Volltätowiert, aber Angst vor der Impfung?

Corona-Pandemie Eric-Maxim Choupo-Moting zögert, sich impfen zu lassen. Für seine Tattoos hat er sich schneller entschieden. Hat ihn denn niemand über die Risiken aufgeklärt?
Ausgabe 48/2021
Sportprofis sind eine spezielle Klientel, das wird auch in der Diskussion um das Impfen deutlich
Sportprofis sind eine spezielle Klientel, das wird auch in der Diskussion um das Impfen deutlich

Foto: Imago/Action Pictures

Eric-Maxim Choupo-Moting ist einer der Fußballer des FC Bayern München, die sich nicht haben impfen lassen gegen das Coronavirus. Er hat sich bislang öffentlich nicht zu seinen Beweggründen geäußert. Aber man darf wohl annehmen, dass er sich in etwa dem anschließt, was alle Impfskeptiker, -zögerer oder bekennende Impfgegner so sagen: dass sie einen körperlichen Eingriff, den sie für nicht notwendig halten und der ihre Leistungsfähigkeit gefährden könnte, nicht zulassen.

Verstanden, es steht jedem frei, diese Zweifel zu haben. Was dann aber verwundert, ist ein Blick auf den Körper von Eric-Maxim Choupo-Moting, wenn er sich seiner Spielkleidung entledigt hat. Choupo-Moting ist großflächig tätowiert, an den Armen, auf den Schultern, dem ganzen Rücken. Der Vorgang des Tätowierens benötigt nun weit mehr als den einen Stich beim Impfen. Er stellt eine mutwillige Verletzung der Haut dar, in etwa entsprechend einer Verbrennung ersten Grades. Durch diese großflächige Wunde können Viren eindringen, Infektionen sind möglich. Vereinsverantwortliche zucken stets zusammen, wenn Spieler auf Instagram in einer womöglich entscheidenden Saisonphase Fotos vom Besuch beim Tätowierer ihres Vertrauens posten. Und überhaupt: Tinte, die in den Körper einfließt und dort länger bleibt als ein Vakzin, das nach spätestens 50 Stunden wieder verschwunden ist – welches Risiko ist hier wohl das größere?

Sportprofis sind eine spezielle Klientel, das wird auch in der Diskussion um das Impfen deutlich. Für Athletinnen und Athleten ist ihr Körper ihr Kapital, Rendite zahlt es lediglich einige Jahre und auch nur in einigen wenigen Publikumssportarten. Eine Ausfallzeit sollte sich der Körper also nicht leisten, und gerade wenn man den durchterminierten Spitzenfußball hernimmt, fällt es sogar schwer, einen guten Tag für eine Impfung auszuwählen, wenn man einpreisen sollte, wegen einer Impfreaktion vielleicht ein, zwei Tage Pause zu benötigen. Und die wenigen Urlaubstage will ein Star sich nicht damit versauen, dass er unter Umständen flachliegt.

Gewiss gibt es Sporthelden, die beim sie betreuenden Arzt kritisch nachfragen, was er ihnen denn zu verabreichen gedenke. Erinnert sei an den italienischen Fußballweltmeister Luca Toni, der 2007 zu Bayern München kam und sich in seinen Vertrag diverse medizinische Sonderrechte wie das auf homöopathische Behandlung vor schulmedizinischer hatte schreiben lassen. Auf der anderen Seite erfährt man dann von Leuten, die sich für Infusionen auf die Massagebank legen oder zwielichtige Nahrungsergänzungsmittel, oft kontaminiert mit leistungssteigernden Substanzen, vertilgen, als wären sie ein Hauptgericht. Und es gibt die erschreckende Umfrage, die einmal unter olympischen Athleten abgehalten wurde und die ergab, dass eine Mehrheit für einen Olympiasieg zehn Jahre Leben geben würde. Wer Erfolg haben will im Sport, muss im Jetzt leben und Spätfolgen ausblenden – Sportkonsumenten sind bereit, diese Entschlossenheit als ultimative Hingabe zu feiern.

Alles geben, um Erster zu werden – archaische Sportromantik, mit der man Chancen hat, zur Legende zu werden. Im Individualsport kann auch jeder so rücksichtslos gegen sich selbst agieren, wie er es für richtig hält. Im Mannschaftssport sieht das anders aus: Alles geben heißt dort, auch etwas zu tun, was einem selbst nicht behagt, aber dem Team dient. Die gemeinschaftlichen Ziele jedoch gefährden die, die sich vermeidbar infizieren oder, da ungeimpft, eher in Quarantäne müssen und fehlen.

Hier muss der Name Joshua Kimmich fallen. Man darf ihm zugutehalten: Tätowiert ist er nicht.

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