Und, Kinderwunsch?

Frauensache Welche Frage ärgert eine Frau Ende 30 am meisten? Genau. Was tun, wenn man 38 ist, Single, und sich mit Männern trifft, die wissen, was die Uhr geschlagen hat? Lügen?
Und, Kinderwunsch?

Illustration: Otto

"Tja, Ihre Zeugnisse sind ja ausgezeichnet. Aber … wie sieht es mit der Familienplanung aus?", fragt der Chef eine Bewerberin. Moment mal. Geht gar nicht. Ein klarer Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot, eine verbotene Frage. Gut so. 50 Jahre Emanzipationsbewegung haben doch Erfolge gebracht – nur im Privaten hat sich bei der Kinder-Frage kaum was geändert.

Ich zum Beispiel bin Ende 30, Single und auf der Suche. Und ich muss es mir eingestehen: Ja, nach einem Mann, der auch als Vater meines Kindes in Frage käme. Aber ob das so ist, stellt sich ja erst heraus, wenn man viel Zeit miteinander verbringt. Ein typisches Rendezvous gestaltet sich in letzter Zeit bei mir allerdings eher so: Eine erste Verabredung, Smalltalk, dann arbeitet man sich zu ernsteren Themen vor, es läuft gut, sehr gut. Aber irgendwas scheint den Mann mir gegenüber zu beschäftigen. Er bringt mich noch bis an die Haustür, dann kann er nicht mehr an sich halten mit seiner Frage: „Und, wie sieht es aus – Kinderwunsch?“

Wie bitte? Was steht immer in diesen komischen Dating-Ratgebern? „Tun Sie so, als wäre Ihnen dieses Thema noch nie in den Sinn gekommen. Antworten Sie mit einem erstaunten Lächeln 'Ach, darüber habe ich mir noch nie ernsthaft Gedanken gemacht. Irgendwann vielleicht.'" Aber das wäre doch eine glatte Lüge! Abgesehen davon ist mit 38 so eine Antwort nicht mehr sonderlich glaubwürdig. Stattdessen gerate ich ins Stottern, erzähle von meiner Mutter, die meinen Bruder mit 40 Jahren bekommen hat. „Sie war sogar fast 41, und das war vor 32 Jahren. Also, mit Hinblick auf den medizinischen Fortschritt wäre das so, als würde eine 45-Jährige heute ein Kind bekommen. Ist gar nicht so selten.“ Vielleicht rechnet er ja mit, dass das noch sieben Jahre wären.

Ich versuche, die Botschaft locker rüberzubringen. Und ärgere mich. Darüber, dass ein Fremder erwartet, dass ich mich vor ihm emotional so ausziehe. Und darüber, dass ich dies auch sofort tue. Wie kann es sein, dass potentielle Männer-fürs-Leben – aber genauso auch Frauen, die man erst einige Minuten kennt – die K-Frage für selbstverständlich halten und einer kinderlosen Frau stotternde Rechtfertigungen abringen. Woraufhin gern ein gönnerhaftes „Na, du hast ja noch Zeit“ folgt.

Manchmal wünsche ich mir, ich wäre zehn Jahre älter. Dann hätte sich das Thema wirklich erledigt. Oder wie alt war Gianna Nannini, als sie zum ersten Mal Mutter wurde?

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