Vertragsfrieden statt Energiekrieg

Gasstreit Russland-Ukraine Russland, die Ukraine und die EU müssen die Frage des Energie-Transports auf dem Verhandlungsweg lösen. Nur ein Vertrag kann die Transitfrage dauerhaft entschärfen.

Die deutschen Gas-Versorger beruhigen ihre Abnehmer: Man sei auf den Gas-Streit zwischen Russland und der Ukraine vorbereitet. Zwölf riesige Gas-Speicher stünden bereit, um im Falle des Falles für Entlastung zu sorgen und Engpässe zu vermeiden. Doch wenn der Streit zwischen Moskau und Kiew weiter eskaliert, können auch die deutschen Erdgas-Lieferanten keine hundertprozentige Sicherheit mehr garantieren.

Die Ukraine steht kurz vor dem Staatsbankrott...

Die Härte, mit der Russlands Gazprom- und der ukrainische Naftogas-Konzern den Kampf um den Gas-Preis für 2009 führen, lässt nur einen Schluss zu: Wir erleben keinen normalen Konflikt zwischen zwei konkurrierenden Unternehmen, sondern eine Konfrontation zwischen zwei Staaten, die beide von der Finanzkrise betroffen und um Feindseligkeiten nicht verlegen sind. Besonders der Ukraine steht das Wasser bis zum Hals, sie hat nichts mehr zu verlieren. Um einen Staatsbankrott abzuwenden, musste Kiew im Dezember einen 16-Milliarden-Dollar Kredit beim Internationalen Währungsfonds (IWF) aufnehmen. Doch auf allzu viel Sympathie braucht die Ukraine beim Gas-Streit nicht zu hoffen, nach der Lieferblockade für Süd- und Mitteleuropa gilt das allemal. Schließlich hat Gazprom keinen überdurchschnittlichen, sondern eher einen konzilianten Preis verlangt. Die verhandelten 250 Dollar pro Kubikmeter liegen weit unter dem Gaspreis in Europa, wo Gazprom im Schnitt 500 Dollar für die gleiche Menge verlangt. Trotzdem hoffte man in Kiew offenbar bis zu diesem Zeitpunkt, dass die EU der Ukraine in der Konfrontation mit Russland zur Seite steht. Und das auch um den Preis eines Lieferstopps, von dem feststeht, dass ihn Naftogas zu verantworten hat.

...und hofft auf Rückendeckung durch die EU

Und Russland? Auch Gazprom ist von der Finanzkrise betroffen und hat den Staat bereits um eine finanzielle Bürgschaft angebettelt. Nicht unbedingt ein Umstand, der es nahelegen würde, der Ukraine Sonderkonditionen einzuräumen und ausgerechnet dem Präsidenten in Kiew einen Gefallen zu tun, der im Verhältnis zu Moskau den Affront liebt und zudem Georgiens Staatschef Michail Saakaschwili gern hofiert.

Und der von Kanzler Schröder und Präsident Putin vor Jahren ausgehandelte Plan einer Gas-Pipeline durch die Ostsee? Gas-Transit ohne Transit-Länder, wäre das nicht die Lösung? Soviel steht fest: Je mehr Pipelines es zwischen Russland, dem kaspischen Raum sowie Mittel- und Westeuropa gibt, desto weniger können einzelne Länder ihre Machtpositionen ausnutzen. Die deutsche Volkswirtschaft verträgt nun einmal keine Störungen bei der Energie-Lieferung, das hat mit der Sympathie für Russland, Polen, die baltischen Staaten oder die Ukraine nichts zu tun. Doch auch die Ostsee-Pipeline wird nicht alle Probleme lösen. Letztlich kann nur Frieden in Europa einkehren, wenn sich Russland, die Ukraine und die EU an einen Tisch setzen und einen Vertrag über den Energie-Transport aushandeln. Das wäre ein großer Schritt für die Entspannung auf unserem Kontinent. Derartige Verhandlungen wird es freilich erst geben, wenn die Regierungen durch eine alarmierte Öffentlichkeit dazu animiert werden. Ob das bald geschieht, erscheint fraglich, denn leider gibt es Politiker, die sich an diesem Gas-Streit die Hände wärmen.

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