Verborgene Absichten

Kommentar Einsatz der Bundeswehr bei Terrorgefahr

Anlässlich des Frankfurter Irrfliegers hat Verteidigungsminister Struck eine Debatte angestoßen, der Bundeswehr im Grundgesetz verankerte eigene Kompetenzen im Inneren zu gewähren. Im Rahmen der Amtshilfe ist ihm als erste die Parteivorsitzende von Bündnis90/Die Grünen, Beer, zur Seite gesprungen.

Basis für Strucks Vorstoß ist dabei die Alltagsannahme, dass die Zerstörung von WTC und Pentagon am 11.9. durch den Abschuss der entführten Flugzeuge hätte verhindert werden können. Aber dem Militär seien ja die Hände gebunden gewesen. Also müsse man die Gesetze verschärfen.

Leider kollidiert dieser Ausgangspunkt mit den Fakten: Vier Flugzeuge werden entführt. Die Maschinen weichen von ihrem Kurs massiv ab. Die US-Standardprozeduren sehen vor, dass in solchen Fällen Militärflugzeuge aufsteigen, die Flugzeuge abfangen und zum Landen bewegen. Gelingt das nicht, kann der Abschuss angeordnet werden. Normalerweise funktioniert das bei jedem Sportflugzeug, das vom Kurs abkommt. Am 11.9.2001 war diese Regelung jedoch in den USA die entscheidenden 95 Minuten lang von den beiden Generälen Eberhard und Myers koordiniert außer Kraft gesetzt worden, so dass kein Militärflugzeug aufstieg und manche gar von "Komplizenschaft" sprechen. Der rechtlich mögliche Abschussbefehl erübrigte sich. Eine Aufklärung dieser ungeheuerlichen Vorgänge steht in den USA bis heute aus, man konzentriert sich stattdessen auf den "Krieg gegen den Terrorismus".

Schily und der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft, Freiberg, haben darauf hingewiesen, dass auch in Deutschland heute schon der Abschuss eines entführten Zivilflugzeugs durch die Bundeswehr im Rahmen der Amtshilfe möglich ist. Sie sehen keinen Handlungsbedarf. Da Struck, so belehrt, seinen Vorschlag nicht zurückgezogen hat, scheint er hier noch andere Absichten zu hegen. Es ist ja auch der gleiche Struck, der den grundgesetzlichen Verteidigungsauftrag der Bundeswehr in einen Angriffsauftrag uminterpretiert, also an der Stelle eine Grundgesetzänderung vermeiden möchte.

Die notwendige Zweidrittelmehrheit für eine Grundgesetzänderung soll an der CDU nicht scheitern. Die verlangt schon seit langem mehr Macht für die Bundeswehr. CDU-Schäuble hat Strucks "Überlegungen" bereits präzisiert. Er vermisst im Art. 35 GG (Amtshilfe), dass die Bundeswehr bisher nicht "zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung" herangezogen werden kann, sondern nur bei "Katastrophen" und "Notfällen". Das wäre ein klassischer Türöffner. Dann könnte sich in Zukunft die Bundeswehr an einem Angriffskrieg beteiligen und sich zu Hause selbst gegen die Demonstranten verteidigen, die Kasernen blockieren. Die Kompetenzen zwischen Polizei und Bundeswehr wären verwischt. Der Rechtsstaat und die Bürgerrechte hätten das Nachsehen.

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