Für die SPD ist jetzt der Ernstfall eingetreten. Die Partei kann endlich zeigen, wie flexibel, disponibel und agibel sie jähen Herausforderungen in den Arm fallen kann. Nicht nur Alt-Marxisten wie der bekennende Neo-Bossi Gerhard Schröder sagen es unumwunden: Gebraucht wird eine flächendeckende Versorgung der Justizvollzugsanstalten (JVA) in Deutschland mit SPD-Ortsvereinen. Es darf nicht sein, dass sich immer mehr verdiente Sozialdemokraten durch Haftantritt zu ihrer Strafwürdigkeit bekennen und dann der seelsorgerischen Bekehrungswut eines Anstaltspfarrers ausgesetzt werden. Wenn die Vorhut der Klasse einer erbarmungslosen Klassenjustiz zum Opfer fällt, darf die ideologische Nachhut vor Gefängnismauern nicht halt machen. Die Genossen Wienand-Trienekens und Müllmann-Rüther müssen beim Hofgang Gelegenheit haben, mit handverlesenen Kadern aus dem Willy-Brandt-Haus über das Kleingedruckte des Wahlprogramms sprechen zu können.
Wie keine andere Partei ist die SPD mit aussortierten Vorsitzenden gesegnet. Wäre die Betreuung der eingekerkerten Genossen nicht ein stolzes Bewährungsfeld für die Genossen Vogel (Kosename: Klarsichtfolie), Engholm (Deckname: Pfeifenkopf), Scharping (Kampfname: Romeo, der Wolf) oder Lafontaine (Künstlername: Lenin Bonaparte)? Gerade jetzt, da sich in 93 Tagen entscheidet, ob die deutsche Sozialdemokratie ihre Handreichungen für die Geschichte fortsetzen darf oder von der Reaktion in den Staub der Epoche getreten wird, müssen alle ran! Bildet Lichterketten vor jeder Zwingburg des Unrechts, damit die Genossen wissen, weshalb sie in ihren Zellen ungebrochen vor sich hinsummen: "Brüder, zum Lichte empor ..."
Jeder weiß doch: der Genosse Karl Wienand-Trienekens war keiner von denen, die sich im Willy-Brandt-Haus als Büste die Beine in den Bauch gestanden haben. Niemals! Der Genosse Wienand-Trienekens war, bis ihn feige Büttel ins Gefängnis warfen, ein Muschkote der Klasse im vordersten Graben, ein wirkliches Frontschwein, wenn das nicht zu pathetisch klingen würden, geadelt mit den Epauletten eines Jägers und Sammlers. Die Partei hat jetzt eine Bringschuld für ihre Besten, die sich für ihre Bringschuld nie zu schade waren. Wie sagte doch der Genosse Lenin in seiner berühmten Schrift Was nun?, die gerade alle Ortsvereine der SPD in Vorbereitung auf den 22. September im Selbststudium durcharbeiten? "Gebt uns eine Organisation mit solchen Männern, und wir werden das Land aus den Angeln heben" (s. Was nun?, Brennende Fragen unserer Bewegung, Köchel-Verzeichnis 435, 246. kommentierte Gesamtausgabe).
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