Wenn aus Literaturkritik Gesinnungskritik wird

Meinung Uwe Tellkamp ist nicht der erste Schriftsteller, dessen Romane keiner Literaturkritik unterzogen werden. Stattdessen sieht sich der Autor einer Gesinnungskritik ausgesetzt
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Uwe Tellkamp
Uwe Tellkamp

Foto: Eberhard Thonfeld/Imago

Schriftsteller, ob Mann oder Frau, leben gefährlich. Nicht, weil die Literaturkritik ein Buch von ihnen als missraten abweisen könnte, sondern weil sie ein Fall für die Gesinnungskritik werden könnten. Nicht der Gedanke und seine sprachliche Form werden dann beurteilt, sondern die Grundhaltung zur Welt. Wenn sich etwas finden lässt – am liebsten außerhalb des in Rede stehenden Buches -, woraus sich Erregung saugen lässt, dann geht es der Gesinnung ans Messer. Erregung ist der Nektar unserer Tage. Scham der Honig, der sich daraus machen lässt. Jetzt heißt es: Schäm dich!

Wer musste sich in den letzten zwanzig Jahren nicht alles schämen: Martin Walser für vorgeblichen Antisemitismus in seinem Roman „Tod eines Kritikers