Es war wieder das gleiche Spiel: Der Cheflenker der regierenden Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) hatte sich rar gemacht, als es ans Eingemachte ging. Der 71-jährige Jarosław Kaczyński wusste, dass ein Wahlkampf mit ihm in vorderster Front Andrzej Duda keine Chance auf Sieg lassen würde. Warum? Weil die Wähler, auf die es ankam, entweder wissen oder zumindest spüren, wofür der Machtzyniker Kaczyński steht. Es verheißt für das Gros der Polen im Kern nichts Gutes: eine stets wachsende Macht in seinen Händen bzw. in denen seiner Lakaien in Regierung, Parlament, Verfassungsgericht, Staatsmedien, Staatskonzernen – und nun auch weiterhin im Präsidentenpalast.
Die PiS hat seit ihrer Machtübernahme 2015 die ohnehin lückenhaften Standards für die Transparenz und Unabhängigkeit von Institutionen, den Grad an politischer Korruption und staatlicher Willkür auf ein Niveau gebracht, das sich umgekehrt proportional zu einem mit breiter Brust verkündeten nationalen Pathos verhält. Schwarz ist weiß – weiß ist schwarz. Wer dies noch nicht wusste, der möge die Hauptnachrichten im Staatssender TVP schauen. Immer mehr Menschen lassen sich dort auf ein skandalöses Verhalten ein, als sei es das Normalste auf der Welt. Einst renommierte Journalisten lesen von Politikern erstellte Fragenkataloge ab. Gezeigt werden Männer und Frauen, die LGBT-Aktivisten wütend als „rote Horde“ beschimpfen, „auf die man mit der Sichel draufschlagen“ müsse, wenn die schweigend für ihre Rechte demonstrieren.
Kann das in einem Land verwundern, in dem der informelle Staatschef Konkurrenten als „Mörder“, „schlechte Sorte“ und als Personen „ohne polnische Seele“ bezeichnet? Nein, jenseits eines schleichend daherkommenden Autoritarismus, jenseits des Beitrages der PiS-Regierung zur Desintegration der EU stärkt die Wiederwahl Dudas zunächst einmal die Verrohung menschlicher Umgangsformen. Es ist nun an all jenen, die diesen Kandidaten nicht wegen, sondern trotz einer vergifteten politischen Atmosphäre gewählt haben, und an jenen, die gegen ihn gestimmt haben, jene Mauer abzutragen, deren Bau von oben verordnet wurde. Historische Notwendigkeiten gibt es nicht – auch der Verlust an politischer Kultur, wie sie auf Kaczyński zurückgeht, ist keine solche.
Kommentare 4
Im Dezember 1981 trampelte ich "FREIHEIT FÜR POLEN" in den Schnee eines Feldes am Bahndamm. Immerhin kam 8 Jahre später tatsächlich die Freiheit für weite Teile Osteuropas.
Nun werde ich wohl beim nächsten Winterschnee die Aktion von damals wiederholen müssen.
Angela Merkel mit Duda zu vergleichen ist ungefähr so angemessen wie einen Schoppen Apfelwein mit Katzenurin.
Zitat: "Angela Merkel mit Duda zu vergleichen ist ungefähr so angemessen wie einen Schoppen Apfelwein mit Katzenurin."
Es gibt Leute, die mögen weder Apfelwein noch Katzenurin und auch keine Hundepisse. Wenn ein Vergleich "hinkt", muss er nicht vollständig falsch sein.
Der Autor Opielka schreibt: "Einst renommierte Journalisten lesen von Politikern erstellte Fragenkataloge ab."
Das erinnert bei Lichte betrachtet tatsächlich an die Hofberichterstattung selbsternannter deutscher "Qualitätsjournalisten" in den deutschen Mainstream-Medien, wenn es um die "heilige" Angela von Mecklenburg-Vorpommern alias "Mutti" Merkel alias die "schwäbische Hausfrau" geht. Kritische Fragen zur Wirtschafts-, Innen-, Außen-, Steuer-, Umwelt-, Verbraucher-, Sozialpolitik usw. gibt es da nicht. Das ist mehr oder weniger eine oberflächliche und opportunistische Arschkriecherei und Lobhudelei.
Wer kritische inhaltliche Fragen zu Angela Merkel und ihrer Politik als Kanzlerin will, der muss sich schon Kabarettisten wie Urban Priol anschauen und zuhören.
Ich bin auch kein voller Fan von "Mutti Merkel" - bewundere dann schon eher Jacinda Ardern :-). Aber für mich ist "die Einäugige" Königin unter den Blinden und Anti-Demokraten. Trump, Duda, Orban haben für mich schon sehr die Position der Demokratie verlassen. Und unter den verbleibenden Demokraten vertritt Merkel als eine der wenigen in Europa Regierenden einige Positionen der Nachhaltigkeit und Zukunftsorientierung - und kämpft auch bisher einigermaßen erfolgreich gegen Corona.
Das heißt nicht, dass ich alles gut finde.