Uribe heute, morgen – immer

Kolumbien In Kolumbien ist kein Politikwechsel in Sicht. Ganz im Gegenteil, Präsident Alvaro Uribe strebt durch eine Verfassungsänderung eine dritte Amtszeit an

„Die sozialen, politischen und wirtschaftlichen Probleme schreibt Alvaro Uribe allein der Guerilla zu. Es wird nicht gefragt, ob etwa Armut, Ungleichheit und Machtgier der Eliten zum bewaffneten Widerstand geführt haben könnten. Doch die Menschen in Kolumbien glauben ihm und sind überzeugt, dass mit der Niederlage der Guerilla alles gut sein wird.“ So erklärt der kolumbianische Historiker und Soziologe Camilo Useche, weshalb der rechtskonservative Präsident Álvaro Uribe Vélez nach wie vor die Sympathien einer Mehrheit der Kolumbianer auf seiner Seite hat. Der 57-jährige Law-and-Order-Politiker aus Medellín – er ist seit 2002 im Amt – scheint mit seinem Rezept des harten Durchgreifens auf dem besten Weg, in einer dritten Amtszeit sein Programm vom „kommunitären Staat“ durchsetzen zu können. Das Versprechen von der „Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit“ durch eine „Regierung im Dienste der Gemeinschaft“ setzt auf die Hoffnung eines 42-Millionen-Volkes, über 30 Jahre Machtkampf zwischen den linken Guerilla-Armeen (FARC und ELN) auf der einen und dem Establishment, der Armee sowie rechten Paramilitärs auf der anderen Seite könnten eines baldigen Tages zu Ende sein. Viele sehnen sich nach einer Gesellschaft, die nicht länger von Vertreibung, Auftragsmorden, Drogenökonomie und Korruption gezeichnet ist.

Stimmenkauf im Parlament

Obgleich die Kolumbianer ihren Volksvertretern längst nicht mehr über den Weg trauen, gilt der starke Mann in Bogotá als das geringste Übel. Umfragen erklärten den Hacienda-Besitzer unangefochten zum beliebtesten Politiker. Um bei den Wahlen im Mai 2010 noch einmal antreten zu können, steht Uribe allerdings die Verfassung im Weg. Die Magna Charta von 1991 sieht keine zweite Wiederwahl eines Staatschefs vor. Schon 2004 hatte eine konstitutionelle Reform Uribes erste Wiederwahl ermöglicht. In der vergangenen Woche gab nach dem Senat nun auch der Nationalkongress sein Plazet für die Machtambitionen des Mannes, der sich mit seinem autoritären Regierungsstil sowie der penetranten Diffamierung von Linkspolitikern („Komplizen des Terrors“) konstant hoher Beliebtheit erfreut. Es gilt als beschlossen, dass ein landesweites Referendum im März über eine erneute Korrektur der Verfassung entscheiden soll. Dabei verfehlte der Uribe-Block im Kongress beinahe das nötige Quorum. Oppositionsparteien wie Polo Democratico Alternativo waren der Debatte aus Protest gegen die „Vergewaltigung der Verfassung“ ferngeblieben. Mit 85 Ja-Stimmen – 84 waren nötig – fand Uribe mit seinen Plänen Gehör und Zustimmung. Als nächstes obliegt es dem Obersten Verfassungsgericht, das Votum der Legislative zu prüfen. Ob es bei der Abstimmung mit rechten Dingen zuging, ist mehr als fraglich. Schon 2004 waren – um die seinerzeit zweite Kandidatur Uribes für das höchste Staatsamt zu ermöglichen – nachweislich Stimmen von Abgeordneten gekauft worden.

Straffreiheit für Paramilitärs

“Eine neue politische Bürokratie – sie geht aus dem Paramilitarismus hervor und steht unter seinem Einfluss – ist dabei, sich zu konsolidieren”, meint Carlos Medina Gellego von der Nationaluniversität Bogotá und verweist auf die enge Bande zwischen Regierungselite und den Autonomen Selbstverteidigungskräften Kolumbiens (AUC). Diese Urteil wird durch die Tatsache erhärtet, dass ein Drittel der Kongressabgeordnete in den so genannten Parapolitica-Skandal verwickelt sind. Neben der direkten Finanzierung rechter Todesschwadronen durch Regierungskreise kandidierten AUC-Mitglieder bei den Parlamentswahlen 2004 in großer Zahl auf Listen von Uribes Liberaler Partei und anderen Rechtsgruppierungen. Als Gegenleistung für die politische Loyalität des AUC hatte das von Menschenrechtsorganisationen heftig kritisierte Amnestiegesetz (es trägt die Bzeichnung „Für Gerechtigkeit und Frieden“) den für Massaker, Drogenhandel und Folter Verantwortlichen Straffreiheit gewährt. Auf diesen Machtblock der aufeinander Eingeschworenen und voneinander Abhängigen kann das „System Uribe“ auch künftig zählen – alles andere als eine Sympathieerklärung an eine halbwegs demokratische Ordnung.

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