Verdrängte Versäumnisse

Einheit 1989 ging mehr zu Ende als die ­deutsche Zweistaatlichkeit. Ein Bewusstsein dafür könnte den Blick dafür öffnen, wie sich in Zukunft in Würde leben lässt
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Mauerfall und deutsche Einheit werden als Glücksfall der Geschichte gefeiert. Alt-Bundeskanzler Kohl gesteht sogar, dass dieses Ereignis das einzige sei, auf das er wirklich stolz sein könne. Abgesehen davon, dass dies eine traurige Bilanz eines langen Lebens ist, erschreckt besonders die narzisstische Anmaßung einer solchen Aussage. Ich will nicht unbedingt die Sowjetmacht unter Gorbatschow, den Kampf der polnischen Solidarnosc, das Überdruck-Ventil der ungarischen Grenzöffnung und den Mut der ostdeutschen Demonstranten als gewichtigere Voraussetzungen deutscher und europäischer Vereinigung geltend machen. Statt dessen gehe ich von einer Entwicklungsrealität aus, die „revolutionär“ begleitet wurde und politisch und bürokratisch gest