Unter Kuratel

Protest Vittorio Agnoletto, Sprecher des "Genoa Social Forum", über eine Politik der zwei Gesichter

FREITAG: Mit welchen Positionen will sich das "Genoa Social Forum" während dieses G 8-Treffens artikulieren?

VITTORIO AGNOLETTO: Nicht gegen Globalisierung, sondern gegen diese neoliberale Globalisierung. Wir sind dagegen, dass 14 Prozent der Weltbevölkerung 83 Prozent der Ressourcen verbrauchen, dass 1,3 Milliarden Menschen mit einem Dollar pro Tag auskommen müssen, dass 1,8 Milliarden Menschen keinen Zugang zu Trinkwasser haben, dass die USA für 20 Prozent der Umweltverschmutzung verantwortlich sind. Wir denken auch, es wäre an der Zeit, über andere Strukturen der Welthandelsorganisation (WTO) nachzudenken. Wir sind dagegen, dass die Patente auf Arzneimittel 20 Jahre gelten und plädieren hingegen für eine Dauer, die ausreicht, um die Entwicklungskosten wieder hereinzuholen - außerdem sollten die Entwicklungsländer Pharmazeutika selber herstellen können.

Was könnte der G 8-Gipfel dafür tun?

Er wird absolut nichts dafür tun. Seit Wochenbeginn haben wir daher einen Gegengipfel veranstaltet. Die Abschlussdokumente werden wir der Zivilgesellschaft und den Regierungen unterbreiten, aber nicht den G 8-Teilnehmern. Im Übrigen haben wir bereits einen Erfolg zu verzeichnen: In ganz Italien wird über die Globalisierung diskutiert. Und wir haben es geschafft, dass sich Berlusconi genötigt sah, einen Fonds für den Kampf gegen AIDS aufzulegen, ohne dass wir mit ihm darüber verhandelt hätten.

Empfinden Sie es als Widerspruch, dass Genua von der Polizei zur militarisierten Stadt gemacht, andererseits aber erklärt wird, man sei zum Dialog mit dem "Genoa Social Forum" bereit?

Das sind Lügen. Die Regierung ist absolut nicht dazu bereit. Statt dessen hat sie den Bahnhof Brignole geschlossen, nachdem sie erst angekündigt hatte, ihn geöffnet zu lassen. Sie hat außerdem das Schengener Abkommen außer Kraft gesetzt. Eine Politik der zwei Gesichter. Fakt ist, dass Genua an diesem Wochenende wie eine militarisierte Zone wirkt.

Wird sich Ihr Forum nach dem Gipfel wieder auflösen?

Nein, das hoffe ich nicht. Wir bereiten uns auf den Besuch von Präsident Bush demnächst in Rom vor und arbeiten Dokumente aus für den Gipfel der Welternährungsorganisation FAO. Im Blick haben wir auch das nächste Weltsozialforum von Porto Alegre im November.

Wer unterstützt Sie in Italien?

Die Region Toskana, die Region Marken, von den Städten her beispielsweise Ancona. Von den Parteien stehen nur Rifondazione Comunista sowie ein Teil der Grünen hinter uns, vielleicht noch einige Basisgruppen der Linksdemokraten (DS). Aber auf nationaler Ebene kommt von den DS eher Ablehnung.

Das Gespräch führte Cyrus Salimi-Asl.

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