Es gibt nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu Fahrverboten für ältere Diesel viele Verlierer und Millionen Gewinner. Auf Seiten der Sieger stehen, zumindest langfristig, die Anwohner stark befahrener Straßen in den Städten. Die Richter erlauben mit den Fahrverboten den Einsatz eines rigiden Instruments für den Gesundheitsschutz. Das ist noch keine Verkehrswende, aber eine Stärkung der Bügerinteressen.
Größter Verlierer ist die Bundesregierung. Die Koalition kommt mit ihrer Verzögerungstaktik nicht mehr durch. Denn es wird zumindest in einigen Kommunen fraglos zu Sperrungen für einzelne Auto-Modelle kommen. Mit der Ignoranz gegenüber den Gesundheitsbedürfnissen der Bürger und dem fast uneingeschränkten Rückhalt für die Automobilindustrie hat sich die Koalition in eine Sackgasse manövriert. Im schlimmsten Fall ist sie mit dieser Taktik zum Totengräber der Dieseltechnologie geworden. Wer kauft schon ein Auto, wenn dessen Sauber-Image dahin und dessen Zukunft im Verkehr und dessen Wert beim Weiterverkauf ungewiss ist.
Die Kommunen sind Verlierer, weil sie die Tatenlosigkeit in der Hauptstadt ausbaden müssen. Sie haben kein praktikables Instrumentarium an der Hand, um die in einigen Monaten in Luftreinhalteplänen vorgeschriebenen Fahrverbote auch durchzusetzen, weil es an Kontrollmöglichkeiten fehlt. Die Bürgermeister und Kommunalpolitiker werden die Suppe ausbaden, weil sie am Ende Fahrverbote vollziehen müssen.
Gelackmeiert sind die Millionen Besitzer von Diesel-Autos. Die Eigentümer älterer Modelle sind nicht nur von Fahrverboten, sondern auch von einem massiven Wertverlust der Fahrzeuge betroffen. Dazu kommt noch der gewaltige Vertrauensverlust gegenüber den Herstellern, die ihnen die Diesle-Technologie als verträgliches Mittel gegen zu hohe CO2-Emissionen im Verkehr anpriesen, hintenrum aber bei der Abgasreinigung legal tricksten.
Die Automobilwirtschaft steht auch auf der Verliererseite, obwohl die Konzerne gerade erst goldene Bilanzen vorlegen konnten. Das lukrative Geschäft mit dem Diesel leidet massiv. Die Autofahrer steigen auf Benziner um. Das erhöht den CO2-Ausstoß der Herstellerflotten. Es wird ihnen schwer fallen, die europäische Emissionsvorgaben einzuhalten. An ihrer Arroganz hat sich indessen nichts geändert. Nachrüstung alter Diesel auf Konzernkosten? Fehlanzeige. Der Wirtschaftszweig mit seinen vielen gut bezahlten Arbeitsplätzen ist nach wie vor „too big to fail“. Gewerkschaften und Konzerne stehen hier Seit an Seit. Die Sorge vor dem Verlust der einträglichen Beschäftigungsmöglichkeiten durch einfach Elektroautos vereint Arbeitnehmer und Arbeitgeber.
Aus dieser Misere führt nur eine Rückkehr zum Primat der Politik heraus. Es muss eine Strategie her, die nachhaltige Verkehrswende befördert, den sozialen Aspekt der Mobilität berücksichtigt und zugleich die Wettbewerbsfähigkeit des Automobilstandortes im Blick behält. Es ist nur schwer vorstellbar, dass die anstehende große Koalition die damit verbundene Durchsetzungskraft aufbringt, die aus Verlierern wieder Sieger machen könnte.
Kommentare 4
Der Verlierer ist die Rechtsstaatlichkeit, die offensichtlichen Betrug duldet und die Verantwortlichen nicht zur Rechenschaft ziehen will. Die Automobilindustrie müsste die Diesel auf ihre Kosten nachrüsten und das würde die Aktionäre ihre Dividenden kosten.
Damit wäre die Automobilindustrie wohl nicht gefährdet und laut Prof. Dr. Marcus Robert, der als Rechtsanwalt und Wirtschaftsjurist einige betroffene VW-Käufer vertritt, ist der wahre Grund folgender:
"Volkswagen sagt den europäischen Verbrauchern, dass sie nur deshalb keine freiwillige Kompensation ihres Schadens erhalten, weil ihnen die rechtlichen Werkzeuge fehlen, dem Konzern ernstlich zu schaden."
