Für helvetische Ohren klingt der Name nach viel Fränkli und wenig Freigeist. Der Tessiner Financier Tito Tettamanti, seit Ende März offiziell neuer Hauptaktionär des Zürcher Verlagshauses Jean Frey, zu deren Produkten unter anderem Die Weltwoche, Der Beobachter und die Fernsehzeitschrift TR7 zählt, gilt als im Umgang hoch kultivierter, in der Sache jedoch knallharter Konservativer. Eine Kostprobe seiner Reizbarkeit und Selbstherrlichkeit bekam das Wirtschaftsmagazin Bilanz Anfang der neunziger Jahre zu spüren, als der Meisterspekulant aus der Schweizer Sonnenstube das Blatt wegen ehrrühriger Berichterstattung vor den Kadi zog. Ins Fadenkreuz medialer Kritik war Tettamanti damals aufgrund seiner so undurchsichtigen wie substantiellen Beteiligungen an
iellen Beteiligungen an Schweizer Traditionsunternehmen wie Sulzer und Saurer geraten. Dieser Übergriff des cisalpinen Parvenü war dem hiesigen Wirtschaftsestablishment und seinen Organen (inklusive der zwar seriösen, leider aber auch servilen Bilanz) ein solcher Dorn im Auge, dass sie ihn in konzertierten Boykottaktionen wieder aus der Deutschschweiz vertrieben. Nun hat der Immobilienhai aus Lugano abermals über das Gotthardmassiv gegriffen - und sich dabei gleich einige Marksteine der Schweizer Zeitungslandschaft gekrallt. Wie am Gründonnerstag bekannt wurde, nutzte Tettamanti die Gunst der Stunde und verleibte sich 25 Prozent der kriselnden Zürcher Verlagsgruppe Jean Frey ein (siehe Freitag 10/2002), zu der neben der meinungsbildenden Weltwoche pikanterweise auch jene Bilanz gehört, mit der er zwei Jahre prozessierte, bevor er sich auf einen viel zu großzügigen Vergleich einließ. Doch damit nicht genug der irritierenden Ironie: Zu seinem jüngsten Coup applaudiert ihm nun die versammelte Finanz- und Medienelite. Und dies obschon der Großteil davon nicht einmal annähernd so nationalkonservative Ansichten vertritt wie der schwerreiche Tessiner. Bleibt als Erklärung für dessen überraschende Bewillkommnung nur noch der Umstand, dass ohne Tettamantis Engagement wohl der meistbietende Boulevardkönig Michael Ringier (Herausgeber unter anderem des Bild-Äquivalents Blick) den Zuschlag und damit die Kontrolle über die bis Ende Februar zur Basler Mediengruppe gehörenden Jean Frey-Titel bekommen hätte. An einer solchen Reduzierung der traditionell vier - neben Jean Frey die NZZ-Gruppe, die Tages-Anzeiger-Herausgeberin Tamedia und eben Ringier - auf nur mehr drei Deutschschweizer Großverlage scheinen also weder die helvetische Hochfinanz noch deren politische Wasserträger interessiert zu sein. Diese unvermutete mediendemokratische Sensibilität vermag die Befürchtungen eines publizistischen Rechtsrutsches von Weltwoche Co indes nicht zu zerstreuen. Ein Grund dafür ist Tettamantis unangenehme Gewohnheit, via Aufsichtsratsmandat einen mehr oder minder subtilen strategischen Einfluss auf seine Investitionsobjekte zu nehmen. Gegenüber dem Tages-Anzeiger beteuerte er zwar, "ich bin kein Verleger und will auch keiner werden". Vielmehr garantiere er durch eine Aufstockung des Aktienkapitals um 25 Millionen Franken die Selbständigkeit und damit die Unabhängigkeit eines Verlags, "der die Werte, welche es zu verteidigen gilt, immer schon kannte und beim Namen nannte". Um welche es sich dabei genau handelt, wollte der ehrenwerte Tito bezeichnenderweise jedoch nicht preisgeben. Weiteren Anlass zur Skepsis geben die übrigen Aktionäre des seit Jahren hoch defizitären Weltwoche-Verlags. Darunter befinden sich neben einer Reihe von Anwälten und Treuhändern auch zwei rechtsgerichtete Parlamentarier, hinter deren jeweils fünfprozentiger Beteiligung wohl ebenfalls mehr ideelles als geschäftliches Kalkül steckt. Denn bis die tiefroten Zahlen wieder etwas Druckerschwärze ansetzen, dürften auch im besten aller branchenspezifischen Wechselfälle mindestens vier Jahre ins schöne Schweizerland gehen. Dass es dazu keiner Gesinnungstäter sondern ausgebuffter Verlagsprofis bedarf, wusste auch die bei der Aktienzeichnung federführende Privatbank Swissfirst - und zog den Big Boss der Berner Zeitung, Charles von Graffenried, sowie dem Tagesspiegel-Mitherausgeber Heik Ahfeldt mit ins schwankende Verlagsboot. Um das Flagschiff Weltwoche und die Beiboote Bilanz und Beobachter wieder auf Gewinnkurs bringen, bedarf es neben der Expertise potentieller Kapitäne allerdings auch des Enthusiasmus der verschiedenen Mannschaften. Davon kann derzeit aber keine Rede sein. Im Gegenteil: Kurz vor Bekanntgabe der neuen Besitzverhältnisse meuterte die Redaktion des renommierten Konsumentenschutzmagazins Beobachter und drohte kurzfristig gar mit einem kollektiven Überlaufen zu Ringier. Zur Beruhigung der Lage wurde zunächst der Chefredakteur geschasst und dann versucht, die renitente Crew mit Lohnerhöhungen zu ködern. Noch ist unklar, ob sich die Vorbehalte der Redakteure gegen ihre finanziell zwar breit gestreuten, ideell jedoch ziemlich einigen Arbeitgeber damit zerstreuen lassen. Unsicher ist auch, ob sich dieser gänzlich unschweizerische Funkenflug nicht zu einem verlagsinternen Flächenbrand ausweitet. Gewissheit herrscht momentan einzig darüber, dass die monetäre Beschwichtigungsstrategie den Verlag und seine Produkte weiter in Verruf zu bringen droht und überdies genau jenes Geld kosten könnte, dass dringend für den anstehenden Relaunch der Weltwoche gebraucht wird.