Über die Lust mit Freitag-Autoren zu debattieren

20 Jahre Freitag Rückblick von Bloggerin Magda zum 20. Geburtstag des Freitag

Vor 20 Jahren, als es das Bloggen im Internt noch nicht gab und die Leser ihre Kommentare meist noch per Post verschickten, gab es da eigentlich das Bedürfnis, sich ständig so unverdrossen und ungebremst zu Beiträgen des Freitag zu äußern?

Ich weiß es nicht. Der Bedarf entsteht ja immer mit den Angeboten. Aber ich erinnere mich: Der Freitag von damals lebte von Namen, die Aufmerksamkeit geboten und in mir eine gewisse Ehrfurcht erzeugten.

Wenn der Freitag auf dem Tisch der kleinen Redaktion, in der ich damals arbeitete, lag, wusste ich: Das dauert jetzt etwas länger. Es waren Texte, die zwangen, sich vom Hang zum Schnellen, Gefälligen, Einfachen und Handlichen im Denken hinweg zu bewegen und zu verweilen. Mit dem Jahr 1990 begann für mich, die in der DDR gelebt hatte, eine Zeit, in der neue Erkenntnisse auf mich einstürzten zusammen mit der Einsicht, dass vieles an Bildung gar nicht mehr nachzuholen war, so dass es beim Bemühen blieb. Schon von daher wäre ich stiller gewesen als heute. Dennoch stelle ich mir – rückwirkend – gern einmal mal vor, welchem Autor ich mich „angelegt“ und wen ich aus Ehrfurcht gänzlich ungeschoren gelassen hätte.

Schriftlicher Beifall?

Vielleicht hätte ich bei Günter Gaus – wenn überhaupt, dann mit der gebotenen Kürze – kommentiert, wie sehr er mir aus dem Herzen spricht mit seinem vorsichtigen Plädoyer des „Rechts auf Anpassung“ und der Prägung des Wortes vom meinungs- und geisttötenden „Hütegrüßen“ im Lande.

Gewiss hätte ich mich ein wenig angelegt mit Daniela Dahn, deren formulierter „Osttrotz“ mir Anfang der neunziger Jahre überhaupt noch nicht recht einleuchten wollte. Und der ich jetzt gern trotzig folge, weil es mir inzwischen so geht wie ihr und sie ihr Unbehagen immer wieder deutlich belegt und wider den Stachel löckt.

Gern las ich Gerburg Treusch-Dieters hochspannende genderbewegte und sprachlich genussvollen Erwägungen. Einem Text „Gedeckelte Töpfe, zertrümmerte Wannen“, der im Untertitel den herrlichen Satz enthält: „Am Ursprung der monotheistischen Religion steht die Schließung des weiblichen Unterleibs“ hätte ich mit Vergnügen schriftlich Beifall geklatscht.

Bei Lothar Baiers tiefgründigen Rezensionen wäre ich wortlos verweilt. Die zu seinem fünften Todestag 2009 erschienene Würdigung habe ich kommentiert. Der Abstand verringerte sich, man konnte spontan werden.

„Blogger Dir einen“ hieß ein Text von Katja Werner, der sich Anfang des neuen Jahrtausends reichlich abschätzig mit der Tagebuchschreiberei im Internet auseinander setzte, was ich mit einem konventionellen Leserbrief empört kritisierte, denn ich fand ihn genau so elitär wie die gegenwärtigen kulturpessimistischen Stimmen, denen die Flut der Meinungen wie eine Sintflut der Belanglosigkeit erscheint. Andererseits: Vielleicht gewinnt in der Zukunft das zwischen den Zeilen Gemeinte wieder an Bedeutung. So ein Rückblick auf kommentar- und bloggerlose Zeiten macht weise für die Zukunft. Man erkennt für die eigene Bloggerei die Bereicherung, die in der Beschränkung liegt.

Magdalena Geisler bloggt als Magda seit 2009 auf freitag.de

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