdunkel seiner Rolle hervor und wurde prompt von der Torry-Jubelpresse angeschossen.

Der geduldige Howe war über die xenophoben Ausfälle von Mrs. Thatcher beim Gipfeltreffen in Rom schockiert, für ihn ein Festschreiben der isolierten, einflusslosen Position Englands im neuen Europa und Zugeständnis an das extrem nationalistisch-arrogante Meinungsspektrum um Ridley und Tebbit. Sie verkennt die vorsichtig bejahende Haltung der meisten Wähler zum Projekt Europa. lhr Gespür für Massenstimmungen scheint sie verlassen zu haben. Das Gleichnis vom untergehenden Saurier ersetzt das Bild von der trutzigen Iron-Lady. Obwohl die Regierung versucht ein Bild der Geschlossenheit zu präsentieren, ist klar, dass mit Thatchers Blockadehaltung weitere Konflikte programmiert sind und dass der Zusammenbruch der innerparteilichen Konsensbildung ihre eigene Position unterminiert.

Dieser Text erschien am 9. November 1990 in der ersten Ausgabe des Freitag

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