Dem brauch man eigentlich nichts Weiteres hinzuzufügen. Es ist also so: wird eine kriminelle Handlung begangen, die eine gewisse ökonomische Größenordnung erreicht, dann fällt das Verursacherprinzip unter den Tisch und die Geschädigten dürfen sich überlegen, ob sie bei der nächsten Wahl mal die Konsequenzen ziehen. Da bin ich aber sehr zuversichtlich, dass das nicht der Fall sein wird!
Aber rechtlich ist zumindest etwas in Bewegung geraten, was Sammelklagen in Deutschland betrifft: es soll über "festgelegte qualifizierte Einrichtungen" laufen, also z.B. über Verbraucherschutzverbände, soweit es sich aus den GroKo-Vereinbarungen entnehmen lässt.
"Aus dieser Misere führt nur eine Rückkehr zum Primat der Politik heraus. Es muss eine Strategie her, die nachhaltige Verkehrswende befördert, den sozialen Aspekt der Mobilität berücksichtigt und zugleich die Wettbewerbsfähigkeit des Automobilstandortes im Blick behält."Der Verbrenner, also auch der Otto-Motor, ist schon aus Gründen des Klimaschutzes nicht mehr zukunftssfähig.Man kann nicht mit Braunkohle-Kraftwerken eine nachhaltige Stromversorgung organisieren.Der "soziale Aspekt der Mobilität" umfasst weit mehr als die Arbeitsplätze der Kfz-Industrie.Mobilität ist die materielle Grundlage für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Teilhabe. Die Mobilität sehr vieler Stadtbewohner ist stark eingeschränkt durch den motorisierten Individualverkehr einer Minderheit. Wer sich nicht mit dem Kfz bewegt, wer das nicht will oder sich das nicht leisten kann ("sozialer Aspekt") und das sind die meisten, muss sich mit einem Minimum an Raum begnügen, wird getresst durch Lärm, Abgase und ständig von den Kfz-Besitzern an Leib und Leben bedroht.Große Teile unserer Städte sind zu Halden für die Produkte der Kfz-Industrie geworden.Da der Ausstoß der Fabriken aufgrund der Wachstums'logik' immer weiter erhöht werden muss, müssen diese Produkte vor ihrer Entsorgung auf immer größeren Arealen unserer Städte zwischengelagert werden.Der Raum wird knapp und knapper - Grundstückspreise und Mieten ("sozialer Aspekt") explodieren.
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Es mag wohl vielleicht an der zunehmenden Zerstreutheit des Zeitgeist durch Ablenkung überbordener Informationen liegen, dass wir es nicht leicht haben auch in unserer Umgangssprache die Ursachen und deren Auswirkungen klar zu bennenen und uns auch selber zu verinnerlichen.
In den Nachrichten hören wir von schlimmen Ereignissen als Folge der Klimaerwärmung, oder als Folge der schlechten Luftqualität sozusagen als Ursache, drohen Fahrverbote für Dieselfahrzeuge um nur zwei Beispiele zu nennen.
Dabei liegen die Ursachen einzig und allein im falschem Denken und Handeln, was natürlich auch seine vielfältigen Ursachen hat, zum einen im falschen Denken und Handeln der politisch Verantwortlichen und zum anderen auch in unserem eigenen Verhalten bei der Jagd nach dem goldenen Kalb auf vier Rädern.
Es steht uns doch frei gerade in unserer parlamentarischen Demokratie der freien sozialen Marktwirtschaft, die christlichen und sozialen Volksparteien dazu aufzufordern, endlich ein Bekenntnis zu einem gemeinnützigen auf das Gemeinwohl bezogenen altruistischen Denken und Handeln abzulegen.
Sollte die Bundesregierung nicht willens oder dazu in der Lage sein, haben wir immer noch die Möglichkeit einen Parteien unabhängigen, außerparlamentarischen und gemeinnützigen Bundes Bürger Senat zu gründen in dem ALLE Initiativen der Bürgerinnen und Bürger Sitz, Stimme und Gehör erhalten.