Der Tag nach der Installierung der Regierung von Premier Manuell Valls begann mit einem Paukenschlag. Der neue Ministerpräsident trat beim Arbeitgeberverband Medef auf und bekannte: „Ich liebe die Unternehmen.“ Er bekam dafür Beifall der Unternehmer. Der frivole Auftritt provozierte aber die Linken im Parti Socialiste (PS) und die übrigen linken Parteien.
Nach der kürzlichen Ernennung des sozialliberalen Investmentbankers Emmanuel Macron zum Wirtschaftsminister war das die zweite Provokation. Macron gilt als dogmatischer Anhänger der Angebotsökonomie. „Sozialliberalismus“ ist bei französischen Linken ein Schimpfwort. Parteichef Cambadélis erinnerte den frisch gekürten Minister daran: „Der Sozialliberalismus gehört weder zu unserem Wortschatz noch zu unserer Tradition.“
Schröders "kühne Reformen"
Macron aber will den Streit über die 35-Stunden-Woche wieder eröffnen und erklärte, Deutschland müsse französischer, d.h. keynesianischer, und Frankreich deutscher, d.h. monetaristischer, werden. Valls lobte vor dem Arbeitergeberverband die „kühnen Reformen“ von Gerhard Schröder wie die „Agenda 2010“, und das war nicht satirisch gemeint.
Valls‘ und Macrons Interventionen heizten die Stimmung auf der Sommeruniversität des PS in La Rochelle an. Valls wurde ausgepfiffen. Die Parteilinke trat zwar laut auf, aber sie ist schwach. Sie ist in drei „Familien“ – so nennen sich die Parteiflügel selbst – gespalten: In die Anhänger Arnaud Montebourgs, in jene Benoît Hamons und in jene Martine Aubrys. Wer die Linken anführt, ist ebenso unklar wie die politische Plattform, von der aus sie agieren will. Einig ist man sich nur in der Opposition gegen Valls und Hollande: „Wir werden die Partei von Jean Jaurès und Léon Blum nicht dieser Bande von Liberalen überlassen“, so eine Linker in La Rochelle, zitiert in Le monde vom 1. September. Im Moment schließt fast niemand mehr eine Parteispaltung aus.
Im Parlament steht die Regierung Valls vor harten Wochen. Gegen rund 50 rebellierende Abgeordnete muss sie die Abstimmung über die Vertrauensfrage stellen oder nach Artikel 49-3 der Verfassung in Haushaltsfragen für eine Zeitlang mit Dekreten operieren, um eine Parlamentsauflösung und Neuwahlen abzuwenden. Der Regierung Valls‘ droht ein schnelles Ende.
Was ist Ihre Meinung?
Kommentare einblendenDiskutieren Sie mit.